Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Streitwert einer Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung, auf Beitragsfreistellung sowie hilfsweise auf Feststellung des Bestehens des Versicherungsverhältnisses

 

Normenkette

GKG § 45 Abs. 1; ZPO §§ 3, 9

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 24.10.2011; Aktenzeichen 8 O 674/09)

LG Kassel (Beschluss vom 06.09.2011; Aktenzeichen 8 O 674/09)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Streitwertbeschluss der 8. Zivilkammer des LG Kassel vom 6.9.2011 in der Fassung des Beschlusses über die teilweise Nichtabhilfe vom 24.10.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Streitwert für den ersten Rechtszug bis zu 50.000 EUR beträgt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Mit ihrer am 27.3.2008 eingereichten Klage nimmt die Klägerin die Beklagte aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung auf Zahlung einer Rente von monatlich 750 EUR beginnend ab Juni 2008 bis zum 1.3.2023 in Anspruch. Ferner begehrt sie die Freistellung von den Beiträgen zu der Lebens- und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, die monatlich 56,47 EUR betragen. Hilfsweise beantragt sie die Feststellung, dass zwischen ihr und der Beklagten ein wirksamer Vertrag unter Einschluss der Leistung bei Berufsunfähigkeit bis zum 1.3.2023 besteht. Das LG hat mit Urteil vom 15.6.2010 die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, Haupt - und Hilfsantrag seien unbegründet, da die Beklagte die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wirksam gem. § 22 VVG a.F. angefochten habe. Den Streitwert für den ersten Rechtszug hat das LG mit Beschluss vom 6.9.2010 auf 31.500 EUR festgesetzt. Der Rechtsstreit ist nach Berufungseinlegung durch die Klägerin bei dem Senat anhängig. Mit einem am 11.10.2011 eingegangenen Schriftsatz haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Streitwertbeschluss Beschwerde eingelegt. Sie meinen, der Streitwert sei auf bis zu 65.000 EUR festzusetzen. Die Klägerin hält das Rechtsmittel für verfristet. Das LG hat mit Beschluss vom 24.10.2011 unter teilweiser Abhilfe den Streitwert auf 48.995,19 EUR festgesetzt.

2. Bei der Beschwerde handelt es sich um ein Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten der Beklagten und nicht der Beklagten selbst. Zwar ist die Formulierung in der Beschwerdeschrift: "... legen wir gegen den Beschluss des LG Kassel vom 6.9.2010 Beschwerde ein ..." mehrdeutig, weil sie nicht selten auch bei einem Rechtsmittel im Namen der Partei verwendet wird. In einem solchen Fall lässt es der Senat für die Annahme einer Beschwerde der Prozessbevollmächtigten ausreichen, dass eine Erhöhung des Streitwerts angestrebt wird (ständige Rechtsprechung des Senats: vgl. Senat Beschlüsse vom 27.5.2009 - 14 W 58/09, vom 4.8.2010 - 14 W 70/10; v. 20.5.2011 - 14 W 39/11). Denn dieses Rechtschutzziel wird sinnvoll allein durch das Gebühreninteresse der Prozessbevollmächtigten begründet, während demgegenüber eine Beschwerde der Partei unzulässig wäre, weil sie durch eine zu niedrige Streitwertfestsetzung nicht beschwert wird.

3. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist nach §§ 32 Abs. RVG, 68 Abs. 1 GKG statthaft und auch ansonsten zulässig. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestand keine zweiwöchige Frist zur Einlegung der Beschwerde. Eine zeitliche Einschränkung der Beschwerde folgt lediglich aus § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG, wonach die Beschwerde nur zulässig ist, wenn sie innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt wird, also innerhalb von 6 Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil noch ein Berufungsverfahren anhängig ist.

4. Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet, weil der Streitwert für den ersten Rechtszug jedenfalls bis zu 50.000 EUR beträgt, obwohl dem LG in der Begründung und der ausgesprochenen Bezifferung nicht uneingeschränkt gefolgt werden kann.

a) Der Wert der Leistungsklage auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. monatlich 750 EUR beginnend ab Juni 2008 bis 1.3.2023 setzt sich zusammen aus den bis zur Einreichung der Klage fälligen Beträge, die das LG in dem Beschluss vom 24.10.2011 auf der Grundlage von §§ 3, 9 ZPO zutreffend mit 7.500 EUR beziffert hat. Der Wert der zukünftigen Rentenleistung ist mit dem 3,5 fachen Jahreswert der begehrten monatlichen Berufsunfähigkeitsrente gem. § 9 ZPO anzusetzen, also mit 31.500 EUR.

b) Diese Berechnungsweise gilt entgegen der Auffassung des LG auch für die von der Klägerin beantragte Beitragsfreistellung (OLG München Beschl. v. 7.4.2000 - 25 W 912/00 zit. n. iuris; Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 9, Rz. 4). Ausgehend von einem monatlichen Beitrag von 56,47 EUR betrugen die fälligen Beiträge bis zur Klageerhebung 560,47 EUR (10 Monate × 56,47 EUR). Die Freistellung für die zukünftigen Beiträge sind mit 2.371,74 EUR zu bewerten (56,47 EUR × 12 × 3,5).

c) Der Hilfsantrag der K...

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