Leitsatz (amtlich)

Endet die Bestellung einer ehrenamtlichen vorläufigen Betreuerin durch Zeitablauf und wird 7 Wochen und 3 Tage später endgültig eine Berufsbetreuerin bestellt, so kann diese für die Bemessung ihrer Vergütung den erhöhten Stundenansatz der Anfangsbetreuung beanspruchen.

 

Normenkette

FGG §§ 56g, 69a, 69e, 69f; VBVG § 5

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Aktenzeichen 7 T 465/08)

 

Gründe

I. Für die vermögende und in ihrem eigenen Haushalt lebende Betroffene wurde mit Beschluss des AG Friedberg vom 26.6.2007 deren Tochter befristet bis zum 25.12.2007 zur vorläufigen Betreuerin bestellt. Nachdem die Tochter unter dem 28.12.2007 mitgeteilt hatte, dass sie wegen innerfamiliärer Konflikte nicht bereit sei die Betreuung fortzuführen und es in Bezug auf die Erstattung des Gutachtens zu Verzögerungen gekommen war, bestellte das AG mit Beschluss vom 15.2.2008 die eingangs genannte Berufsbetreuerin. Die Betreuung wurde auf Antrag der Betroffenen und nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens mit Beschluss vom 10.6.2008 aufgehoben. Die ehemalige Betreuerin beantragte unter dem 17.8.2008 die Festsetzung ihrer Betreuervergütung für die Zeit vom 20.2.2008 bis 11.6.2008 i.H.v. 1.350,80 EUR, wobei sie den Beginn der Betreuung für die Berechnung nach § 5 VBVG mit dem 20.2.2008 zugrunde legte. Die Rechtspflegerin setzte mit Beschluss vom 23.9.2008 jedoch lediglich eine Vergütung i.H.v. 994,40 EUR fest, da sie von einem Beginn der Betreuung bereits mit Wirksamkeit des Beschlusses über die Bestellung der vorläufigen Betreuerin am 27.6.2007 ausging. Gegen den Vergütungsbeschluss legten sowohl die Betroffene als auch die ehemalige Betreuerin fristgerecht sofortige Beschwerde ein. Das LG wies mit Beschluss vom 19.1.2009 die nicht näher begründete sofortige Beschwerde der Betroffenen zurück und änderte auf die sofortige Beschwerde der Betreuerin den amtsgerichtlichen Beschluss dahingehend ab, dass die Vergütung entsprechend deren Antrag auf 1.350,80 EUR festgesetzt wurde. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit der fristgerecht eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde, mit welcher sie geltend macht, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen sowie ihr Lebensmittelpunkt in der Interimszeit von nur etwa sieben Wochen zwischen dem Ablauf der vorläufigen Betreuung und der Bestellung der Betreuerin nicht geändert hätten und Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit eines erneuten Einarbeitens, das einer Erstbetreuung gleichzusetzen wäre, nicht ersichtlich seien. Deshalb müsse für die Vergütungsberechnung auf den Zeitpunkt des Beginns der vorläufigen Betreuung abgestellt werden. Die ehemalige Betreuerin verteidigt die angefochtene landgerichtliche Entscheidung und macht geltend, eine ordnungsgemäße Übergabe von Unterlagen durch die ehrenamtlich bestellte ehemalige vorläufige Betreuerin habe nicht stattgefunden, so dass sie bei Beginn ihrer Tätigkeit alle bei einer neuen Betreuung zu verrichtenden Arbeiten habe ausführen und sich komplett neu einarbeiten müssen.

II. Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss gem. §§ 69e Abs. 1 Satz 1, 56g Abs. 5 Satz 2 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Rechtsfehlerfrei hat das LG für die Berechnung der Vergütung der Berufsbetreuerin den Beginn der Betreuung nicht mit dem Wirksamwerden der vorläufigen Betreuung, sondern mit dem Wirksamwerden des Beschlusses über die Bestellung der Betreuerin gem. § 69a Abs. 3 Satz 1 FGG am 20.2.2008 zugrunde gelegt. Nach § 5 VBVG ist der dem Berufsbetreuer zu vergütende Zeitaufwand nach pauschalierten Stundenansätzen zu bemessen, die in zeitlicher Hinsichtlich in vier Stufen einen kontinuierlich abnehmenden Zeitaufwand für die ersten drei Monate der Betreuung, den Zeitraum vom 1. bis 6. Monat, vom 7. bis 12. Monat und die danach folgende Zeit differenzieren. In sachlicher Hinsicht werden innerhalb dieser Zeitraster unterschiedliche Stundenansätze danach vorgegeben, ob der Betreute vermögend oder mittellos ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in oder außerhalb eines Heimes hat. Ausweislich der Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber mit der Neuregelung der Vergütung durch das VBVG eine konsequente Pauschalierung des Zeitaufwandes für die Betreuung schaffen und ein "einfaches, Streit vermeidendes und an der Realität orientiertes, für die Betreuer auskömmliches Abrechnungssystem" einführen, welches gerade keine Ausnahmen durch eine Einzelfallbetrachtung mehr zulassen und auf der durch eine empirische Untersuchung bestätigten Erkenntnis beruhen soll, dass im Regelfall der Betreuungsaufwand nach Spitzenwerten während der ersten drei Monate kontinuierlich bis zum Ablauf des ersten Jahres der Betreuung abnimmt (vgl. BT-Drucks. 15/4874, 73 und 15/2494 S. 31 ff.). Für die Ermittlung der Stundenansätze ...

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