Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsmittelverfahren: Keine Zurechnung der Kenntnis der Prozessbevollmächtigten von einer Unterlassungsverfügung

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Schuldner wird im Bestrafungsverfahren die etwaige Kenntnis seines Prozessbevollmächtigten von einem gerichtlichen Verbot nicht zugerechnet.

 

Normenkette

ZPO §§ 189, 890

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 07.10.2021; Aktenzeichen 2-23 O 243/21)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Der Beschluss der 30. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 7. Oktober 2021 in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 25. November 2021 wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Gegen den Schuldner zu 2 wird wegen schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung aus der einstweiligen Verfügung der 23. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14. September 2021 ein Ordnungsgeld in Höhe von EUR 500,00 festgesetzt, sowie ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je EUR 100,00 ein Tag Ordnungshaft.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Gläubigers haben der Schuldner zu 2 und der Gläubiger zu je 1/2 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Schuldners zu 1 hat der Gläubiger zu tragen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts Stadt1 unter der Registernummer VR ... eingetragener, gemeinnütziger Verein mit Sitz in Stadt1. Sein Zweck ist die Förderung der islamischen Religion.

Nach § 4 Nr. 1 der Satzung besteht der Vorstand aus sieben Mitgliedern, der einmal in fünf Jahren in einer allgemeinen Mitgliederversammlung gewählt wird. Die Aufgabenbereiche sind auf die sieben Vorstandsmitglieder aufgeteilt, wobei nach § 4 Nr. 2 der Satzung der Verein gerichtlich und außergerichtlich gemeinsam von zwei Mitgliedern der mit "Präsident", "Vizepräsident" und "Generalsekretär" bezeichneten Vorstandsmitglieder vertreten wird.

Am 10. Mai 2018 wurden A sowie B in der Mitgliederversammlung zu Vorstandsmitgliedern gewählt und nahmen die Funktionen des ersten und zweiten Vorsitzenden des Vereins ein.

Im Januar 2019 erfolgte ohne die Mitwirkung der Herren A und B eine Einladung zu einer Mitgliederversammlung am 10. Februar 2019. Auf dieser Mitgliederversammlung wurde C zum ersten Vorsitzenden, D zum zweiten Vorsitzenden und der Schuldner zu 2 zum Generalsekretär gewählt. Am 14. Februar 2019 erfolgte eine entsprechende Eintragung im Vereinsregister.

B erhob unter dem Az.: ... gegen den Verein Klage vor dem Landgericht Stadt1, das mit Urteil vom 26. Oktober 2020 feststellte, dass der auf der Mitgliederversammlung am 10. Februar 2019 gefasste Beschluss zur Vorstandswahl nichtig sei.

Der Verein, vertreten durch die Antragsgegner, berief für den 14. März 2021 eine außerordentliche Mitgliederversammlung ein, bei der als Tagesordnungspunkt 5 die Wahl eines Präsidenten, Vizepräsidenten, Generalsekretärs, zweiten Sekretärs, Schatz- und Vizeschatzmeister vorgesehen war. B erwirkte sodann eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Stadt1 vom 11. März 2021, mit der dem Verein die Durchführung dieses Tagesordnungspunktes untersagt wurde (Az.: ...).

Die gegen das Urteil des Landgerichts Stadt1 vom 26. Oktober 2020 seitens des Vereins eingelegte Berufung wies das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 17. August 2021 (Az.: ...) mit der Maßgabe zurück, dass festgestellt wurde, dass die auf der Mitgliederversammlung des Gläubigers am 10. Februar 2019 gefassten Beschlüsse zur Vorstandswahl des Vereins nichtig seien.

Mit Schreiben vom 6. September 2021 haben die Schuldner unter Verwendung eines Briefkopfs des Gläubigers unter eigener Bezeichnung als "Vorstand" zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 26. September 2021 eingeladen, in der unter Tagesordnungspunkt 3 Neuwahlen aller Vorstandsämter vorgesehen war.

Mit Beschluss vom 14. September 2021 hat die 23. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main den Schuldnern es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, am 26. September 2021 eine Mitgliederversammlung durchzuführen, insbesondere den Tagesordnungspunkt 3 "Wahlen" zum Präsidenten, Vize-Präsidenten, Generalsekretär, zweiten Sekretär, Schatzmeister, Vize-Schatzmeister und Pressesprecher durchzuführen.

Am 23. September 2021 unterzeichnete der jetzige Prozessbevollmächtigte der Schuldner ein vom Prozessbevollmächtigten des Gläubigers vorbereitetes Empfangsbekenntnis, ausweislich dessen er "eine beglaubigte Abschrift der Ausfertigung des Beschlusses des Landgericht Frankfurt am Main vom 14.09.2021, Az.: 2-23 O 243/21, mittels Zustellung von Anwalt zu Anwalt gemäß § 195 ZPO durch [den Prozessbevollmächtigten des Gläubigers] erhalten" habe (Bl. 34 d. A.). Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Schuldner vertrat die Schuldner damals auch in einem paral...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge