Leitsatz (amtlich)

Sicherungsbedürfnis als Voraussetzung für Nachlasspflegschaft

 

Normenkette

BGB § 1960

 

Tenor

Zur Bedeutung der Höhe und der Zusammensetzung des Nachlasses für das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses als Voraussetzung für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 11. März 2019 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Antrag der Beteiligten zu 1) auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens vom 8. Mai 2019 wird abgewiesen.

Der Geschäftswert des Verfahrens wird auf 1.100.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der in Stadt1 verstorbene Erblasser war nicht verheiratet und hatte keine Kinder, verfügte allerdings über ein beträchtliches Barvermögen in Höhe von ca. 1,1 Mio. EUR.

Zur Akte ist ein handschriftliches, scheinbar unvollständiges Testament vom 6. Mai 1993 gelangt, das am 15. September 2014 geändert wurde. Darin setzte aufgrund der vorgenommenen Änderung der Erblasser vermutlich die Beteiligte zu 3) als seine Erbin ein (Bl. 35 d. A.). Ferner existiert ein weiteres privatschriftliches Testament des Erblassers vom 3. Januar 2019. Hierin setzte er die Beteiligte zu 3) sowie eine Frau X, Straße1, Stadt1 als Erben zu gleichen Teilen ein (Bl. 36 d. A.). Schließlich errichtete der Erblasser am 28. Januar 2019 ein notarielles Testament. Hierin setzte er nunmehr die Beteiligten zu 1) und 3) als Erben zu jeweils 1/2 ein. Bei der Errichtung notierte der Notar, dass er Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers habe (Bl. 6 d. Testamentsakte), schränkte diese Aussage allerdings im Rahmen einer Auskunft gegenüber der Notarkammer wieder ein (Bl. 80 f. d. A.).

Zudem erteilte der Erblasser den Beteiligten zu 1) und 3) am 23. Januar 2019 eine notariell beglaubigte Generalvollmacht (Bl. 11 f. d. A.).

Nach dem Tod des Erblassers hat das Nachlassgericht mit dem angefochtenen Beschluss die Beteiligte zu 2) zur Nachlasspflegerin bestellt. Es bestehe ein Sicherungsbedürfnis und die Erben seien unbekannt (Bl. 1 d. A.).

Gegen den Beschluss vom 11. März 2019 hat die Beteiligte zu 1) mit einem am 29. März 2019 beim Nachlassgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt (Bl. 5 d. A.). Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Nachlasspflegers würden nicht vorliegen. Ein Fürsorgebedürfnis sei nicht erkennbar, da der Erblasser den Beteiligten zu 1) und 3) eine über den Tod hinausgehende Generalvollmacht erteilt habe. Zudem seien die Erben nicht unbekannt. Vielmehr sei sie, die Beschwerdeführerin, neben der Beteiligten zu 3) Erbin des Erblassers. Dies ergebe sich aus dem notariellen Testament. Eine Testierunfähigkeit des Erblassers bei Errichtung der letztwilligen Verfügung habe nicht vorgelegen. Dies ergebe sich aus dem zu den Akten gereichten neurologischen und psychologischen Gutachten der den Erblasser behandelnden Ärzte vom 30. Januar 2019 (Bl. 14 ff. und 19 d. A.).

Das Nachlassgericht hat nach Anhörung des beteiligten Nachlasspflegers der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren ohne nähere Begründung dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 39 d. A.). Daraufhin hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 8. Mai 2019 Verfahrenskostenhilfe beantragt.

Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 11. Juni 2019 dem Beteiligten zu 2) aufgegeben, näher zur Zusammensetzung des Nachlasses sowie zum Fürsorge- und Sicherungsbedürfnis vorzutragen. Hinsichtlich der Ausführungen des Beteiligten zu 2) wird auf Bl. 68 ff. d. A. verwiesen. Zudem sind Ausführungen des beurkundenden Notars zu den Akten gelangt, die den Beteiligten zur Kenntnisnahme übermittelt wurden (Bl. 80 ff. d. A.). Hierzu erhielten die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Ergänzend wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten im Beschwerdeverfahren sowie die ihnen beigefügten Anlagen.

II. Die Beschwerde ist zwar zulässig, aber unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Nachlassgericht eine Nachlasspflegschaft angeordnet. Da die mit der Beschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat, war auch der entsprechende Verfahrenskostenhilfeantrag der Beteiligten zu 2) zurückzuweisen.

1. Die gemäß § 58 FamFG statthafte Beschwerde ist zulässig und insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses beim Nachlassgericht eingegangen, § 63 FamFG. Als Erbprätendentin ist die Beteiligte zu 1) beschwerdebefugt (vgl. OLG Hamm FGPrax 2011, 84; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl., § 59 Rn. 83). Der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert von 600 EUR ist erreicht.

2. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Gemäß § 1960 BGB hat das Nachlassgericht von Amts wegen einen Nachlasspfleger bestellen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Erben unbekannt sind bzw. sie die Erbschaft noch nicht angenommen haben und darüber hinaus ...

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