Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Bindungswirkung der Teilungsordnung des Versorgungsträgers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es stellt nur einen die Wirksamkeit der Verlautbarung nicht in Frage stellenden Verkündungsmangel dar, wenn die eine Ehesache nebst Folgesachen abschließende Verbundentscheidung nicht verkündet, sondern den Beteiligten durch Zustellung an Verkündungs Statt bekanntgegeben wird.

2. Die Beschwerdeeinlegung für eine Personenhandelsgesellschaft ist nur dann zulässig, wenn die für sie handelnde natürliche Person eine auf sie ausgestellte schriftliche Vollmacht vorlegt, es sei denn, ein persönlich haftender Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft (bzw. dessen Organ) handelt selber bzw. die Personenhandelsgesellschaft wird von einem Rechtsanwalt vertreten.

3. In Versorgungsausgleichssachen ist ein Ehegatte beschwerdebefugt, wenn das Familiengericht das ausgeübte Wahlrecht des Versorgungsträgers, welche Form des Ausgleichswertes der internen Teilung zugrunde gelegt werden soll, missachtet.

4. In Versorgungsausgleichssachen gilt zu Gunsten eines beschwerdeführenden Ehegatten das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius). Damit ist es nicht möglich, ohne zulässiges (Anschluss-)Rechtsmittel eines anderen Beteiligten zu Lasten des beschwerdeführenden, ausgleichsberechtigten Ehegatten im Beschwerdeverfahren den Umstand zu berücksichtigen, dass sich durch den laufenden Rentenbezug des ausgleichspflichtigen Ehegatten der Erfüllungsaufwand des Versorgungsträgers laufend reduziert.

5. Enthält die Teilungsordnung des Versorgungsträgers keine eindeutige Regelung dazu, dass und in welcher Weise die Kürzung des Anrechts des ausgleichspflichtigen Ehegatten erfolgt, kann von der Bezugnahme auf diese Teilungsordnung jedenfalls keine Bindungswirkung für die Ausgestaltung einer Kürzung ausgehen (Abgrenzung zu BAG FamRZ 2016, 535).

 

Normenkette

FamFG § 9 Abs. 3, § 38 Abs. 3 S. 3, § 143 Abs. 3; ZPO §§ 310-311, 329; VersAusglG §§ 10-11, 39, 45

 

Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Aktenzeichen 535 F 185/13)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 27.06.2018; Aktenzeichen XII ZB 499/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 30.04.2015 wird der den Beteiligten am 14.04.2015 bzw. 15.05.2015 zugestellte Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden, Az. 535 F 185/13, unter II. des Tenors, dort 2. Absatz, abgeändert und insoweit zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der X GmbH & Co KG (Geschäftszeichen: ...) wird im Wege interner Teilung zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von mtl. EUR 1.448,34, welches bei dreizehn gleichen Zahlungen p.a. einem Wert von EUR 170.257,48, bezogen auf den 31.12.2013, entspricht, entsprechend der Versorgungsordnung 1987 und der Teilungsordnung vom 11.06.2010 übertragen.

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) vom 20.04.2015 gegen den den Beteiligten am 14.04.2015 bzw. 15.05.2015 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden, Az. 535 F 185/13, wird verworfen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Auslagen sind nicht zu erstatten.

Die Rechtsbeschwerde wird in Bezug auf den auf die Beschwerde der Antragsgegnerin ergehenden Entscheidungsteil zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller, deutscher Staatsangehöriger, und die Antragsgegnerin, weißrussische Staatsangehörige, schlossen am ....1999 die Ehe miteinander. Der Scheidungsantrag des Antragstellers wurde der Antragsgegnerin am 16.01.2014 zugestellt.

In der von Amts wegen eingeleiteten Folgesache Versorgungsausgleich ermittelte das Familiengericht, dass die Antragsgegnerin über keine ehezeitlichen (....1999 bis 31.12.2013) Anrechte wegen Alters und/oder Invalidität verfügt, der Antragsteller indes solche bei den weiteren Beteiligten erwarb.

Während die ...versorgung Bundesland1 am 28.02.2014 insoweit mitteilte, dass der Antragsteller bei ihr in der Ehezeit 26,4745 Steigerungszahlen erwarb, was eine Jahresrente von EUR 14.553,30 - mithin eine Monatsrente von EUR 1.212,78 - bedeute, so dass ein Ausgleichswert von mtl. EUR 606,39 vorgeschlagen werde (was einem korrespondierenden Kapitalwert von EUR 98.247,29 entspreche), Bl. 18 f. VA, erteilte die X GmbH & Co KG (im Folgenden: Beschwerdeführerin zu 1)) am 17.03.2014, im Hinblick auf Teilungskosten modifiziert am 11.08.2014, Auskunft dahingehend, dass der Antragsteller bei ihr ein Anrecht mit folgenden Parametern erworben habe:

Der am 01.01.1989 in ihre Dienste eingetretene, ihrer (endgehaltsbezogenen) Versorgungsordnung von 1987 (im Folgenden: VO 87) unterfallende Antragsteller werde infolge der Inanspruchnahme von Altersteilzeit zum 30.04.2014 aus dem aktiven Dienst bei ihr mit einem Jahresrentenanspruch von EUR 41.600,72 ausscheiden und in Altersrente gehen. Die Betriebszugehörigkeit betrage damit 304 Monate, wovon anteilig 173 Monate ehezeitlich seien. Die Ehezeitquote betrage damit 56,91%. Unter Annahme eines Zinssatzes von 4,91% p.a. und einem B...

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