Leitsatz (amtlich)

Entgeltpunkte, die ein Ehegatte in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Renteneintritt gutgeschrieben bekommt und die auf einer besonderen Wartezeit bzw. der Bewertung von beitragsfreien bzw. -geminderten Zeiten beruhen, die ihrerseits in die Ehezeit fallen, sind als rückwirkende Bewertungsänderungen im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen (Anschluss an OLG Nürnberg, Beschluss vom 14.07.2015, Az. 11 UF 88/15).

 

Normenkette

VersAusglG § 5 Abs. 2 S. 2; SGB VI §§ 262, 71-72

 

Verfahrensgang

AG Groß-Gerau (Beschluss vom 20.01.2016; Aktenzeichen 73 F 701/14)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird im Ausspruch zum Wertausgleich des Anrechts der Antragstellerin bei der Beschwerdeführerin (1. Absatz des Beschlusstenors) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer ...) wird im Wege der internen Teilung zu Gunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 2,0378 Entgeltpunkten auf dessen Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer ...), bezogen auf den 31.03.1982, übertragen.

Im Übrigen bleibt es bei der vom AG angeordneten Änderung des Beschlusses des AG Groß-Gerau vom 10.11.1988, Az. 7 F 178/82 VA, mit der Maßgabe, dass die Abänderung ab 01.08.2014 wirkt.

Von der Erhebung von Gerichtskosten für den zweiten Rechtszug wird abgesehen. Sonstige Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die am 11.7.1975 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners wurde vom AG auf den am 30.04.1982 zugestellten Scheidungsantrag hin durch am 30.08.1985 verkündetes Urteil unter Abtrennung und Aussetzung des von Amts wegen eingeleiteten Versorgungsausgleichsverfahrens geschieden. Dieses Urteil ist hinsichtlich des Scheidungsausspruchs seit dem 10.10.1985 rechtskräftig. Mit Beschluss vom 10.11.1988 entschied das Familiengericht über den abgetrennten Versorgungsausgleich; dieser ist seit 12.04.1989 rechtskräftig.

Mit dem angefochtenen Beschluss entschied das AG - auf Antrag der Antragstellerin vom 07.07.2014 - neu im Wege einer Totalrevision über den Wertausgleich bei der Scheidung und ordnete dabei unter anderem die interne Teilung des Anrechts der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe des von der Beschwerdeführerin in ihrer Auskunft vom 30.09.2014 vorgeschlagenen Ausgleichswerts von 1,5447 Entgeltpunkten zu Gunsten eines neu zu schaffenden Kontos des Antragsgegners in der DRV an.

Seit 01.01.2015 bezieht die Antragstellerin - wie sie am 07.07.2015 selbst ankündigte - Altersrente von der Beschwerdeführerin, wobei ihre auf Beitragszeiten erworbenen Entgeltpunkte infolge bezogenen geringen Arbeitsentgeltes auf einen bestimmten Mindestentgeltpunktesatz angehoben wurden.

Mit ihrer am 15.09.2015 beim AG eingegangenen Beschwerde vom 07.09.2015 gegen den ihr am 21.08.2015 zugestellten Beschluss wendet sich die Beschwerdeführerin gegen den Ausspruch zum Ausgleich des bei ihr bestehenden Anrechts der Antragstellerin und begehrt die Berücksichtigung der sich aus der mittlerweile infolge Rentenbezugs der Antragstellerin ergebenden Erhöhung deren (Mindest-)Entgeltpunkte in den Versorgungsausgleich. Die Beschwerdeführerin hat mit ihrer Beschwerde, Bl. 47 ff., eine erneute Auskunft unter Berücksichtigung der geänderten Situation erteilt. Auf die den Beteiligten vorliegende Auskunft wird Bezug genommen. Am 16.12.2015 teilte die Beschwerdeführerin ergänzend mit, dass bei ihr für den Antragsgegner bereits ein Versicherungskonto besteht.

Den Beteiligten ist rechtliches Gehör gewährt worden. Gegen die Neuberechnung des Ausgleichswerts durch die Beschwerdeführerin sind keine Einwände erhoben worden.

Der Senat hat die Akte des Scheidungs- und Versorgungsausgleichsverfahrens der Beteiligten beim AG Groß-Gerau, Az. 7 F 178/82, zu Informationszwecken beigezogen.

II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

Wegen der Voraussetzungen, den am 10.11.1988 vom Familiengericht vorgenommenen Versorgungsausgleich gemäß § 51 VersAusglG abändern zu können, nimmt der Senat Bezug auf die insoweit nicht zu beanstandenden Ausführungen des Familiengerichts. Der Versorgungsausgleich ist daher infolge des am 10.07.2014 beim Familiengericht eingegangenen Antrages der Antragstellerin vom 07.07.2014 ab 01.08.2014, vergl. §§ 52 I VersAusglG, 226 IV FamFG, nach Maßgabe der §§ 9 ff. VersAusglG durchzuführen, § 51 I VersAusglG.

Dabei wirkt sich der zum 01.01.2015 erfolgte Renteneintritt der Antragstellerin rückwirkend auf die Höhe des Ehezeitanteils des Anrechts der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung aus und ist daher gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG bei der Entscheidung über den Wertausgleich zu berücksichtigen.

Insofern schließt sich der Senat der Entscheidung des OLG Nürnberg, Beschluss vom 14.07.2015, Az. 11 UF 88/15, zitiert nach juris. de, an; hie...

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