Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahren betreffend die Regelung des Umgangs oder die Überprüfung einer gerichtlichen Umgangsregelung sind Amtsverfahren, für deren Einleitung es keines verfahrenseinleitenden Antrags eines Beteiligten bedarf.

 

Leitsatz (amtlich)

Leitet das Familiengericht auf den als Anregung auszulegenden Antrag eines Beteiligten eine Umgangssache ein, ist es bei seiner Entscheidung nicht an etwaige Sachanträge der Beteiligten gebunden.

Für die vom Familiengericht zu treffende Kostenentscheidung kommt es daher nicht auf die Erfolgsaussicht etwaiger Sachanträge der Beteiligten an. Vielmehr ist bei der Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten untereinander Zurückhaltung geboten. Sie kommt im ersten Rechtszug regelmäßig nur dann in Betracht, wenn das Familiengericht auf Grund falscher Angaben eines Beteiligten ein tatsächlich nicht gegebenes Regelungsbedürfnis angenommen und deshalb ein tatsächlich nicht erforderliches Verfahren eingeleitet hat.

 

Normenkette

FamFG §§ 24, 81

 

Verfahrensgang

AG Alsfeld (Aktenzeichen 24 F 198/19 UG)

 

Tenor

Die Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Gerichtskosten des ersten Rechtszugs tragen beide Eltern je hälftig. Von der Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten untereinander wird abgesehen.

Von der Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten untereinander wird für den zweiten Rechtszug abgesehen.

 

Gründe

I. Mit ihrer am Montag, den 29.7.2019, beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den ihr am 28.6.2019 zugestellten Beschluss wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die vollständige Auferlegung der Kosten des ersten Rechtszugs.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25.4.2019 stellte die Mutter beim Amtsgericht einen "Antrag auf Regelung des Umgangsrechts" mit ihrer seit dem 28.2.2019 beim Vater lebenden Tochter L. L hatte nach der Trennung der Eltern im Jahr 2015 zunächst bei ihr gelebt. Nach dem Umzug zum Vater lehnte sie jeglichen Kontakt zur Mutter ab. Die Einschaltung des Jugendamts führte nicht zu einer Wiederaufnahme von Kontakten zwischen Mutter und Kind.

Das Amtsgericht leitete ein Verfahren ein, bestellte L eine Verfahrensbeiständin und beraumte für den 14.6.2019 einen Anhörungstermin an. Nach Anhörung der Eltern, des Kindes, der Verfahrensbeiständin und des Jugendamts sowie Vernehmung der Großmutter mütterlicherseits als Zeugin schloss das Amtsgericht den Umgang zwischen Mutter und Tochter mit dem angefochtenen Beschluss bis zum 13.3.2020 aus und erlegte der Mutter die Kosten des Verfahrens auf. Zur Begründung seiner Kostenentscheidung führte es aus, der Antrag habe wegen der ablehnenden Haltung des Kindes von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Die Mutter selbst habe durch ihr Verhalten das Kind verunsichert und verärgert und damit den Umgangsausschluss erst herbeigeführt. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass der Vater durch die Kontaktaufnahme zum Jugendamt alles in seiner Macht stehend Mögliche getan habe, um den Umgang zu ermöglichen, sei es grob unbillig, ihn an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen.

Mit ihrer Beschwerde, auf deren Begründung Bezug genommen wird, begehrt die Mutter sinngemäß eine hälftige Teilung der Gerichtskosten zwischen beiden Eltern sowie ein Absehen der Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten untereinander.

Die übrigen Beteiligten sind der Beschwerde nicht entgegengetreten.

II. Die auf den Kostenausspruch beschränkte Beschwerde ist nach §§ 58 Abs. 1 FamFG statthaft, innerhalb der Frist des § 63 Abs. 1 FamFG in der durch § 64 Abs. 1 und 2 FamFG vorgeschriebenen Form eingelegt und unterliegt - weil Gegenstand der Hauptsache keine vermögensrechtliche Angelegenheit ist - nicht der Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG (vgl. BGH FamRZ 2013, 1876).

Die demnach zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet und führt zu der begehrten Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.

Der Maßstab für die zu treffende Entscheidung über die Kosten des ersten Rechtszugs ergibt sich aus § 81 FamFG. Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht die Kosten eines Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Nach § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG soll das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste.

Die in das Ermessen des Gerichts gestellte Auferlegung von Kosten unterliegt einer vollen Überprüfung durch das Beschwerdegericht, d.h. das Beschwerdegericht ist im Rahmen der von ihm zu treffenden Beschwerdeentscheidung nicht auf die bloße Überprüfung auf etwaige Ermessensfehler beschränkt, sondern zur eigenen Ermessensausübung berechtigt und verpflichtet (vgl. BGH FamRZ 2017, 97).

Im vorliegenden Fall entspricht es billigem Ermessen, die Gerichtskosten der Umgangssache beiden Eltern je hälftig aufzuerlegen und von der Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten u...

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