Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Beschwerdebefugnis des Versorgungsträgers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Versorgungsträger ist durch eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu einem bei ihm bestehenden Anrecht beschwert und damit nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdebefugt, wenn der Versorgungsausgleich in einer mit der Gesetzeslage nicht übereinstimmenden Weise durchgeführt worden ist. unabhängig davon, ob die Entscheidung zu einer finanziellen Mehrbelastung des Versorgungsträgers führt oder nicht (§ 228 FamFG). Die Betroffenheit in eigenen Rechten ist bei Versorgungsträgern stets gegeben, wenn sich die angefochtene Entscheidung auf ihre Rechtsstellung durch die Verrechnung gem. § 10 Abs. 2 VersAusglG auswirken kann.

2. Der Rechtsprechung des BGH, wonach bei gleichartigen Anrechten nach Prüfung des § 18 Abs. 1 VersAusglG die weitere Prüfung eines dieser Anrechte nach § 18 Abs. 2 VersAusglG generell ausscheidet, kann nicht beigepflichtet werden (vgl. Schwamb, FamRB 2012, 89 ff.); jedoch wird auch bei grundsätzlich noch möglicher subsidiärer Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG die Ausübung des Ermessens dazu führen, ein geringfügiges Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung mangels nennenswertem Verwaltungsaufwand intern zu teilen, um dem Halbteilungsgrundsatz besser gerecht zu werden, sofern nicht noch ein geringfügiges etwa gleich hohes Anrecht außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung auf der Gegenseite zu berücksichtigen ist.

 

Normenkette

FamFG § 59 Abs. 1, § 228; VersAusglG § 10 Abs. 2, § 18 Abs. 1-2

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Der Ausspruch zum Versorgungsausgleich gem. Ziff. 2 der Beschlussformel wird wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen, Versicherungsnummer ..., zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 0,3985 Entgeltpunkten, bezogen auf den 30.4.2010, auf das vorhandene Konto, Versicherungsnummer ..., bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz, Versicherungsnummer ..., zugunsten des Antragstellers ein Anrecht i.H.v. 1,8326 Entgeltpunkten, bezogen auf den 30.4.2010, auf das vorhandene Konto, Versicherungsnummer ..., bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen übertragen.

Der Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der A-Versicherung AG i.H.v. 326,31 EUR unterbleibt.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten werden gegeneinander aufgehoben.

Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das AG die am ... 2005 geschlossene Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Der Scheidungsantrag ist am 12.5.2010 zugestellt worden. In der Ehezeit vom ... 2005 bis ... 2010 hat der Antragsteller ein Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen i.H.v. 0,7969 Entgeltpunkten erworben. Der Ausgleichswert beläuft sich auf 0,3985 Entgeltpunkte und der korrespondierende Kapitalwert auf 2.537,89 EUR. Die Antragsgegnerin hat in der Ehezeit bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz ein Anrecht i.H.v. 3,6651 Entgeltpunkten erworben. Der Ausgleichswert beträgt 1,8326 Entgeltpunkte und der korrespondierende Kapitalwert 11.671,09 EUR. Außerdem hat die Antragsgegnerin aus einem privaten Altersvorsorgevertrag ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 326,31 EUR und einem Ausgleichswert von 163,16 EUR erlangt.

Das AG hat das Anrecht der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung intern geteilt und entschieden, dass der Ausgleich der Anrechte des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen und der Antragsgegnerin aus dem Altersvorsorgevertrag gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG wegen Geringfügigkeit unterbleibt.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde rügt die weitere Beteiligte zu 1. die Anwendung des § 18 VersAusglG. Da die Differenz der beiderseitigen Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht geringfügig und deshalb der vorrangige § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht anzuwenden war, habe nicht eines der Anrechte nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Ausgleich ausgenommen werden dürfen.

Die Beschwerde ist zulässig. Ein Versorgungsträger ist durch eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu einem bei ihm bestehenden Anrecht beschwert und damit nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdebefugt, wenn der Versorgungsausgleich in einer mit der Gesetzeslage nicht übereinstimmenden Weise durchgeführt worden ist, unabhängig davon, ob die Entscheidung zu einer finanziellen Mehrbelastung des Versorgungsträgers führt oder nicht (§ 228 FamFG). Die Versorgungsträger haben nämlich neben eigenen finanziellen Belangen auch die Gesetzmäßigkeit der Festlegung zukünftig von ihnen zu erbringender Versorgungsleistungen zu wahren (OL...

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