Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung der Vergütung des abgelehnten Sachverständigen im Sorgerechtsverfahren

 

Verfahrensgang

AG Biedenkopf (Beschluss vom 28.01.2020; Aktenzeichen 35 F 388/17 SO)

 

Gründe

Auf die Beschwerde des Sachverständigen werden der Beschluss des Amtsgerichts Biedenkopf - Familiengericht - vom 28.1.2020 und der Nichtabhilfebeschluss vom 9.4.2020 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Antrag des Bezirksrevisors, die Sachverständigenvergütung gem. § 4 JVEG festzusetzen, an das Familiengericht zurückverwiesen.

Die Beschwerde ist zulässig, obwohl der Beschwerdeführer ausweislich des Beweis erbringenden Rubrums der angefochtenen Beschlüsse gar nicht als Beteiligter aufgeführt und auch keine Entscheidung in der Sachverständigenentschädigungssache, sondern in der Kindschaftssache (mit entsprechender, für Verfahren nach § 4 JVEG weitgehend verfehlter Rechtsmittelbelehrung) ergangen ist. Durch den Beschluss vom 28.1.2020 und dem identisch fehlerhaften Beschluss vom 9.4.2020 wird jedoch der Anschein erweckt, es solle eine Entscheidung gegenüber dem Sachverständigen im Sinne von § 4 JVEG erfolgen. Gegen diese Beschwer aus einem Beschluss, der ihn dem Tenor nach belastet, obwohl er dem Rubrum nach nicht Beteiligter sein soll, kann sich der Sachverständige mit der Beschwerde wehren.

Entgegen der Rechtsmittelbelehrung im Beschluss vom 28.1.2020 ist die Beschwerde nicht fristgebunden. § 4 JVEG kennt keine Beschwerdefrist.

§ 4 Abs. 6 Satz 3 JVEG, der bestimmt, dass die Beschwerde beim Ausgangsgericht einzulegen ist, ist gewahrt.

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Der angefochtene Beschluss ist schon formal mangelhaft, weil im Rubrum die Verfahrensbeteiligten des Sorgerechtsverfahrens - sogar als Antragsteller und Antragsgegner - aufgeführt sind, obwohl sie gar nicht beteiligt sind, die beiden einzigen Beteiligten des Festsetzungsverfahrens - der Sachverständige und die Staatskasse, repräsentiert durch den antragstellenden Bezirksrevisor, aber nicht. Die Erinnerungen der Kindeseltern gegen den Kostenansatz sind bedeutungslos für das Vergütungsfestsetzungsverfahren wie sich aus § 4 Abs. 9 JVEG ergibt. Die Entscheidung im Festsetzungsverfahren nach § 4 JVEG wirkt sich gerade nicht gegenüber den Kostenschuldnern aus. Die Erwähnung der Erinnerung im Tatbestand des Beschlusses legt den Schluss nahe, dass das Familiengericht den Bescheidungsgegenstand nicht vollständig erfasst hat, wenngleich in der Sache anscheinend nur eine Entscheidung im Sinne von § 4 JVEG getroffen werden sollte.

Auch das Nichtabhilfeverfahren nach § 4 Abs. 4 Satz 1 JVEG ist verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden, weil unter Verletzung des rechtlichen Gehörs des Sachverständigen lediglich formularmäßig angekreuzt wurde, dass das Vorbringen des Sachverständigen eine anderweitige Beurteilung der Sach- und Rechtslage nicht rechtfertige. Eine gedankliche Auseinandersetzung mit den auch zuvor nicht gewürdigten Argumenten des Sachverständigen hat nicht stattgefunden.

Auch in der Sache überzeugt die Entscheidung des Familiengerichts nicht. Das Familiengericht hat zwar erkannt, dass das Befangenheitsgesuch als solches auch dann den Vergütungsanspruch nicht stets gefährdet, wenn es letztlich für begründet erklärt worden ist. Im Obersatz zutreffend wird dann im Einklang mit § 8a Abs. 2 Nr. 3 JVEG darauf abgestellt, ob der Sachverständige die erfolgreiche Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit in grob fahrlässiger Weise herbeigeführt hat.

Unter diese Voraussetzungen wurde indes nur scheinbar subsumiert, denn letztlich wiederholt der Beschluss vom 28.1.2020 lediglich die Argumente, welche den Beschluss vom 16.3.2018 tragen sollen. Eine differenzierende Betrachtung dahin, dass ein Befangenheitsgesuch begründet sein kann, ohne dass zugleich dem Sachverständigen der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, fehlt gänzlich, ebenso jegliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Sachverständigen, weshalb es insoweit nach seiner Auffassung an grober Fahrlässigkeit fehlt.

Grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf die erfolgreiche Ablehnung liegt nur vor, wenn es sich dem Sachverständigen förmlich aufdrängen musste, dass die Ablehnung mit der im Ablehnungsbeschluss gegebenen Begründung Erfolg haben muss.

Das ist freilich schon deswegen nicht der Fall, weil der Sachverständige bei der vom Gericht, das mit der Entscheidung nach § 4 JVEG befasst ist, selbständig vorzunehmenden Prüfung, ob die Stellungnahme zum Ablehnungsgesuch bei verständiger Würdigung ernsthaft Anlass zur Annahme geben konnte, das mit dem Ablehnungsgesuch befasste Gericht werde wegen der Diktion der Stellungnahme dem Ablehnungsgesuch Rechnung tragen, nicht mit einem Erfolg des Ablehnungsgesuchs rechnen musste.

Diese Prüfung hat das Familiengericht nur vordergründig vorgenommen, indem es auf die Überheblichkeit des Sachverständigen abstellt und dem Sachverständigen vorwirft, er habe mit der "gewählten Art und Weise, sich mit dem Vortrag des Antragstellers auseinan...

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