Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückweisung eines Antrags auf Entlassung des Testamentsvollstreckers, Vorrang lebzeitiger Aufträge des Erblassers vor Vermächtnisanordnungen

 

Leitsatz (amtlich)

Es stellt keine die Entlassung eines Testamentsvollstreckers rechtfertigende grobe Pflichtverletzung dar, wenn er einen von dem Erblasser einem Vermächtnisnehmer zugewendeten Gegenstand in Ausführung eines ihm von dem Erblasser lebzeitig erteilten Auftrags stattdessen als Grabbeigabe verwendet.

 

Normenkette

BGB §§ 2040, 2147, 2227

 

Verfahrensgang

AG Königstein (Beschluss vom 24.03.2023; Aktenzeichen ...)

 

Gründe

I. Die am ....2022 verstorbene Erblasserin und ihr am ....2008 vorverstorbener Ehemann hatten sich mit notariellem gemeinschaftlichen Testament vom 18.06.2001 (Bl. 10 ff. d.A.) wechselseitig zum Alleinerben des Erstversterbenden und die Beteiligten zu 1) bis 3) als ihre gemeinsamen Kinder zu Erben des Letztversterbenden eingesetzt. Ferner setzten die Eheleute Vermächtnisse zugunsten der Beteiligten zu 1) bis 3) aus. Der Beteiligten zu 3) wurde hierbei der Schmuck ihrer Mutter zugewendet, wobei es ihr überlassen bleibe, ihren Schwägerinnen jeweils ein Schmuckstück zu schenken. Gemäß Abschnitt V 2 des gemeinschaftlichen Testaments war der Längstlebende berechtigt, Testamentsvollstreckung hinsichtlich der Erbteile der Kinder anzuordnen. Ferner stand dem Längstlebenden gemäß Abschnitt V 1 des Testaments insbesondere das Recht zu, die ausgesetzten Vermächtnisse auch nach Ableben des anderen Ehegatten zu Lebzeiten einseitig abzuändern.

Mit notariell beurkundeter Ergänzung des gemeinschaftlichen Testaments vom 15.04.2008 (Bl. 87 ff. d.A.) ordnete die Erblasserin nach Ableben des Vaters der Beteiligten zu 1) bis 3) Testamentsvollstreckung an und bestimmte den Beteiligten zu 2) zum Testamentsvollstrecker mit der Aufgabenstellung, Vermächtnisse zu erfüllen und die Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Erben zu bewirken.

Nach Ableben der Erblasserin nahm der Beteiligte zu 2) mit Schreiben an das Nachlassgericht vom 27.01.2022 (Bl. 64 d.A.) das Testamentsvollstreckeramt an und begann seine Tätigkeit. Hierbei nahm er den Schmuck der Erblasserin an sich, der zu diesem Zeitpunkt auch eine Goldkette (Lichtbild Bl. 123 d.A.) mit den daran angebrachten Eheringen der Eheleute umfasste.

Der Beteiligte zu 1) teilte dem Beteiligten zu 2) mit Mailschreiben vom 24.01.2022 (Bl. 297R f. d.A.) seine Wünsche hinsichtlich der künftigen Tätigkeit des Beteiligten zu 2) mit und bat um Abstimmung hinsichtlich der Beisetzung der Erblasserin. Mit Mailschreiben an die Beteiligten zu 1) und 3) vom 25.01.2022 (Bl. 158 d.A.) kündigte der Beteiligte zu 2) an, dass die Beisetzung der Erblasserin am 02.02.2022 stattfinden werde.

Mit Mailschreiben an die Beteiligten zu 1) und 3) vom 31.01.2022 (Bl. 166 d.A.) nahm der Beteiligte zu 2) sodann zu dem nach seiner Einschätzung kontrovers gebliebenen Verlauf einer Besprechung der Beteiligten am 27.01.2022 Stellung.

Mit Mailschreiben vom 07.02.2022 (Bl. 124 d.A.) wurde die für ihn schon damals tätige Rechtsanwältin A (nunmehrige Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 2)) aus Anlass der für nunmehr auf den 11.02.2022 festgesetzten Beisetzung der Erblasserin von der Beteiligten zu 3) darauf hingewiesen, dass die Beteiligten zu 1) und 3) nichts dagegen hätten, wenn der Beteiligte zu 2) die Eheringe der Eheleute in den Sarg der Erblasserin lege. Jedoch bäten die Beteiligte zu 2) und 3), davon abzusehen, anderen Schmuck der Erblasserin anderweitig zu verwenden, als dies im Testament vorgesehen sei.

Der Beteiligte zu 2) legte bei der Beisetzung der Erblasserin die Eheringe der Eheleute dem Sarg zusammen mit der Goldkette bei, an der die Eheringe von der Erblasserin angebracht worden waren.

Das von dem Beteiligten zu 2) am 17.03.2022 auf Stand 17.03.2022 erstellte und am 23.03.2022 bei dem Nachlassgericht eingereichte Nachlassverzeichnis (Bl. 128 ff. d.A.) weist einen Aktivnachlass von 918.954,17 EUR aus. Zu Pos. 1.6 "persönliche Gegenstände" hat der Beteiligte zu 2) darin ausgeführt, dass er eine goldfarbene Halskette mit Ringen der Eheleute auf letzten Wunsch der Erblasserin hin im Sarg beigelegt habe. Unter Position 3 des Nachlassverzeichnisses wird als Vermächtnisgegenstand der in Fotoanlage 2 des Verzeichnisses (Bl. 139 ff d.A.) dargestellte weitere Schmuck der Erblasserin dargestellt.

Der Beteiligte zu 1) hat mit Schreiben an das Nachlassgericht vom 18.03.2022 (Bl. 122 d.A.) die Entlassung des Beteiligten zu 2) beantragt und zur Begründung ausgeführt, der Beteiligte zu 2) habe eine schwere, seine Entlassung rechtfertigende Pflichtverletzung begangen, indem er die in Frage stehende Goldkette ohne Zustimmung der Beteiligten zu 1) und 3) zusammen mit den Eheringen der Eheleute dem Grab beigegeben habe, statt sie als Teil der Vermächtniszuwendung an die Beteiligte zu 3) dieser auszuhändigen. Die Goldkette im Wert von 5.000,00 EUR habe einen wesentlichen Nachlasswert ausgemacht, den der Beteiligte zu 2) durch seine ...

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