Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Rechtsmittel gegen die Bestellung des gemeinsamen Vertreters

 

Leitsatz (amtlich)

Für nach dem 1.9.2009 eingeleitete Spruchverfahren besteht für die Antragsgegnerin keine Möglichkeit der Beschwerde nach § 58 FamFG gegen die Entscheidung des LG, zur Wahrung der Interessen der außenstehenden Aktionäre einen gemeinsamen Vertreter gem. § 6 Abs. 1 SpruchG zu bestellen.

 

Normenkette

FamFG § 58; SpruchG § 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 02.05.2011)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen Teil II des Beschlusses der 5. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. vom 2.5.2011 wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin liegt die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters für die außenstehenden Aktionäre in einem Spruchverfahren nach vorangegangenem Delisting zugrunde.

Die Antragsgegnerin ist Hauptaktionärin, die Antragsteller sind Minderheitsaktionäre der A AG. Die Hauptversammlung der A AG beschloss mit den Stimmen der Antragsgegnerin (vgl. Bl. 78 d.A.) am 20.8.2010, den Vorstand zum Antrag auf Widerruf der Zulassung der Aktien der Gesellschaft zum regulierten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse zu ermächtigen. Der Vorstand machte von dieser Ermächtigung Gebrauch, woraufhin am 26.1.2011 die Frankfurter Wertpapierbörse antragsgemäß die Zulassung zum regulierten Markt mit Wirkung zum 26.4.2011 widerrief. Als Ausgleich für den Widerruf unterbreitete die Antragsgegnerin den übrigen Aktionären ein gestaffeltes Angebot zum Erwerb deren Aktien der A AG, wonach für bis zu 1000 Aktien 2,10 EUR, bis zu 10.000 Aktien 1,90 EUR, bis zu 50.000 Aktien 1,75 EUR und bei mehr als 50.000 Aktien 1,60 EUR je Aktie gezahlt würden.

Die Antragsteller halten dieses Angebot für unzureichend und haben deshalb mit erstmalig am 1.2.2011 beim LG Frankfurt/M. eingegangenen Schriftsätzen die Einleitung eines Spruchverfahrens beantragt. Das LG hat daraufhin mit Teil II des angegriffenen Beschlusses Rechtsanwalt Dr ... zum gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre bestellt (Bl. 116 ff. d.A.). Die Entscheidung ist der Antragsgegnerin am 5.5.2011 zugestellt worden (Bl. 127 d.A.). Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 25.5.2011 (Bl. 139 d.A.) Beschwerde eingelegt (Bl. 140 ff.), der das LG nicht abgeholfen hat (Bl. 201 ff. d.A.). Es könne dahin gestellt bleiben, ob das Rechtsmittel überhaupt statthaft sei. Jedenfalls sei die Beschwerde unbegründet. Insbesondere sei die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters erforderlich gewesen, weil schwierige Rechtsfragen wie etwa das Erfordernis einer Aktionärsstellung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung für die Antragsbefugnis der Antragsteller oder die Passivlegitimation der Antragsgegnerin als Hauptaktionärin zur Entscheidung stünden und dies eine Interessenwahrung der außenstehenden Aktionäre erforderlich mache.

Demgegenüber trägt die Antragsgegnerin zur Begründung ihres Rechtsmittels im Wesentlichen vor, ein Spruchverfahren sei bereits nicht statthaft, das LG Frankfurt/M. sei nicht zuständig, die Antragsteller nicht antragsbefugt sowie ihre Anträge verfristet, und überdies seien die Anträge offensichtlich unbegründet. In einer solchen Situation sei es der Antragsgegnerin nicht zumutbar, mit den Kosten der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters belastet zu werden.

II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist unzulässig. Ein eigenständiges Rechtsmittel gegen die Entscheidung des LG, in dem anhängigen Spruchverfahren zur Wahrung der Interessen der außenstehenden Aktionäre einen gemeinsamen Vertreter gem. § 6 Abs. 1 SpruchG zu bestellen, ist dem Antragsgegner vom Gesetzgeber nicht (mehr) eingeräumt, sofern - wie hier - das Verfahren nach dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist. Verfassungsrechtliche Gesichtspunkte zwingen vorliegend zu keiner korrigierenden Auslegung.

1. Gegen den Bestellungsbeschluss findet nach der durch das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) neu geschaffenen Gesetzeslage grundsätzlich kein Rechtsmittel mehr statt (vgl. Drescher in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 6 SpruchG Rz. 12; Kubis in MünchKomm/AktG, 3. Aufl., § 6 SpruchG Rz. 8; Hölters/Simon, AktG, § 6 SpruchG Rz. 21; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH - Konzernrecht, 6. Aufl., § 6 SpruchG Rz. 9; a.A. vermutlich Hüffer, AktG, 9. Aufl., Anh § 305, § 6 SpruchG Rz. 5; Weingärtner in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarkt, 3. Aufl., § 6 SpruchG Rz. 5).

Der Gesetzgeber hat ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des LG nach § 6 Abs. 1 SpruchG nicht ausdrücklich im Spruchverfahrensgesetz normiert. Entsprechend richtet sich die Möglichkeit eines Rechtsmittels gem. § 17 Abs. 2 SpruchG in der hier gem. Art. 111 FGG-ReformG anwendbaren, aktuellen Fassung nunmehr nach den Vorschriften des FamFG und hier nach § 58 FamFG im Besonderen. Gemäß § 58 Abs...

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