Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderung des Versorgungsausgleichs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Abänderung des Versorgungsausgleichs nach § 51 VersAusglG kann auf das nachträgliche Ausscheiden eines Ehegatten aus dem Beamtenverhältnis mit der Konsequenz der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung gestützt werden, da dies eine tatsächliche Veränderung nach dem Ende der Ehezeit iSd § 225 Abs. 2 FamFG darstellt, die auf den Ausgleichswert des Anrechts zurückwirkt.

2. Die freiwillige Aufgabe eines Beamtenverhältnisses stellt grundsätzlich keine Obliegenheitsverletzung dar und ist vom anderen Ehegatten hinzunehmen, weil im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG keine Rechtspflicht besteht, eine berufliche Veränderung zu unterlassen, um zu vermeiden, dass die ehezeitbezogene Versorgung vermindert wird.

3. Verweigert der antragstellende Ehegatte, der das Beamtenverhältnis aufgegeben hat und nunmehr über geringere eigene Anrechte verfügt, Auskünfte zu seinem danach erzielten Einkommen und zu seinen Vermögensverhältnissen zu erteilen, kann dies nach §§ 52 Abs. 1 VersAusglG, 226 Abs. 3 FamFG, 27 VersAusglG dazu führen, dass von einer Teilung der Anrechte des anderen Ehegatten abzusehen ist.

 

Normenkette

FamFG § 225 Abs. 2, § 226 Abs. 3; VersAusglG §§ 27, 51-52

 

Verfahrensgang

AG Dieburg (Beschluss vom 01.06.2022; Aktenzeichen 50 F 322/22 VA)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dieburg vom 20.04.1999 (Az. ...) wird mit Wirkung zum 01.06.2022 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der weiteren Beteiligten zu 1. (Vers. Nr. ...) zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 12,0576 Entgeltpunkten auf das Konto der Antragsgegnerin bei der weiteren Beteiligten zu 1. (VersNr. ...), bezogen auf den 30.06.1998, übertragen.

Ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der weiteren Beteiligten zu 1. (VersNr. ...) findet nicht statt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.238,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen eine Entscheidung des Amtsgerichts, die seinen Antrag auf Abänderung einer nach altem Recht getroffenen Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich zurückweist. Er stützt seinen Abänderungsantrag darauf, dass er nach der Scheidung aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden und in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert worden ist.

Der 1955 geborene Antragsteller und die Antragsgegnerin waren seit XX.09.1975 verheiratet. Ihre Ehe ist seit 1999 rechtskräftig geschieden. Die Ehezeit begann am 01.09.1975 und endete am 30.06.1998. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 20.04.1999, Az. ..., wurden in der abgetrennten Folgesache Versorgungsausgleich gemäß § 1587 b Abs. 2 BGB a. F. zu Lasten der für den Ehemann bei dem Arbeitgeber1 bestehenden Versorgungsanwartschaft auf eine Beamtenpension auf dem für die Antragsgegnerin bestehenden Versicherungskonto bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 1.003,67 DM (512,83 Euro), bezogen auf den 30.06.1998, begründet. Der Ehemann hatte während der Ehezeit Anrechte auf eine Beamtenversorgung in Höhe von monatlich 2.628,44 DM (1.343,68 Euro) erworben, die Ehefrau Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 621,11 DM (317,51 Euro). Die Hälfte des Wertunterschieds belief sich auf 1.003,67 DM.

Der Antragsteller trat am 02.08.1971 in die Abteilung1 des Arbeitgeber1 ein und schloss im Juli 1974 seine Ausbildung ab. Vom 01.10.1975 bis 31.12.1976 leistete er den Grundwehrdienst. In seiner Laufbahn in der Abteilung1 erreichte er die Stellung eines Steueramtsinspektors bei der Arbeitgeber1a Stadt1. Im Jahr 1996 erkrankte er an Hepatitis C. Ab dem 01.04.1998 wurde der Antragsteller wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt und erhielt Versorgungsbezüge als Ruhestandsbeamter. Im Jahr 2003 ordnete der Dienstherr eine Behandlung zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit an (antidepressive Medikation und verhaltenstherapeutische Behandlung), deren Durchführung der Antragsteller verweigerte. Die gegen die Anordnung seines Dienstherrn bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt eingelegten Rechtsmittel blieben erfolglos. Nach Einleitung eines Disziplinarverfahrens verzichtete der Antragsteller mit Wirkung vom 6.03.2006 auf seine Rechte aus dem Beamtenverhältnis, so dass dieses zu diesem Zeitpunkt erlosch. Für seine Beamtendienstzeiten (01.02.1974 - 31.03.1998) fand die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung statt. Mit einer Klage vor dem Sozialgericht Mainz (Az. ...) gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund erreichte er im Wege des Vergleichs, dass für den Zeitraum 01.04.1998 bis 31.03.2001 Anrechnungszeite...

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