Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Wirksamkeit der Übernahme eines GmbH-Gesellschaftsanteils im Wege der Kapitalerhöhung bei verspäteter Anmeldung nach § 39 GWB

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Übernahme eines GmbH-Gesellschaftsanteils im Wege der Kapitalerhöhung unterliegt auch dann nicht den Formvorschriften des § 15 Abs. 4 GmbHG, wenn sie Teil eines umfassenden Vertragswerkes ist, in dem auch nach § 15 Abs. 4 GmbHG formbedürftige Optionsrechte vereinbart sind.

2. Mit Einstellung des Entflechtungsverfahrens durch das BKartA wird ein der Zusammenschlusskontrolle nach den §§ 35 ff. GWB unterliegendes Vollzugsgeschäft mit Wirkung ex tunc wirksam.

3. Die bis zur Entscheidung des BKartA bestehende schwebende Unwirksamkeit nach § 41 Abs. 1 Satz 2 GWB berechtigt keine der Vertragsparteien, sich während der Schwebezeit von dem Vertrag zu lösen.

 

Normenkette

GWB §§ 35, § 35 ff., § 41 Abs. 1 S. 2; GmbHG § 15 Abs. 4, § 55

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.06.2013; Aktenzeichen 3-6 O 79/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten und der Nebenintervenientin gegen das Teilurteil des LG Frankfurt/M. vom 11.6.2013, 3/6 O 79/12, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten und die Nebenintervenientin als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten und die Nebenintervenientin können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die klagende GmbH macht gegen die Beklagten, ihre früheren Geschäftsführer, Schadensersatzansprüche nach § 43 GmbHG geltend.

Die Beklagten waren bis zum 27.3.2006 über die A ... GmbH Inhaber aller Geschäftsanteile der Klägerin und waren auch deren Geschäftsführer. Am 27.3.2006 wurde ein umfangreiches Vertragswerk protokolliert, mit dem im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung 75 % der Geschäftsanteile der Klägerin an die B Trust ... gesellschaft GmbH (im Folgenden: B Trust) übertragen werden sollten. Die B Trust sollte diese Geschäftsanteile treuhänderisch für die X GmbH halten; diese wiederum war eine Tochtergesellschaft der X1 SE. Die Beklagten wurden (erneut) zu Geschäftsführern der Klägerin bestellt.

Im Einzelnen wurden am 27.3.2006 von den Beteiligten folgende Dokumente unterschrieben, wegen deren genauen Inhalts auf die zitierten Anlagen verwiesen wird:

  • Treuhandvertrag zwischen der X GmbH und der B Trust, Anlage SH 8
  • Niederschrift über eine Gesellschafterversammlung der Klägerin mit Kapitalerhöhung und Satzungsänderung, SH 9 = K 2
  • Beteiligungsrahmenvereinbarung, SH 10
  • Beteiligungsvertrag, SH 10.1 = K 4
  • "Gesellschafterversammlung", SH 10.2
  • Anlage 3.3a zum Beteiligungsvertrag (Gesellschaftervereinbarung bzgl. Andienungs- und Erwerbspflichten), SH 10.3
  • Anlage 3.3b zum Beteiligungsvertrag (Geschäftsordnung für Geschäftsführung), SH 10.4
  • Anlage 3.4a zum Beteiligungsvertrag (Geschäftsführer-Anstellungsvertrag Klägerin - Beklagter zu 1), SH 10.5
  • Anlage 3.4b zum Beteiligungsvertrag (Geschäftsführer-Anstellungsvertrag Klägerin- Beklagter zu 2), SH 10.6
  • Anlage 3.4c zum Beteiligungsvertrag (Darlehensvertrag Klägerin - X), SH 10.7
  • Anlage 3.4d zum Beteiligungsvertrag (Darlehensvertrag Klägerin - X), SH 10.8
  • Anlage 3.4e zum Beteiligungsvertrag (Darlehensvertrag Klägerin - C mbH), SH 10.9
  • Anlage 3.4f zum Beteiligungsvertrag (Vereinbarung Klägerin - C Handelsgesellschaft mbH über Veräußerung von Vermögensteilen), SH 10.10
  • Anlage 3.4g zum Beteiligungsvertrag (Vertrag über zukünftige Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und den Alt- und Neugesellschaftern), SH 10.11

Davon sind der Treuhandvertrag (Anlage SH 8), die Niederschrift über eine Gesellschafterversammlung (Anlage SH 9) und die Beteiligungsrahmenvereinbarung (Anlage SH 10) notariell beurkundet worden, wobei im Rahmen der Beurkundung der Beteiligungsrahmenvereinbarung lediglich die Anlagen SH 10.1 und SH 10.3 verlesen worden sind.

Die Kapitalerhöhung wurde am 9.6.2006 im Handelsregister eingetragen.

Mit Beschluss vom 16.7.2009 (Anlage K 25) hat die Gesellschafterversammlung der Klägerin beschlossen, Ansprüche gem § 43 Abs. 2 GmbHG gegen die Beklagten geltend zu machen.

Mit Schreiben vom 4.11.2011 (Anl. B 1 = K 28) meldete die X-Gruppe den Erwerb der Beteiligung an der Klägerin rückwirkend zum 1.1.2006 gem. § 39 GWB beim BKartA an. Mit Schreiben vom 5.12.2011 (Anl. K 29) teilte das BKartA mit, dass es das Entflechtungsverfahren wegen des bereits vollzogenen Zusammenschlusses eingestellt habe, da die Untersagungsvoraussetzungen nach § 36 Abs. 1 GWB nicht vorlägen.

Mit Schreiben vom 2.12.2011 (Bl. 293 d.A. = Anl. B 3) erklärte die A ... GmbH gegenüber der B Trust, sie halte sämtliche am 27.6.2006 beurkundeten Rechtsgeschäfte für unwirksam; vorsorglich würden alle Verträge, Beschlüsse, Willenserklärungen etc. widerrufen, aufgehoben, zurückgenommen und gekündigt.

Die Beklagten ...

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