Leitsatz (amtlich)

Wenn der Berufungsklägervertreter bis kurz vor dem ihm bekannten Ablauf der Berufungsbegründungsfrist in seinen Büroräumen arbeitet und es selbst übernimmt, sein Faxgerät zu bedienen, so muss er sicherstellen, dass er hierzu auch in der Lage ist und die für die Bedienung des Gerätes erforderlichen Kenntnisse besitzt (hier: Auswechseln der Tonerkartusche).

 

Normenkette

ZPO § 233

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 4 O 199/03)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 08.05.2007; Aktenzeichen VI ZB 74/06)

 

Gründe

Das am 27.7.2006 eingegangen Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers ist zulässig. Insbesondere ist die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO eingehalten, nachdem der Klägervertreter nach seinem eigenen Vortrag seit dem 13./14.7.2006 weiß, dass seine Berufungsbegründung dem Berufungsgericht aufgrund der von ihm vorgetragenen Störung seines Faxgerätes erst verspätet am 14.7.2006 per Fax übermittelt werden konnte.

Das Wiedereinsetzungsgesuch ist jedoch unbegründet, da der Kläger nicht ohne ein ihm zuzurechnendes Verschulden gehindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (§ 233 ZPO). Die Berufungsbegründungsfrist war auf Antrag des Berufungsklägervertreters schließlich bis zum 13.7.2006 verlängert worden (Blatt 221 d.A.). Die Berufungsbegründung wurde jedoch, wie der Berufungsklägervertreter selbst vorträgt, dem Berufungsgericht erst kurz nach Mitternacht am 14.7.2006 zugefaxt, wobei der Berufungsklägervertreter nicht ohne sein Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (§ 233 ZPO). Da dem Kläger das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten gem. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, war somit das Wiedereinsetzungsgesuch zurückzuweisen.

Der Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers trägt zwar vor, dass er "aufgrund starker Arbeitsbelastung am 13.7.2006 während seiner Bürozeiten die Berufungsbegründung nicht (habe) fertig stellen" können (Blatt 235 d.A.). "Nach Abschluss der Berufungsbegründung um ca. 23:30h ... (habe) der Unterzeichner den Schriftsatz per Fax versenden" wollen, habe aber feststellen müssen, "dass das Faxgerät den Schriftsatz nicht" angenommen habe. Nachdem er "sodann die Kabel und Leitungen geprüft" gehabt habe, habe er schließlich bemerkt, "dass auf dem Display seines Faxgerätes ... ein Vermerk zu sehen war, der anzeigte, dass die Tonerkartusche gewechselt werden musste." Obwohl er "zunächst die Erschöpfung der Tonerkartusche als Fehlerursache ausgeschlossen" gehabt habe, "da der Toner nur für Ausdrucke gebraucht" werde, habe er die Kartusche ausgetauscht, woraufhin das Faxgerät wieder funktioniert" habe (Blatt 235/236 d.A.). "Das Wechseln der Tonerkartusche, das üblicherweise von der Fachangestellten" des Berufungsklägervertreters vorgenommen werde, habe "etwa eine Dauer von 15 Minuten in Anspruch" genommen, "so dass der Schriftsatz erst nach Mitternacht übersandt" habe werden können. "Von der Fehlfunktion des Faxgerätes, die bei einem fortgeschrittenen Verbrauch der Tonerkartusche" auftrete, habe der Berufungsklägervertreter "keine Kenntnis" gehabt. "Diese Fehlfunktion" trete "auch nur selten auf, so dass hiermit nicht (habe) gerechnet werden" müssen (Blatt 236 d.A.). Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Wie aus der von dem Berufungsklägervertreter inzwischen übersandten Bedienungsanleitung des von diesem eingesetzten Laser-Faxgerätes der Marke ... unter der Überschrift "Display Fehlermeldungen. Störungsbeseitigung 6.6" hervorgeht, erscheint in der Display-Anzeige zunächst ein Hinweis "wenig Toner", wenn die Tonerkartusche nahezu leer ist. Erst wenn sodann die Tonerkartusche vollkommen leer ist, erscheint im Display die Anzeige "kein Toner mehr" mit der Folge, dass das Gerät stoppt. Zwar muss im allgemeinen der Berufungsklägervertreter sich nicht selbst unbedingt um die Geräte in seiner Kanzlei kümmern, sondern kann dies gegebenenfalls, wie dieser vortragen will, einer seiner Fachangestellten ü-berlassen (vgl. Blatt 236 d.A.). Wenn aber der Berufungsklägervertreter bis kurz vor dem ihm bekannten Ablauf der Berufungsbegründungsfrist in seinen Büroräumen arbeitet und es selbst übernimmt, sein Faxgerät zu bedienen, so muss er sicherstellen, dass er hierzu auch in der Lage ist und die für die Bedienung des Gerätes erforderlichen Kenntnisse besitzt. Ihm musste also, wenn er sich je die Bedienungsanleitung seines Faxgerätes angesehen hätte, bereits zuvor im Hinblick auf den zuerst erscheinenden Hinweis in der Display-Anzeige "wenig Toner" bekannt sein, dass er in Kürze die Tonerkartusche werde austauschen müssen, da sonst das Gerät nicht mehr funktionsfähig sein würde bzw., wie es in der Bedienungsanleitung heißt, stoppen würde, sobald "kein Toner mehr" vorhanden sein würde. Der Berufungsklägervertreter hat sich aber offenbar weder mit den Funktionen des Geräts vertraut gemacht noch rechtzeitig, also spätestens bei Verlassen der mit dem Gerät vertrauten Fachkraft, davon überzeugt, dass dieses Gerät zu später Stunde, wenn er allein sein würde, vo...

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