Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 04.04.1984; Aktenzeichen 6 T 34/84)

AG Fritzlar (Beschluss vom 28.12.1983; Aktenzeichen UR II 192/82)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als durch ihn die Beschlüsse der Eigentümer Versammlung vom 1.12.1982 zu den Tagesordnungspunkten 5, 7 und 8 wiederhergestellt worden sind.

Auch in diesem Umfang wird die Erstbeschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Amtsgerichts Fritzlar vom 28.12.1983 zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten des amtsgerichtlichen Verfahrens tragen die Antragsteller 1/5, die Antragsgegner 4/5. Die Gerichtskosten des Erstbeschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die Antragsgegner zu tragen.

Außergerichtliche Kosten werden in allen Instanzen nicht erstattet.

Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 4.000,– DM.

 

Gründe

Wegen des Sachverhalts wird auf dessen Darstellung in den Gründen des amtsgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen.

Die zulässige weitere Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Der angefochtene Beschluß ist nicht rechtsfehlerfrei ergangen.

Bei dem Eigentümerbeschluß vom 1.12.1982 zu (gewerbliche Nutzung der Wohnungen) war davon auszugehen, daß die ursprüngliche Miteigentümer (die Antragsteller, der Antragsgegner zu 2. und die Rechtsvorgänger der Antragsgegnerin zu 1.) eine Wohnnutzung vereinbart haben, und eine gewerbliche Nutzung nur mit Zustimmung aller Miteigentümer zulässig sein soll (§ 14 der Verträge vom 17.4.1974; vgl. grundsätzlich auch Bärmann-Pick-Merle, WEG 5. Aufl., § 10 Rdnr. 72). Diese Vereinbarung ist im Grundbuch nicht gewahrt. Auch wenn mit dem Landgericht daraus zu schließen ist, daß die nicht eingetragene Vereinbarung einem Sondernachfolger, hier der Antragsgegnerin zu 1. gegenüber nicht wirksam ist (so auch Weitnauer, WEG, 6. Aufl., § 10 Rdnr. 7 a; Palandt-Bassenge, BGB, 44. Aufl., § 10 WEG, Anm. 2; MK-Röll, § 10 WEG Rdnr. 7, 8; Soergel-Baur, BGB, 11. Aufl., § 10 WEG Rdnr. 6; RGRK-Augustin, § 10 WEG Rdnr. 32, 33; a.M. Bärmann-Pick-Merle, a.a.O., § 10 Rdnr. 60), die Antragsgegnerin zu 1. damit auch ohne Eigentümerbeschluß zur gewerblichen Nutzung ihrer Wohnung berechtigt wäre (Bärmann-Pick-Merle, a.a.O., vor § 13 Rdnr. 7), kann der Eigentümerbeschluß vom 1.12.1982 zu nicht gültig sein.

Das Landgericht hat übersehen, daß der Mehrheitsbeschluß über die gewerbliche Nutzung aller Wohnungen gefaßt worden ist und daß es diesen insoweit an der stets erforderlichen inhaltlichen Bestimmtheit fehlt (Bärmann-Pick-Merle, a.a.O., § 23 Rdnr. 35; KG OLGZ 81, 307). Im Hinblick darauf, daß je nach der Art der gewerblichen Nutzung damit erhebliche Beeinträchtigungen der Miteigentümer verbunden sein können, reicht es für eine genügende Bestimmtheit nicht aus, daß der Beschluß selbst über die Art des Gewerbes keine Aussage macht und die Antragsgegner nachträglich nur erklären, es sei „an die Errichtung eines Büros u.ä.” gedacht. Wenn die Antragsgegner dann noch vortragen (Schriftsatz vom 10.2.1984), die Einrichtung eines Büros sei noch keine gewerbliche Nutzung, dann stellt sich zusätzlich auch die Frage nach dem Sinn des Beschlusses.

Auch dem Eigentümerbeschluß vom 1.12.1982 zu mangelt es, um gültig zu sein, schon an der inhaltlichen Bestimmtheit. Während der Beschluß selbst die befristete Herausgabe von zwei Abstellplätzen erwähnt, die Frage der Neuzuweisung aber offen läßt, hat der Antragsgegner zu 2. den Beschluß erst nachträglich im Termin vom 3.4.1984 dahingehend erläutert, die Antragsteller hätten zur Herausgabe eines Einstellplatzes zugunsten der Antragsgegnerin zu 1. veranlaßt werden sollen. Diese Erläuterung deckt sich nicht mit dem Beschlußinhalt. Die –strenge– Forderung nach Klarheit und inhaltlicher Bestimmtheit von Eigentümerbeschlüssen ist deswegen notwendig, weil sie zu den Rechtsgrundlagen der Gemeinschaft gehören und vom jeweiligen Verwalter auszuführen sind (§ 27 I 1 WEG).

Für den Fall, daß die Antragsgegner den streitigen Beschluß im Sinne der nachträglichen Erläuterung wiederholen wollen, bemerkt der Senat, daß nach seiner Auffassung (vgl. OLG Frankfurt OLGZ 80; 417; DWE 84, 30) –von unangefochtenen Mehrheitsbeschlüssen abgesehen– die Begründung von Sondernutzungsrechten auf gemeinschaftlichen Eigentum, weil dadurch das Mitgebrauchsrecht der anderen Miteigentümer eingeschränkt wird (§ 13 II 1 WEG), nur einstimmig in Form einer Vereinbarung (§ 15 I WEG) erfolgen kann (vgl. RGRK-Augustin, § 15 WEG Rdnr. 28; Bärmann-Pick-Merle, WEG, 5. Aufl., § 15 Rdnr. 4; MK-Röll § 15 WEG Rdnr. 9; Bay ObLG Rpfleger 74, 111 = NJW 74, 152; Rpfleger 74, 314; DWE 82, 31; a.M. für Teile des gemeinschaftlichen Eigentums KG Rpfleger 72, 62). Zu dieser Vereinbarung müßten sich auch die Antragsteller bereit finden, da die Antragsgegnerin zu 1., der gegenüber frühere Vereinbarungen mangels Eintragung im Grundbuch nicht wirksam sind (§ 10 II WEG), einen Anspruch auf eine angemessene Beteiligung am Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums hat (§§ 13 II 1, 15 III WEG). Frei...

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