Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungsentschädigung des weichenden Ehegatten für die Dauer der Trennungszeit

 

Leitsatz (amtlich)

Macht der aus der Ehewohnung ausgezogene Ehegatte gegen den dort verbliebenen Ehegatten für die Dauer der Trennungszeit einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung geltend, ist im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB auch zu prüfen, ob dem in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten gegen den ausgezogenen Ehegatten im Falle der Zahlung einer Nutzungsentschädigung ein Anspruch auf Ehegattenunterhalt zustünde, von dessen Geltendmachung er bislang abgesehen hat. In Höhe eines entsprechenden (fiktiven) Anspruchs auf Trennungsunterhalt wird die Zahlung einer Nutzungsentschädigung regelmäßig nicht der Billigkeit entsprechen.

 

Normenkette

BGB § 1361b Abs. 3 S. 2; FamFG § 200 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Gelnhausen (Beschluss vom 15.12.2011)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert:

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an die Antragstellerin Für den Zeitraum von Januar 2011 bis einschließlich Januar 2012 eine Nutzungsentschädigung von 3.510 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 270 EUR ab 1.2.2011, 1.3.2011, 1.4.2011, 1.5.2011, 1.6.2011, 1.7.2011, 1.8.2011, 1.9.2011, 1.10.2011, 1.11.2011, 1.12.2011, 1.1.2012 und 1.2.2012 zu zahlen.

Im Übrigen werden der Antrag der Antragstellerin und die wechselseitigen Beschwerden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten beider Rechtszüge tragen die Beteiligten je zur Hälfte. Ihre Aufwendungen tragen die Beteiligten selbst.

Der Verfahrenswert wird festgesetzt auf 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Zahlung einer Nutzungsentschädigung.

Sie sind seit 24.1.2012 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Seit dem Auszug der Antragstellerin aus der im gemeinsamen Eigentum der Beteiligten stehenden Dolhaushälfte in B. O. am 1.4.2009 leben sie getrennt. Der Antragsgegner bewohnt das Haus weiterhin.

Das Haus wurde im Jahr 2000 errichtet und verfügt über eine Wohn- und Nutzfläche von 250 m2 sowie eine gehobene Ausstattung mit Sauna, offenem Kamin und Parkettboden. In dem Haus, dessen Mietwert die Antragstellerin mit 6 EUR/m2, der Antragsgegner mit 5,85 EUR/m2 angibt, befindet sich eine 45 m2 große Einliegerwohnung, die von den Eltern des Antragsgegners bewohnt wird. Der Antragsgegner erhält von seinen Eltern zur pauschalen Abgeltung aller anfallenden Nebenkosten einen Betrag von 200 EUR monatlich; Miete zahlen die Eltern nicht. Sämtliche Betriebs- und Nebenkosten des Hausgrundstücks einschließlich der aus der Finanzierung des Kaufpreises resultierenden monatlichen Zins- und Tilgungsraten von 395 EUR werden vom Betriebskonto eines derzeit vom Antragsgegner betriebenen Sonnenstudios beglichen.

Das unter der Anschrift B. in B. O. betriebene Sonnenstudio wurde seit 2004 von beiden Eheleuten gemeinsam betrieben. Sowohl die Gewerbeanmeldung als auch der Mietvertrag, der Leasingvertrag und der spätere Kaufvertrag betreffend die Studioeinrichtung und das Betriebskonto wiesen allerdings die Antragstellerin als alleinige Inhaberin des Gewerbebetriebs aus. Der ausschließlich im Sonnenstudio beschäftigte Antragsgegner haftete jedoch gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten aus dem Leasingvertrag und verfügte über eine Vollmacht für das Betriebskonto. Die Einnahmen aus dem Betrieb des Sonnenstudios und die Einnahmen aus dem Betrieb eines von der Antragstellerin betriebenen Buchhaltungsdienstes wurden für den Lebensunterhalt der Eheleute und der gemeinsamen Tochter verwendet.

Nach der Trennung kamen die Beteiligten zunächst dahingehend überein, dass der Antragsgegner das Sonnenstudio - bis auf die weiterhin von der Antragstellerin übernommene Buchhaltung - alleine weiter betreibt und aus den erzielten Einkünften seinen Lebensunterhalt bestreitet. Die Antragstellerin bestreitet ihren Lebensunterhalt und den Unterhalt der überwiegend bei ihr lebenden gemeinsamen Tochter hingegen aus den Einkünften aus dem von ihr betriebenen Buchhaltungsdienst. Der hieraus erzielte steuerliche Gewinn belief sich ausweislich der vorgelegten Bilanzen bzw. Einnahmeüberschussrechnungen auf 47.480,03 EUR im Jahr 2008, auf 65.191,43 EUR im Jahr 2009 und auf 82.285,46 EUR im Jahr 2010. Ihr durchschnittliches bereinigtes monatliches Nettoeinkommen vor Abzug des Kindesunterhalts gibt die Antragstellerin selbst mit 2.910,55 EUR an. Insoweit wird auf die Beschwerdebegründung vom 31.1.2012 Bezug genommen.

Der mit dem Betreib des Sonnenstudios erzielte steuerliche Gewinn belief sich ausweislich der vorgelegten Einnahmeüberschussrechnungen im Jahr 2009 auf 12.776,93 EUR, nachdem in den Jahren 2007 und 2008 noch steuerliche Verluste von 16.432,18 EUR bzw. 8.614,54 EUR erzielt worden waren. Für das Jahr 2010, in welchem die Beteiligten letztmals gemeinsam steuerlich veranlagt wurden, sind keine Unterlagen vorgelegt worden. Die Beteiligten beziffern den aus dem Betrieb des Sonnenstudios erzielten steuerlichen Gewinn jedoch übereinstimmend mit etwa 20.0...

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