Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückzahlungsverpflichtung von Online-Glückspieleinsätzen bei Fehlen der Konzession

 

Normenkette

GlüStV § 4

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Urteil vom 25.02.2021; Aktenzeichen 4 O 84/20)

 

Tenor

Auf den Hinweis wurde die Berufung zurückgenommen.

Es wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Gießen vom 25.02.2021 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht für die Beklagte Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten, einer Gesellschaft maltesischen Rechts mit Sitz in Malta, die die Internetseite (...).com betreibt und keine Konzession für die Veranstaltung von Online-Glücksspiel im Land Hessen besitzt, die Rückerstattung verlorener Glückspieleinsätze. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an den Kläger 11.758,50 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klage sei zulässig, insbesondere sei das LG Gießen international zuständig gemäß Art. 18 Abs. 1 VO (EU) 1215/2012 (Brüssel la-VO/EuGVVO), da der Kläger Verbraucher sei. Es sei auch deutsches materielles Zivilrecht anzuwenden, zumal eine wirksame Rechtswahl im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Rom-I-Verordnung nicht ersichtlich bzw. in der Form allgemeiner Geschäftsbedingungen ohne Hinweis auf weiterhin anwendbare zwingende Vorschriften des deutschen Rechts unbeachtlich sei.

Der Zahlungsanspruch ergebe sich aus § 812 Abs. 1 S.1, 1.Alt. BGB sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV.

Die Spieleinsätze des Klägers seien ohne rechtlichen Grund getätigt worden, nachdem der zugrundeliegende Vertrag über die Teilnahme an dem von der Beklagten betriebenen Online-Glücksspiel gemäß § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV nichtig sei. Das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GIüStV sei in der hier maßgeblichen Zeit geltendes und von der Kammer auch unter dem Gesichtspunkt des Anwendungsvorranges des Europarechts anzuwendendes Recht gewesen, zumal das Internetverbot keinen unzulässigen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit darstelle. Das Landgericht folge der Rechtsprechung des OLG Köln (Urt.v. 10.05.2019 - 6 U 196/18 -), wonach § 4 Abs. 4 GlüStV im Einklang mit dem Unionsrecht stehe. Auf eine angebliche Duldung des Angebots der Beklagten durch das Hessische Innenministerium komme es nicht an.

Die Beklagte habe gegen die Verbotsnorm verstoßen, indem sie ihr Onlineangebot auch Spielteilnehmern aus Hessen und mithin auch dem Kläger zugänglich gemacht habe.

Die Rückforderung sei auch nicht gemäß § 817 S.2, 2.Hs. BGB ausgeschlossen. Selbst wenn dem Kläger auch ein Gesetzesverstoß anzulasten sei, müsse die Anwendung der Kondiktionssperre jedoch teleologisch eingeschränkt werden. Denn diese wäre zumindest in den Fällen nicht mit dem Zweck des Bereicherungsrechts vereinbar, in denen die Rechtswidrigkeit des Geschäfts auf Vorschriften beruhe, die gerade den leistenden Teil schützen sollten, wie dies hier der Fall sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die auch weiterhin die vollständige Klageabweisung begehrt.

Zur Begründung der Berufung wird ausgeführt, zu Unrecht sei das Landgericht schon von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen. Den auf der Webseite der Beklagten über einen Link abrufbaren AGB habe der Kläger im Zuge seiner Registrierung vor Spielteilnahme ausdrücklich zugestimmt; dort sei in Ziff. 2.16 jedoch die Anwendbarkeit maltesischen Rechts explizit vorgesehen gewesen. Eine wirksame Rechtswahl nach Art. 3 Abs. 1 ROM I VO könne auch in Form von AGB erfolgen; nach maltesischem Recht als Vertragsstatut sei die Klausel aber als solche wirksam und sei auch wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Auch nach EU-Recht reiche es für eine wirksame Einbeziehung von AGB aus, wenn der Verwender der Bedingungen - wie hier die Beklagte - sicherstelle, dass sein Kunde die AGB zur Kenntnis nehmen könne, indem er an einer nicht übersehbaren Stelle auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme hingewiesen und sodann aufgefordert werde, einen "Button" zu drücken und auf diesem Weg seine Zustimmung zu erteilen. Das vom Landgericht für die gegenteilige Ansicht zitierte Urteil des BGH vom 19.07.2012 - I ZR 40/11 - betreffe eine Sonderkonstellation des deutschen Apothekenrechts und sei nicht einschlägig. Letztlich folge die Anwendbarkeit maltesischen Rechts auch aufgrund von Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO, wonach auf den Sitz der Beklagten als der Vertragspartei abzustellen sei, die die für den Vertrag charakteristische Leistung - hier: die Nichtgeldleistung - zu erbringen habe.

Im Übrigen habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte mit ihrem Angebot gegen öffentlich-rechtliche Anforderungen des Glückspielstaatsve...

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