Leitsatz (amtlich)

Grob unwillige Inanspruchnahme des Ehegatten auf Trennungsunterhalt bei 20-jähriger Trennung

 

Normenkette

BGB § 1361

 

Verfahrensgang

AG Marburg (Beschluss vom 09.05.2019; Aktenzeichen 70 F 1000/18 UE)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Marburg - Familiengericht - vom 9. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Wege des Stufenantrags auf Trennungsunterhalt in Anspruch.

Die Beteiligten schlossen am XX. Dezember 1988 die Ehe miteinander. Im Jahr 1999 trennten sie sich. Seit Dezember 2018 ist ein Scheidungsverfahren anhängig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses (Blatt 51 ff. der Akten) Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 9. Mai 2019 hat das Familiengericht den Stufenantrag vollumfänglich zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Wegen der langen Trennungszeit und der zwischenzeitlichen Verselbständigung der Lebensverhältnisse der Beteiligten sei eine Inanspruchnahme des Antragsgegners auf Trennungsunterhalt grob unbillig (§ 1361 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 1579 Nr. 8 BGB). Könne der Antragsgegner somit die Zahlung von Trennungsunterhalt verweigern, müsse er auch keine Auskunft über seine für die Berechnung eines Unterhaltsanspruchs maßgeblichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse erteilen.

Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 31. Mai 2019 zugestellten Beschluss am 14. Juni 2019 Beschwerde beim Familiengericht eingelegt und diese mit einem am 29. Juli 2019 beim Beschwerdegericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie rügt, dass das Familiengericht nicht geprüft habe, warum die Beteiligten nach der Trennung noch lange Zeit an der Ehe festgehalten haben. Hierin liege ein wesentlicher Verfahrensmangel. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner zunächst noch seine Psychotherapiepraxis im Haus der Antragstellerin betrieben habe und dass der gemeinsame Sohn der Beteiligten erst im Jahr 2008 ausgezogen sei. Die Lebensverhältnisse der Beteiligten seien daher auch nach der Trennung nicht vollständig entflochten gewesen. Darüber hinaus meint die Antragstellerin, die von § 1579 BGB verlangte Billigkeitsprüfung könne nur in Kenntnis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragsgegners vorgenommen werden, weshalb ihrem Auskunftsantrag habe stattgegeben werden müssen.

Die Antragstellerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache an das Familiengericht zurückzuverweisen,

hilfsweise, den angefochtenen Beschluss abzuändern und den Antragsgegner zu verpflichten,

1. ihr Auskunft zu erteilen durch Vorlage einer systematischen Aufstellung über

a) seine sämtlichen Brutto- und Nettoeinkünfte einschließlich aller Nebeneinkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit sowie aus Steuererstattungen und aus deren Herkunft in der Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2018 und die erteilte Auskunft zu belegen durch Vorlage der Verdienstabrechnungen des Arbeitgebers für die Monate Januar 2018 bis Dezember 2018 sowie der Bescheide über das im vorgenannten Zeitraum etwa bezogene Kranken- und Arbeitslosengeld;

b) seine sämtlichen Einnahmen und Aufwendungen aus selbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie aus anderer Herkunft unter Angabe der Privatentnahmen für die Jahre 2015, 2016 und 2017, und die erteilte Auskunft zunächst zu belegen durch Vorlage der Einkommensteuererklärungen sowie der etwaigen Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. der etwaigen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2015, 2016 und 2017;

2. den Antragsgegner zu verpflichten, ihr den nach Erfüllung der Auskunftsverpflichtung noch zu beziffernden angemessenen Unterhalt zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.

Mit Schriftsatz vom 9. September 2019 hat die Antragstellerin zur Beschwerdeerwiderung Stellung genommen. Auf den Inhalt des Schriftsatzes wird verwiesen.

Der Senat hat die Beteiligten mit Beschluss vom 4. September 2019 darauf hingewiesen, dass und warum er beabsichtigt, über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.

II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 111 Nr. 8 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2, 117 Abs. 1 FamFG).

In der Sache selbst hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Zu Recht und mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung hat das Familiengericht den auf Gewährung von Trennungsunterhalt gerichteten Stufenantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

Der mit dem Stufenantrag verfolgte Anspruch auf Trennungsunterhalt (§ 1361 Abs. 1 BGB) ist zu versagen, weil eine - sei es auch der Höhe nach oder zeitli...

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