Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsgebühr bei wechselseitigem Unterhaltsverzicht

 

Leitsatz (amtlich)

Die Mitwirkung des Anwalts bei der Vereinbarung eines wechselseitigen Unterhaltsverzichts zwischen Ehegatten löst eine Einigungsgebühr nach RVG-VV Nr. 1000 aus.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 1000

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Beschluss vom 11.04.2006; Aktenzeichen 56 F 1647/04)

 

Tenor

Die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Vergütungsfestsetzung wird abgeändert.

Die dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin, Rechtsanwalt ... in ..., aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wird auf 939,60 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der weitergehende Festsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 243,48 EUR.

 

Gründe

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die aus der Staatskasse dem beschwerdeführenden Rechtsanwalt ... zu gewährende Vergütung für seine Tätigkeit als im Weg der Prozesskostenhilfebewilligung der Antragsgegnerin des Scheidungsverbundverfahrens beigeordneter Rechtsanwalt.

In der mündlichen Verhandlung am 16.6.2005 über die Ehescheidung und die amtswegige Folgesache betreffend den Versorgungsausgleich (andere Folgesachen waren nicht anhängig) haben die Parteien vor dem AG eine Vereinbarung mit folgendem Wortlaut getroffen:

Wir verzichten wechselseitig für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf Unterhalt einschließlich des Falles der Not und der Gesetzesänderung und nehmen die Verzichtserklärungen gegenseitig an.

Der Hausrat ist bereits in der Form geteilt, dass jeder Ehegatte an den in seinem Besitz befindlichen Hausratsgegenständen Alleineigentum hat.

Wechselseitige Zugewinnausgleichsansprüche bestehen nicht.

Durch anschließend verkündetes Urteil hat das AG die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich zwischen ihnen geregelt. Den Gegenstandswert für die Scheidung und für den Versorgungsausgleich hat das AG auf 8.900 EUR (6.900 EUR + 2.000 EUR) und den Wert für den Unterhaltsverzicht hat es auf 1.800 EUR festgesetzt.

Auf seine Vergütungsabrechnung vom 21.6.2005 erhielt Rechtsanwalt ... auf Anordnung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des AG den Gesamtbetrag von 950,74 EUR ausgezahlt.

Dieser Betrag setzt sich folgendermaßen zusammen: 1,3 Verfahrensgebühr nach einem Wert von 8.900 EUR309.40 EUR

1,2-Terminsgebühr nach einem Wert von 10.700 EUR 295.20 EUR

1,0-Einigungsgebühr nach einem Wert von 1.800 EUR 195 EUR

Auslagenpauschale+ 20 EUR 819,60 EUR

zzgl. 16 % Umsatzsteuer 131,14 EUR 950,74 EUR

Mit geänderter Vergütungsabrechnung vom 3.1.2006 hat Rechtsanwalt ... der Staatskasse insgesamt 1.021,96 EUR in Rechnung gestellt. Nachdem die Bezirksrevisorin beim LG Darmstadt am 26.1.2006 hierzu und zur Auszahlung an Rechtsanwalt ... Stellung genommen und dabei zum Ausdruck gebracht hat, das die 1,2 Terminsgebühr lediglich nach einem Gegenstandswert von 8.900 EUR zu bemessen und eine auf den Unterhaltsverzicht der Parteien gestützte Einigungsgebühr nicht entstanden sei (letzteres ergebe sich aus der Regelung der Nr. 1000 RVG-VV), hat sich die Rechtspflegerin des AG die Argumentation der Bezirksrevisorin zu eigen gemacht und durch Beschluss vom 22.3.2006 die an Rechtsanwalt ... aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 713,40 EUR festgesetzt und zugleich die Rückforderung des hierüber hinausgehenden, bereits ausgezahlten Betrags angekündigt.

Der Festsetzung liegt folgende Berechnung zugrunde:

1,3-Verfahrensgebühr nach einem Wert von 8.900 EUR 309,40 EUR

1,2-Terminsgebühr nach einem Wert von 8.900 EUR 285.60 EUR

Auslagenpauschale+ 20 EUR 615 EUR

zzgl. 16 % Umsatzsteuern - 98,40 EUR 713,40 EUR

Gegen diesen Beschluss, den er offenbar versehentlich mit dem Datum seiner Ausfertigung (3.4.2006) bezeichnet hat, hat Rechtsanwalt ... mit Schriftsatz vom 4.4.2006 "sofortige Beschwerde" eingelegt, mit der er die Festsetzung seiner Vergütung i.H.v. insgesamt 956,88 EUR begehrt hat.

Die Rechtspflegerin des AG hat sodann durch Beschluss vom 7.4.2006 "der Beschwerde vom 4.4.2006 aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen" und die Akte dem zuständigen Abteilungsrichter vorgelegt.

Dieser hat durch Beschluss vom 11.4.2006 "die Beschwerde vom 4.4.2006 zurückgewiesen" und in der Begründung zum Ausdruck gebracht, dass der Festsetzungsbeschluss vom 22.3.2006 zutreffend sei.

Gegen diesen Beschluss des Richters, dem dieser nicht abgeholfen hat, richtet sich die Beschwerde des Rechtsanwalts ... vom 19.4.2006 mit der er weiterhin die Festsetzung seiner Vergütung auf insgesamt 956,88 EUR begehrt.

Die Beschwerde gegen den unter Einhaltung der verfahrensmäßigen Vorgaben ergangenen instanzabschließenden Beschluss des Richters (vgl. §§ 55, 56 RVG) ist gem. § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG an sich statthaft und auch sonst zulässig. Zur Entscheidung hierüber ist gem. § 33 Abs. 8 RVG der Einzelrichter berufen.

Die Beschwerde hat in der Sache zum überwiegenden Teil Erfolg.

Soweit allerdings der angefochtene Beschluss die Terminsgebühr (1,2) lediglich nach einem Gegenstandswert...

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