Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit der teilunentgeltlichen Verfügung eines befreiten Vorerben

 

Leitsatz (amtlich)

Ein offenkundiges Äquivalenzdefizit im Hinblick auf das als Entgelt vereinbarte Altenteil bei einem Übergabevertrag zwischen nahen Verwandten führt zur Einordnung der Verfügung des befreiten Vorerben als teilunentgeltlich, was einer Unentgeltlichkeit gleichzustellen ist und deren Unwirksamkeit zur Folge hat.

 

Normenkette

BGB § 2113; GBO §§ 29, 35

 

Verfahrensgang

AG Bad Schwalbach (Verfügung vom 19.02.2019)

AG Bad Schwalbach (Verfügung vom 05.03.2019)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Das erstinstanzliche Aktenzeichen wird aus Gründen des Datenschutzes nicht mitgeteilt.

Die angefochtenen Zwischenverfügungen werden aufgehoben.

 

Gründe

I. Als Eigentümer des streitgegenständlichen Grundbesitzes ist der am XX.XX.2016 verstorbene Vorname1 A in Abt. I lfd. Nr. 2 des Grundbuchblattes eingetragen. Ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts Stadt1 - Nachlassgericht - vom 22.09.2017 ist Alleinerbin des Vorname1 A dessen Tochter Vorname2 A.

Zuvor waren die Eltern von Vorname1 A, die Eheleute Vorname3 und Vorname4 A, als Eigentümer zu jeweils 1/2 in Abt. I lfd. Nr. 1.1 und 1.2 des Grundbuchblattes eingetragen. Vorname3 A errichtete mit Datum vom 31.05.1999 ein notarielles Testament (UR-Nr. .../1999 des Notars E, Bl. 16 ff. d. A.). In diesem setzte er seine Ehefrau Vorname4 A zur alleinigen Erbin ein und ordnete Vor- und Nacherbschaft dergestalt an, dass seine Ehefrau Vorname4 A befreite Vorerbin ist, erster Nacherbe und damit zweiter, in gleicher Weise befreiter Vorerbe sein Sohn Vorname1 A und mit dessen Tode weiterer Nacherbe der Antragsteller zu 1). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 31.05.1999 (UR-Nr. .../1999 des Notars E, Bl. 16 ff. d. A.), verwiesen.

Nach dem Tod des Vorname3 A am XX.XX.1999 erteilte das Amtsgericht Stadt1 - Nachlassgericht - mit Datum vom 21.03.2000 einen entsprechenden Erbschein (Bl. 5/3 d. A.). In der Folge wurde Vorname3 A als Alleineigentümerin im Grundbuchblatt eingetragen. In Abt. II lfd. Nr. 2 wurde ein Nacherbenvermerk eingetragen, wonach Vorname3 A befreite Vorerbin ist, erster und damit zweiter, in gleicher Weise befreiter Vorerbe Vorname1 A und Nacherbe nach Vorname1 A der Antragsteller zu 1).

Vorname4 A und ihr Sohn Vorname1 A schlossen am 11.03.2000 einen Erbauseinandersetzungs- und Übergabevertrag mit Auflassung (UR-Nr. .../2000 G des Notars F, Bl. 6/1 d. A.). In diesem übertrug Vorname4 A ihrem Sohn ihren Miteigentumsanteil von 1/2 sowie den von ihrem Ehemann Vorname3 A ererbten Miteigentumsanteil von 1/2 an dem streitgegenständlichen Grundstück. Als Entgelt für die Übertragung gewährte Vorname1 A seiner Mutter ein lebenslängliches Altenteil, bestehend aus Wohnrecht und Pflegerecht. In § 4 Abs. 3 S. 3 des Übergabevertrages wird der Wert des Altenteils mit DM 800,- monatlich angegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 11.03.2000 (UR-Nr. .../2000 des Notars F, Bl. 6/1 ff. d. A.), verwiesen. Die Eintragung des Vorname1 A als Alleineigentümer erfolgte am 01.11.2000, die Eintragung des Altenteils für Vorname4 A in Abt. II lfd. Nr. 3 des Grundbuchblattes am 02.05.2000.

Vorname4 A verstarb am XX.XX.2008. Alleinerbe der Vorname4 A ist deren Sohn Vorname1 A (Erbschein des Amtsgerichts Stadt1 - Nachlassgericht - vom 11.12.2008, Bl. 9/4 d. A.), der seinerseits am XX.XX.2016 verstarb.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Stadt1 - Nachlassgericht - vom 21.11.2016 wurde der Erbschein nach Vorname3 A vom 21.03.2000 wegen Eintritt des Nacherbfalls als unrichtig eingezogen (Bl. 9/13 d. A.).

Auf den genauen Wortlaut und Inhalt der Eintragungsvermerke wird ergänzend Bezug genommen.

Mit notariellem Kaufvertrag mit Auflassung vom 30.11.2018 veräußerten Vorname2 A und der Antragsteller zu 1) das streitgegenständliche Grundstück an die Antragsteller zu 2) und zu 3) (UR-Nr. .../2018 des verfahrensbevollmächtigten Notars G, Bl. 12/1 ff. d. A.). In dem Kaufvertrag heißt es in § 1 unter Punkt 1.3. Grundbuchberichtigung:

Der derzeit eingetragene Eigentümer Vorname1 A ... wurde ... von seiner Tochter Vorname2 A ... allein beerbt ... . Der Beteiligte J ist Nacherbe nach Vorname3 A. ... Die unentgeltliche Übertragung des in den Nachlass des Miteigentümers Vorname3 A fallenden Miteigentumsanteils am Grundstück durch seine Witwe Vorname4 A ist gegenüber dem Beteiligten J gemäß § 2113 Abs. 2 BGB unwirksam. Mit Eintritt des Nacherbfalls ist der Beteiligte daher Miteigentümer des vertragsgegenständlichen Grundbesitzes geworden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Kaufvertrag vom 30.11.2018 verwiesen (UR-Nr. .../2018 des verfahrensbevollmächtigten Notars G, Bl. 12/1 ff. d. A.).

Mit Schriftsatz des verfahrensbevollmächtigten Notars G vom 08.02.2019 haben die Antragsteller Grundbuchberichtigung im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse am streitgegenständlichen Grundbesitz beantragt, zudem Eintragung einer Auflassungsvorm...

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