Leitsatz (amtlich)

Macht ein Gläubiger im Mahnverfahren gleichzeitig Zahlungsansprüche gegen einen Schuldner und einen Mithaftenden geltend und wurden nach Abgabe an das einheitlich zuständige Streitgericht dort aus durch den Kläger nicht veranlassten Gründen für jeden Beklagten gesendete Verfahren angelegt, die vor mündliche Verhandlung verbunden werden, so liegt nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit vor, die dem zweifachen Ansatz der Verfahrensgebühr entgegensteht.

 

Normenkette

RVG § 2 Abs. 2 S. 1 Anl 1 Nr. 3100, § 15 Abs. 2; ZPO § 104 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Beschluss vom 27.08.2008)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 1. Zivilkammer des LG Darmstadt vom 27.8.2008 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Aufgrund des rechtswirksamen Vergleichs des LG Darmstadt vom 23.6.2008 (1 O 440/07) sind von den Klägern als Gesamtschuldnern an Kosten 4.014,80 EUR (viertausendvierzehn 80/100 EUR) nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.6.2008 an die Beklagten zu erstatten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beschwerdegegner als Gesamtschuldner zu tragen.

Beschwerdewert: 1.359,80 EUR.

 

Gründe

I. Die Kläger haben die Beklagte zu 1) und den vormaligen Beklagten zu 2) vor dem Mahngericht als Gesamtschuldner auf Zahlung einer Hauptforderung von 26.996,21 EUR nebst Kosten von 1.336,26 EUR und rückständigen Zinsen von 20.611,05 EUR sowie laufenden Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Anspruch genommen. Hierüber haben die Kläger am 29.12.2004 Mahnbescheide beantragt, die das Mahngericht am 18.1.2005 erlassen hat, und zwar im Verfahren 04-1768100-2-1 gegen die Beklagte zu 1) und den Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner und im Verfahren 04-1768100-1-3 gegen den Beklagten zu 2) und die Beklagte zu 1) als Gesamtschuldner. Gegen die am 21.1.2005 zugestellten Mahnbescheide hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten am 28.1.2005 Teilwiderspruch wegen der Kosten und der Zinsen eingelegt. Die Beklagten haben die Hauptforderung am 4.2.2005 gezahlt. Die Abgabe beider Mahnverfahren an das LG Darmstadt ist am 25.10.2007 nach Eingang der Kosten erfolgt, die von dem Mahngericht nur einmal angefordert wurden.

Das LG hat die Verfahren 1 O 440/07 und 1 O 453/07 angelegt.

Die Klagebegründung im Verfahren 1 O 440/07 ist nach Aufforderung durch das LG vom 1.11.2007 am 12.12.2007 erfolgt; im Verfahren 1 O 453/07 war die Klagebegründung bereits ggü. dem Mahngericht mit Abgabeantrag völlig gleichlautend erfolgt. Die Kläger haben Teilerledigung hinsichtlich der Hauptforderung erklärt und den Anspruch auf Zinsen und Kosten streitig weiterverfolgt. Gegenstand der Hauptforderung waren bergrechtliche Entschädigungsansprüche der Kläger wegen Tonabbau durch die Kommanditgesellschaft gewesen. Die Beklagten haben sich in beiden Streitverfahren der Teilerledigungserklärung unter Protest gegen die Kosten angeschlossen durch Schriftsätze vom 20.11.2007 und 28.12.2007 und im Übrigen Abweisung der Klage beantragt. Durch Beschluss vom 1.2.2008 hat das LG die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit der Maßgabe verbunden, dass das Az. 1 O 440/07 führt. Durch Schriftsatz vom 21.3.2007 haben die Kläger eine subjektive Klageänderung auf neuen Beklagten zu 2) vorgenommen. Mit Schriftsatz vom 9.6.2008 haben sie die Klage teilweise zurückgenommen. Die Parteien haben im Termin vom 23.6.2008 einen Vergleich geschlossen, wonach die Beklagten als Gesamtschuldner 1000 EUR an die Kläger zahlen und die Kläger die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs als Gesamtschuldner übernehmen. Durch Streitwertbeschluss vom selben Tage hat das LG den Wert für Rechtsstreit und Vergleich auf 47.000 EUR festgesetzt. Hierauf haben die Parteien Rechtsmittelverzicht erklärt. Mit Kostenfestsetzungsanträgen vom 23.6.2008 haben die Beklagten u.a. beantragt, die Verfahrensgebühr aus 47.000 EUR zweimal festzusetzen. Dem hat das LG durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.8.2008 entsprochen und insgesamt 5.374,60 EUR zu Lasten der Kläger festgesetzt. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde den Klägern am 4.9.2008 zugestellt. Hiergegen wenden sie sich mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 17.9.2008 und rügen die zweimalige Festsetzung der Verfahrensgebühr als unzutreffend. Die Beklagten haben die Festsetzung verteidigt. Das LG hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 22.9.2008 nicht abgeholfen. II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO, 11 Abs. 1 Rechtspflegergesetz.

Sie ist auch begründet. Die Anmeldung und Festsetzung einer vollen Verfahrensgebühr nach VV 3100 RVG für die Tätigkeit des Beklagtenvertreters sowohl im Verfahren 1 O 440/07, als auch im Verfahren 1 O 453/07 widerspricht § 15 Abs. 2 RVG. Der Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Beklagten lag in beiden Fällen dieselbe Angelegenheit zugrunde. Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft, d...

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