Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 19.04.1988; Aktenzeichen 2/11 S 501/86)

AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 33 C 3026786-67)

 

Tenor

Ein Rechtsentscheid ergeht nicht.

 

Tatbestand

I.

Der alleinstehende Beklagte hat 1978 eine 145 qm große Wohnung in der in gemietet. Im Zeitpunkt der Klageerhebung waren die Kläger als damalige Miteigentümer zu je 1/2 Vermieter dieser Wohnung. Im Verlaufe dieses Rechtsstreits hat der Kläger zu 1) seinen Miteigentumsanteil seiner Ehefrau Übertragen.

Die Kläger haben das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs mit der Begründung gekündigt, der Kläger zu 1) habe sich von seiner Ehefrau getrennt und benötige die Wohnung nunmehr für diese; sie wolle die Wohnung mit ihrem derzeitigen Lebensgefährten bewohnen. Das Amtsgericht hat der Räumungsklage entsprochen, auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Dieses Urteil ist auf eine Verfassungsbeschwerde der Kläger hin vom Bundesverfassungsgericht (NJW 1988.1075 = DWW 1988.77 = WM 1988.46 = ZMR 1988.129) aufgehoben worden.

Das Landgericht möchte die Klage erneut abweisen. Es meint, mit der von ihm zu treffenden Entscheidung müsse es notwendigerweise entweder von der in dieser Sache ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder von dem zwei Tage nach dieser Entscheidung ergangenen Rechtsentscheid des BGH vom 20.1.1988 abweichen. Nach dem Rechtsentscheid des BGH reiche die Absicht des Vermieters, in der vermieteten Wohnung eine der in § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB genannten Personen wohnen zu lassen, nur dann aus, wenn er hierfür vernünftige Gründe habe. Dagegen wolle das Bundesverfassungsgericht den Mieter nur vor einer willkürlichen Kündigung schützen. Diese Ansicht des Bundesverfassungsgerichts halte das Landgericht für zu weitgehend, es möchte deshalb dem Rechtsentscheid des BGH folgen. Nach diesem Rechtsentscheid seien außerdem die einer Kündigung entgegenstehenden Interessen des Mieters ausschließlich auf dessen Widerspruch gegen die Kündigung nach § 556 a BGB zu berücksichtigen. Das Bundesverfassungsgericht verlange demgegenüber, daß die widerstreitenden Interessen konkret bereits im Rahmen des § 564 b BGB gegeneinander abgewogen würden. Auch dieser Ansicht möchte das Landgericht nicht folgen. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des BGH unterschieden sich aber noch in einem weiteren Punkt. Folge man dem Bundesverfassungsgericht, müsse der Mieter darlegen und beweisen, daß der Vermieter willkürlich handele; folge man dem BGH, treffe die Darlegungs- und Beweislast den Vermieter. Welche der beiden Ansichten richtig sei, müsse bereits jetzt geklärt werden, weil das Landgericht seiner sich aus § 139 ZPO ergebenden Hinweispflicht nur durch einen zutreffenden Hinweis nachkommen könne. Deshalb lege es dem Oberlandesgericht folgende Fragen zum Rechtsentscheid vor:

1) Verlangt eine auf Eigenbedarf gestützte Kündigung gemäß § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB. daß der Vermieter hierfür vernünftige Gründe angibt oder wird seine Kündigungsmöglichkeit durch Willkür begrenzt?

2) Sind die geltend gemachten Eigenbedarfsgründe durch das Gericht nachprüfbar oder sind dem Gericht entsprechende Nachforschungen versagt?

3) Trägt der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Eigenbedarfsgründen oder muß der Mieter dem Vermieter Willkür nachweisen?

4) Sind die einer auf Eigenbedarf gestützten Kündigung entgegenstehenden Interessen des Mieters bereits im Rahmen des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB zu prüfen oder erst auf Widerspruch des Mieters im Rahmen des § 556 a BGB?

Weil das Landgericht in dieser Sache dem Rechtsentscheid des BGH folgen wolle, habe es zu prüfen, ob die für den Eigenbedarf geltend gemachten Gründe „vernünftig” seien. Es betrachte die von den Klägern angeführten Eigenbedarfsgründe als „unvernünftig”. Unvernünftig sei es nämlich nicht nur, Eigenbedarf zu bejahen, wenn erst wegen finanzieller Fehlspekulation oder wegen eines Hausverkaufs ein Wohnbedarf entstehe oder das in Anspruch genommene Mietobjekt letztlich Spekulationszwecken dienen solle; vor allem aber sei es unvernünftig, in dem Wunsch, bei bestehender Ehe mit einem Lebensgefährten zusammenzuziehen, ein berechtigtes Kündigungsinteresse zu erblicken. Das Landgericht hält die Entscheidung dieser Frage für eine noch nicht entschiedene grundsätzliche Rechtsfrage und legt dem Senat deshalb auch noch die folgende Frage zur Entscheidung durch Rechtsentscheid vor:

5) Stellt es ein berechtigtes Interesse an der Aufhebung eines Mietverhältnisses im Sinne des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB dar, wenn der Vermieter (bzw. sein Ehepartner) bei bestehender, nicht geschiedener Ehe die Räume mit einem/einer neuen Lebensgefährten/Lebensgefährtin beziehen will?

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Erlaß eines Rechtsentscheids war abzulehnen, weil die Vorlage unzulässig ist.

1.) Nach Art. III Abs. 1 S. 1 1. Halbsatz 3. MietRÄndG hat das Landgericht einen Rechtsentscheid des übergeordneten Oberlandesgerichts einzuholen, wenn es von einer Entscheidung des Bundesg...

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