Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung des Nachlasspflegers bei fehlender Feststellung der berufsmäßigen Führung

 

Leitsatz (amtlich)

Der tatsächlich berufsmäßig tätige Nachlasspfleger, für den die berufsmäßige Führung der Nachlasspflegschaft aber nicht festgestellt ist, muss sich hinsichtlich der Vergütung so behandeln lassen, als sei er nicht berufsmäßig tätig. Bei der Bemessung der Vergütung können daher weder Kosten für den Unterhalt einer Anwaltskanzlei noch anfallende Umsatzsteuer berücksichtigt werden.

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Beschluss vom 11.06.2019)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert.

Dem Beteiligten zu 2 wird für seine Tätigkeit als Nachlasspfleger im Zeitraum vom 01.12.2017 bis 02.04.2019 eine Vergütung in Höhe von 880 EUR bewilligt. Der weitergehende Antrag des Beteiligten zu 2 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 2 ist seit 1978 Rechtsanwalt und seit 2007 Fachanwalt für Erbrecht. Seinen Angaben zufolge bearbeitet er seit 1979 Nachlasspflegschaften.

Am 27.02.2016 verstarb Herr A (im Folgenden: Erblasser). In der Folge kam es zwischen dem vom Erblasser mit einer Generalvollmacht ausgestatteten Herrn B und dem Beteiligten zu 1, dem Sohn des Erblassers, zum Streit, wer Erbe sei. Beide stellten Anträge jeweils auf Erteilung eines Erbscheins für sich als Alleinerbe. Der Streit wurde mit Beschluss des Senats vom 27.09.2018 (Bl. 594 ff. d.A.) zugunsten des Beteiligten zu 1 entschieden, woraufhin das Nachlassgericht dem Beteiligten zu 1 am 19.10.2018 einen Erbschein als Alleinerbe erteilte (Bl. 623 d.A.).

Der Erblasser hatte zuletzt eine Frau C als Pflegekraft beschäftigt. Herr B, der nach dem Tod des Erblassers aufgrund seiner Generalvollmacht faktisch den Nachlass verwaltete, kündigte das Arbeitsverhältnis mit Frau C zum 30.04.2016. Frau C erhielt demgemäß Gehaltszahlungen noch für März und April 2016 und aus einem nicht ersichtlichen Grund eine weitere Zahlung in Höhe des monatlichen Gehalts im Juni 2016. Noch eine weitere Zahlung an Frau C im September 2016 wurde rückerstattet.

Das Nachlassgericht ordnete mit Beschluss vom 28.02.2017 (Bl. 421 d.A.) gemäß § 1960 BGB Nachlasspflegschaft an mit dem Wirkungskreis "Sicherung und Verwaltung des Nachlasses" und dem Beteiligten zu 2 als Nachlasspfleger. Der Beschluss enthält keine Feststellung, dass der Beteiligte zu 2 die Pflegschaft berufsmäßig führt. Die Bestellung (Bl. 430 d.A.) mit Aushändigung der Bestellungsurkunde (Bl. 667 d.A.) erfolgte am 03.03.2017. Auch bei der Bestellung oder in der Bestellungsurkunde stellte das Nachlassgericht nicht fest, dass der Beteiligte zu 2 die Pflegschaft berufsmäßig führt.

Nach seiner Bestellung widerrief der Beteiligte zu 2 die Generalvollmacht des Herrn B.

Zum Nachlass gehörte auch ein Pkw Marke1. Mit "Rundschreiben" vom 28.06.2017 empfahl der Beteiligte zu 2 die Abmeldung des Pkw Marke1 zwecks Kostenersparnis, dazu benötige er aber die Einverständnisse des Beteiligten zu 1 und des Herrn B. Herr B stimmte der Abmeldung zu, der Beteiligte zu 1 lehnte sie ab. Er bevorzugte den Verkauf des Pkw Marke1, was wiederum Herr B ablehnte. Dabei spielte auch eine Rolle, dass Herr B der Ansicht war, in dem Fall, dass er Erbe wäre, müsse er den Pkw Marke1 als Vermächtnis herausgeben. Im Oktober 2017 war der Pkw Marke1 von einem Werkstattrückruf betroffen, der zu einem Werkstatttermin am 06.11.2017 führte. Schließlich wurde der Pkw Marke1 am 12.04.2018 abgemeldet. Während der gesamten Zeit bis zur Abmeldung fielen für das Fahrzeug Versicherungsbeiträge an.

Für den Zeitraum von seiner Bestellung bis zum 30.11.2017 hatte der Beteiligte zu 2 bereits Vergütung erhalten. Nachdem der Beteiligte zu 1 den Erbschein erhalten hatte, erstellte der Beteiligte zu 2 mit Schriftsatz vom 13.11.2018 ein Nachlassverzeichnis und rechnete die Nachlasspflegschaft ab. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz nebst Anlagen verwiesen (Bl. 632 ff. d.A.).

In dem Schriftsatz enthalten ist ein Vergütungsantrag, mit dem der Beteiligte zu 2 für die Zeit ab dem 01.12.2017 einen Zeitaufwand von 22 Stunden bei einem Stundensatz von 150 EUR nebst 19 % Mehrwertsteuer, insgesamt 3.927 EUR, abrechnet.

Das Nachlassgericht übermittelte dem Beteiligten zu 1 das Schreiben mit dem Antrag "zur Stellungnahme" zu dem Antrag und mit einer Entlastungserklärung, die er unterschreiben solle, wenn er mit der Rechnungslegung einverstanden sei (Bl. 675 d.A.).

Mit Schreiben vom 04.12.2018 (Bl. 679 ff. d.A.), auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, erhob der Beteiligte zu 1 eine Reihe von als "Fragen" deklarierter Vorwürfe gegen die Amtsführung des Beteiligten zu 2. Das Nachlassgericht übermittelte mit Verfügung vom 21.12.2018 (Bl. 682 d.A.) das Schreiben dem Beteiligten zu 2 "zur [...] Stellungnahme". Der Beteiligte zu 2 verteidigte sich mit Schriftsatz vom 28.01.2019 (Bl. 686 ff. d.A.), auf den wegen der Einzelheiten verwiese...

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