Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.03.1993; Aktenzeichen 18 Js 57130/92-933 OWi)

 

Tenor

Das Urteil wird aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde und die der Betroffenen insoweit entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Frankfurt am Main zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat gegen die Betroffene wegen leichtfertiger Mietpreisüberhöhung gemäß § 5 Abs. 1 WiStrG eine Geldbuße von DM 4.000,00 festgesetzt und die Abführung des gezogenen Mehrerlöses in Höhe von DM 6.515,61 gemäß § 8 WiStrG an die Staatskasse angeordnet.

Hiergegen richten sich die form- und fristgerecht eingelegte und ebenso begründete Rechtsbeschwerde der Betroffenen sowie die zugunsten der Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde der Amtsanwaltschaft.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zulässigen Rechtsbeschwerden haben in der Sache Erfolg, da die sowohl von der Betroffenen als auch von der Amtsanwaltschaft geltend gemachte Rüge der Verletzung materiellen Rechts durchgreift. Ein Eingehen auf die erhobenen Verfahrensrügen ist deshalb entbehrlich.

Die vom Amtsgericht bisher getroffenen Feststellungen vermögen eine Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 5 WiStrG nicht zu tragen. Danach ist die Betroffene seit dem 19.02.1986 Eigentümerin einer im dritten Stock des Hauses Höllbergstraße 33 in Frankfurt gelegenen Wohnung. Der Kaufpreis betrug DM 305.000,00 den die Betroffene mit einem Zinssatz von 6,5 % voll finanziert hat. Das Haus wurde 1951 erbaut und liegt in einer ruhigen Wohngegend im Stadtteil Eschersheim in der Nähe der U-Bahn. Die Wohnung weist eine Wohnfläche von 129,59 m² auf und besteht aus sechs Zimmern, Küche, Flur, Bad, seperatem WC, Abstellraum und einem 1,2 m² großen Balkon. Von Sommer 1990 bis Januar 1991 ließ die Betroffene die Wohnung mit einem Aufwand von DM 64.000,00 renovieren. Es wurden u. a. die Elektroleitungen erneuert, die Wohnräume und der Flur mit Parkett versehen, Bad und WC wurden gefließt und mit neuen Sanitärobjekten ausgestattet sowie die Eingangstür erneuert und mit Sprechanlage und elektrischen Türöffner ausgerüstet. Mit Mietvertrag vom 20.01.1991 vermietete die Betroffene die Wohneinheit an das Ehepaar … zu einem Nettomietpreis von DM 2.500,00 pro Monat.

Das Amtsgericht ist zu der Überzeugung gelangt, daß die Betroffene für die Vermietung der Wohnung ein unangemessen hohes Entgelt i.S.d. § 5 Abs. 1 WiStrG gefordert und angenommen hat. Es hat für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten allein den Mietspiegel 1990 für die Stadt Frankfurt am Main sowie dessen Fortschreibung zugrunde gelegt und ist so für die Zeit vom 01.02.1991 bis zum 31.12.1991 zu einer ortsüblichen Nettomiete von DM 1.341,25 und für die Zeit vom 01.01.1992 bis zum 28.02.1993 von DM 1.612,09 gelangt. Danach habe die Überhöhung für 1991 86,39 %, ab dem 01.01.1992 55,07 % betragen. Als kostendeckende Miete hat das Amtsgericht DM 2.500,00 zugrunde gelegt.

Die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete als Basis für die Berechnung der Mietpreisüberhöhung allein anhand des Mietspiegels 1990 für die Stadt Frankfurt und dessen Fortschreibung ist rechtsfehlerhaft.

Die Mietwerttabelle ist als antizipiertes Sachverständigengutachten zu behandeln, das in seinen Feststellungen demnach nicht unmittelbar verbindlich ist. Der Tatrichter hat sich zwar ausführlich und sachkundig mit der Kritik an der dem Mietspiegel zugrundliegenden additiven Regressionsanalyse auseinandergesetzt, ohne jedoch die wesentlichen Grundprinzipien dieser statistischen Methode im einzelnen darzulegen. Auch wenn sich der Tatrichter dem Gutachten eines Sachverständigen anschließt, müssen die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und die daraus resultierenden Folgerungen des Sachverständigen insoweit angegeben werden, als es zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung der gedanklichen Schlüssigkeit erforderlich ist (vgl. BGHSt 12, 312). Da diese Angaben den Urteilsgründen nicht zu entnehmen sind, vermag das Rechtsbeschwerdegericht nicht zu beurteilen, ob die Annahme des Tatrichters, des mittels Regressionsanalyse erstellte Mietspiegel sei für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete verwertbar, frei von Rechtsfehlern ist.

Jedenfalls aber kann die Ermittlung einer Mietpreisüberhöhung nicht allein auf den Mietspiegel 1990 und dessen Fortschreibung gestützt werden. Der Tatrichter kann zwar grundsätzlich im Rahmen des § 77 Abs. 1 OWiG das in einem Mietspiegel enthaltene Zahlenmaterial heranziehen und als Richtwerte berücksichtigen, wenn er von der Zuverlässigkeit der ermittelten Zahlen überzeugt ist. Im Hinblick auf den geltenden Amtsermittlungsgrundsatz hat er die Wohnung jedoch nicht schematisch anhand der Wohnwertmerkmale in eine bestimmte Kategorie einzuordnen, sondern muß die Vergleichsmiete unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls feststellen (vgl. Kammergericht Berlin, Beschluß vom 28.10.1991, 5 Ws (B) 100/91). So fällt hier ins Gewicht, daß d...

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