Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 18.06.2004)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.6.2004 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - abgeän-dert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.973 EUR zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 58 % und die Beklagte zu 42 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Berufung ist, soweit sie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2005 weiterverfolgt hat, begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten aufgrund der bei ihr bestehenden Teilkaskoversicherung eine Diebstahlsentschädigung verlangen.

1. In der Kaskoversicherung genügt zum Nachweis des Versicherungsfalls der Beweis des äußeren Bildes einer bedingungsgemäßen Entwendung. Diesen Beweis kann der Versicherungsnehmer auch durch eigene Angaben führen, wenn ihm - wie hier - kein Zeuge zur Verfügung steht. Das äußere Bild hat der Kläger durch seine Schilderung des Diebstahlgeschehens in der Verhandlung nachgewiesen. Glaubhaft hat er bekundet, er habe den bei der Beklagten versicherten Kia Rio am 4.8.2002, einem Sonntag, vor seiner Wohnung abgestellt. Danach sei er noch einmal mit seinem Firmenwagen, einem Ford, unterwegs gewesen. Bei seiner Rückkehr habe der Kia noch vor dem Haus gestanden. Er habe sich dann in seine Wohnung begeben. Etwa ein bis eineinhalb Stunden später habe er den Bausatz einer Kommode, der sich noch in dem Kia befunden habe, hereinholen wollen, um ihn zusammenzusetzen. Dabei habe er feststellen müssen, dass das Kfz nicht mehr an Ort und Stelle gestanden habe. Ernsthafte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers hegt der Senat nicht. Dem steht nicht entgegen, dass er in der Schadenanzeige vom 13.9.2002 den Kaufpreis für den Kia mit 32.000 DM (statt 24.900 DM) angegeben und die Mitbenutzung des Kfz durch Dritte verneint hat, obwohl er es, wie er in der Verhandlung offenbart hat, zeitweise seiner geschiedenen Ehefrau überlassen hat, damit sie seine Tochter fahren konnte. Nicht jede Unregelmäßigkeit darf nämlich dazu führen, dem Versicherungsnehmer, dessen Redlichkeit vermutet wird, die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Dabei ist hier zu berücksichtigen, dass bei der Angabe des Kaufpreises ein Irrtum nicht ganz fern liegt, da im Kreditvertrag, an dem der Kläger sich orientiert haben will, tatsächlich ein finanzierter Kaufpreis von 32.000 DM angegeben ist. Ebenso wenig misst der Senat der Erklärung zur Mitbenutzung des Kfz weitere Bedeutung zu, weil Versicherungsnehmer ihre Ehepartner oftmals nicht als Dritten im Sinne der Fragestellung ("Wer benutzte das Fahrzeug außer Ihnen?") ansehen.

2. Die mit dem Beweis des äußeren Bildes verbundenen Beweiserleichterungen sind dem Versicherungsnehmer allerdings zu versagen, wenn eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für die Vortäuschung des Kfz-Diebstahls besteht. Dafür fehlen im Streitfall jedoch - vom Versicherer zu beweisende - zureichende Anhaltspunkte. Daraus, dass von den Originalschlüsseln irgendwann einmal, unbekannt von wem, Kopien angefertigt wurden, lässt sich noch nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit schließen, der Versicherungsnehmer habe die Entwendung nur fingiert (BGH v. 23.10.1996 - IV ZR 159/95, VersR 1997, 55). Insofern besteht zwar die Besonderheit, dass beide Originalschlüssel Kopierspuren aufweisen. Das rechtfertigt jedoch noch nicht die Annahme, der Kläger selbst habe Nachschlüssel anfertigen lassen, um sie einem Dritten, an den er den Pkw heimlich verkauft hat, zu überlassen. Denn dazu hätte es vollauf genügt, wenn nur von einem der beiden Originalschlüssel Duplikate gefertigt worden wären. Weitere Indizien, die zusammen mit den festgestellten Kopierspuren mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf die Vortäuschung hindeuten, sieht der Senat nicht. Dass die Wegfahrsperre, mit der der Kia ausgestattet war, Dieben unüberwindliche Schwierigkeiten bereitet, ist nicht feststellbar, zumal im Rahmen des Möglichen liegt, dass das Kfz mit einem Abschleppfahrzeug abtransportiert worden ist. Schließlich kommt auch der Tatsache, dass der Fahrzeugschein im Pkw zurückgeblieben war, kein entscheidendes Gewicht zu, weil es sich dabei um eine verbreitete Unsitte handelt, die auch im Zusammenwirken mit den übrigen Umständen hier nicht darauf hindeutet, dass der Kläger das Kfz in Wahrheit einem Aufkäufer übergeben hat.

3. Die Beklagte ist nicht wegen der unzutreffenden Angaben des Kaufpreises des Kia Rio wegen einer Obliegenheitsverletzung leistungsfrei. Eine Aufklärungsobliegenheit, die der Versicherungsnehmer durch unzutreffende Beantwortung der Formularfrage verletzen könnte, besteht nicht mehr, wenn der Versicherer bei Eingang der Erklärung bereits positive Kenntnis von den erfragten Umständen hat (Römer in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., § 6 Rz. 20). Davon ist aber im Streitfall zugunsten des Klägers auszugehen, weil der Sachbearbeiter der Beklagten, der Zeuge Käuler, bei seiner Vernehmung auch anhand ...

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