Verfahrensgang

LG Kleve (Urteil vom 16.12.2003; Aktenzeichen 3 O 198/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin und die Berufung des Beklagten zu 5) wird das am 16.12.2003 verkündete Schlussurteil der 3. Zivilkammer des LG Kleve - Einzelrichter - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der jeweils weiter gehenden Rechtsmittel wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten zu 2-5) werden verurteilt, als Gesamtschuldner neben den Beklagten zu 1) und 6) an die Klägerin 4.000 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.7.2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten zu 2-5) als Gesamtschuldner und die Klägerin jeweils zu 50 %.

Die Kosten der ersten Instanz werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 33 %, die Beklagten zu 1-6) als Gesamtschuldner zu 50 % und die Beklagten 1) und 6) als Gesamtschuldner zu weiteren 17 %.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2-5) zu 50 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 1-6) als Gesamtschuldner zu 50 %, die Beklagten zu 1) und zu 6) als Gesamtschuldner zu weiteren 15 %. Eine Kostenerstattung im Übrigen findet nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten zu 2-5), die Beklagten zu 2-5) diejenige der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Für die Beklagten zu 2-5) wird die Revision zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen einer zu ihrem Nachteil in den frühen Morgenstunden des 25.11.2000 begangenen Vergewaltigung in Anspruch. Für das Parteivorbringen und die in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Schlussurteils des LG vom 16.12.2003 Bezug genommen.

Durch Teil-Versäumnisurteil vom 12.11.2003 sind die Beklagten zu 1) und 6) als Gesamtschuldner rechtskräftig zur Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 8.000 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 18.7./19.7.2003 verurteilt worden.

Durch Schlussurteil vom 16.12.2003 hat das LG der Klage gegen den Beklagten zu 5) stattgegeben, in Bezug auf die Beklagten zu 2-4) jedoch abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LG ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass der Tathergang sich so zugetragen habe, wie dies im rechtskräftigen Urteil der 1. Strafkammer des LG Kleve vom 6.12.2002 (LG Kleve, Urt. v. 6.12.2002 - 1 Kls 63/01, 8 Js 259/01 StA KLeve) festgestellt worden sei. Jedenfalls seien die Beklagten den Feststellungen nicht substantiiert entgegengetreten.

Auf der Grundlage dieses Sachverhaltes habe die Klägerin ggü. dem Beklagten zu 5) nach §§ 830 Abs. 2, 847 Abs. 2. BGB i.V.m. §§ 26, 177 StGB einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld i.H.v. 8.000 Euro. Denn der Beklagte zu 5) habe in Kenntnis der Tatsache, dass die Klägerin gegen ihren Willen in dem Fahrzeug festgehalten wurde und in der Erwartung, dass sich ihr ggü. in sexueller Hinsicht noch etwas tun werde, durch seine Äußerungen die Bereitschaft zur Durchführung sexueller Handlungen ggü. der Klägerin gefördert. Der Beklagte zu 5) sei damit als Anstifter nach § 830 Abs. 2 BGB verantwortlich, auch wenn er keine Person gezielt zum Tätigwerden aufgefordert habe. Für die Anstiftung reiche es aus, wenn sich die Aufforderung an eine noch nicht bestimmte Person aus einem individuell begrenzten Personenkreis richte.

Im Hinblick auf die Beklagten zu 2-4) sei die Klage unbegründet, weil nur von einer unterlassenen Hilfeleistung i.S.v. § 323c StGB ausgegangen werden könne und die Norm kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB sei.

Gegen dieses Urteil des LG richten sich die Berufungen der Klägerin und des Beklagten zu 5). Während die Klägerin auch die Verurteilung der Beklagten zu 2-4) anstrebt, verfolgt der Beklagte zu 5) seinen Antrag auf Klageabweisung im Berufungsverfahren weiter.

Die Klägerin ist der Ansicht, das LG habe zu Unrecht verneint, dass § 323c StGB ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB sei. Denn das Gebot der Hilfeleistung in Unglücksfällen diene nicht nur dem Schutz der Allgemeinheit sondern auch den Interessen des Einzelnen. Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB vor, weil die unterlassene Hilfeleistung aufgrund der besonderen weiteren Umstände einen Sittenverstoß darstelle.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Kleve vom 16.12.2003 die Beklagten zu 2), 3) und 4) gesamtschuldnerisch neben den Beklagten zu 1), 5) und 6) zu verurteilen, an sie 8.000 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.7.2003 zu zahlen; die Berufung des Beklagten zu 5) zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 5) beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die gegen ihn gerichtete Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 2-4) b...

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