Leitsatz (amtlich)

1. Die Hilfsansprüche des § 87c HGB werden gegenstandslos und können nicht mehr durchgesetzt werden, wenn die Provisionsansprüche, die sie vorbereiten sollen, verjährt sind.

2. Der Vertreter kann Auskunft über verjährte Provisionsansprüche nicht mit der Begründung verlangen, er benötige die Auskunft zur Vorbereitung seines Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB.

3. Die isolierte Geltendmachung eines Hilfsanspruchs aus § 87c HGB hemmt nicht die Verjährung des Hauptanspruches.

4. Eine Stufenklage, mit welcher in letzter Stufe die Zahlung eines Ausgleichsanspruchs gemäß § 89b HGB begehrt wird, hemmt nicht die Verjährung von Provisionsansprüchen.

 

Normenkette

HGB §§ 87c, 88 a.F.; BGB § 195 n.F.

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Entscheidung vom 20.09.2011; Aktenzeichen 3 O 511/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20. September 2011 verkündete Teilurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27. Oktober 2011 abgeändert, soweit es der auf Auskunft gerichteten Hilfswiderklage stattgegeben hat, und insoweit wie folgt neu gefasst:

Die Hilfswiderklage der Beklagten, die Klägerin zu verurteilen, ihnen Auskunft zu erteilen über die von ihnen in den Jahren 2002 bis 2007 verdienten Provisionen, wird (auch in der Auslegung des vorgenannten Antrages durch das Landgericht) abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I.

Die Beklagten zu 1 und 2 betrieben als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Beklagte zu 3) auf der Grundlage der Vereinbarung vom 24.08.1982 (Anl. K1, Bl. 30 ff. GA) für die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin vom 24.08.1982 bis 2007 ein Versicherungsbüro mit Inkasso- sowie Schadensregulierungsvollmacht.

Zumindest seit etwa 1995 haben die Beklagten die aufgrund ihrer Inkassovollmacht eingezogenen Versicherungsbeiträge nicht, wie in Ziffer 9. des Vertrags vorgesehen, periodisch, d.h. spätestens im Abstand von jeweils 2 Monaten abgerechnet und an die Klägerin (unter Berücksichtigung der ihnen zustehenden Provisionen sowie der geleisteten Schadensaufwendungen) abgeführt; stattdessen hat die Klägerin den Beklagten nach ihrer eigenen Information periodische Aufstellungen über fällige Versicherungsbeiträge und Provisionen übermittelt. Die Beklagten haben sodann einzelne Korrekturen vorgenommen und die mit den Korrekturen versehenen Aufstellungen an die Klägerin zurückgereicht und an die Klägerin à-conto-Zahlungen ohne nähere Zahlungsbestimmung geleistet, welche diese nach Maßgabe der § 366 Abs. 2 BGB verrechnet und das Ergebnis den Beklagten mitgeteilt hat.

Am 10.03.2005 kam es zu einem Gespräch u.a. zwischen einer Mitarbeiterin der Klägerin und der Beklagten zu 1, in welchem man sich dahin einigte, dass die Klägerin die Beklagten bei der Abrechnung der Jahre ab 2001 unterstützt. Die Klägerin ermittelte in ihrer Abrechnung vom 4.9.2006 einen Agentursaldo zu ihren Gunsten von 100.578,71 € (Anl. K7, Bl. 50 GA).

Zwischen Anfang September und Ende November 2006 fanden weitere Gespräche zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 statt, davon eines am 13.11.2006. Im Zuge dieses persönlichen Gesprächs fertigte die Mitarbeiterin der Klägerin T... eine von der Beklagten zu 1 unterschriebene handschriftliche Niederschrift, wonach sich die Parteien auf einen Gesamtsaldo von - mit 7% p.a. zu verzinsenden - 90.000 € geeinigt haben, dessen Rückzahlung in 48 Monatsraten zu 1.875 € erfolgen sollte. Weiter sollte ein Notartermin vereinbart werden zur Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses. Obgleich mehrere Termine anberaumt wurden, zuletzt am 08.03.2007, kam es zu keinem Notartermin; eine Zahlung wurde nicht geleistet.

Mit Schreiben vom 09.03.2007, bei den Beklagten eingegangen am 12.03.2007, hat die Klägerin das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos gekündigt. Mit bei der Klägerin am 12.03.2008 eingegangenen Schreiben vom 11.03.2008 haben die Beklagten einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB geltend gemacht.

Die Klägerin hat im Hinblick auf die Vereinbarung vom 13.11.2006 Zahlung von 75.548,66 € begehrt und die Ansicht vertreten, bei der am 13.11.2006 verfassten Vereinbarung handele es sich um ein Schuldanerkenntnis des bestehenden Saldos. Die Beklage zu 1 sei vertretungsberechtigt gewesen. In mehreren Telefongesprächen seit März 2005 habe die Beklagte zu 1 erklärt, ihr Mann könne aus gesundheitlichen Gründen die Agentur nicht mehr weiterführen, weshalb sie in dessen Vertretung und in Vertretung der gemeinsamen GbR handele. Die notarielle Beurkundung habe lediglich Formsache sein sollen. Darüber hinaus sei ihr Hauptanspruch aus den vorgelegten Abrechnungen begründet. Sie, die Klägerin, habe nicht verfristet gekündigt, da der Schuldsaldo erst 2006 festgestanden habe. Sie habe zunächst von einer Kündigung abgesehen, da die Geschäftsbeziehungen gut gewesen seien und sie auf Besserung gehofft habe. Mit der Weigerung, den aus ihrer Inkassotätigkeit herrührenden Schuldsaldo zu...

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