Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 27.09.2005)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.04.2008; Aktenzeichen II ZR 264/06)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.9.2005 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Wegen des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszuge wird auf die tatsächlichen Feststellungen, wegen der zur Verurteilung der Beklagten führenden Erwägungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung greifen die Beklagten ihre Verurteilung in vollem Umfang an. Insbesondere machen sie geltend:

Eine Durchgriffshaftung zu Lasten von GmbH-Gesellschaftern müsse auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben.

Eine solche Haftung unter dem Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs scheide im Streitfall schon deshalb aus, weil es an einer Entnahme aus dem Vermögen der Schuldnerin durch sie (die Beklagten) fehle. Auch die Belastung der Schuldnerin mit Verbindlichkeiten könne einem Vermögensentzug nicht gleichgestellt werden, da das Stammkapital als eigentliches Haftungssubstrat hiervon unberührt ge-blieben und es auch nicht zu einer Vermischung mit anderen Vermögenssphären gekommen sei. Entgegen der Auffassung des LG könne hier noch nicht einmal von einer Fehlleistung des Managements ausgegangen werden, und auch die Annahme einer Gefährdung des Vermögens der Schuldnerin durch das LG begegne Bedenken, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt die Entwicklung der K.-KG nicht absehbar gewesen sei.

Was den Gesichtspunkt der Unterkapitalisierung anbelange, sei es eine vereinzelt gebliebene und von der Rechtsprechung zutreffend abgelehnte Auffassung, auf diesen könne eine Durchgriffshaftung auch dann gestützt werden, wenn es nicht zu einer Vermischung von Vermögensinteressen gekommen sei; zu Recht wende die Rechtsprechung in derartigen Fällen lediglich § 826 BGB, dessen Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben seien, an. Im Übrigen bereite die Bestimmung einer sog. qualifizierten materiellen Unterkapitalisierung erhebliche Schwierigkeiten, und nach den gängigen Definitionen habe es hier an einer solchen gefehlt. Immerhin sei die Schuldnerin als Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (im Folgenden: BQG) über mehrere Monate am Markt aktiv gewesen und habe in dieser Zeit überlebt.

Schließlich stehe der Annahme einer Durchgriffshaftung im Streitfall entgegen, dass es gar nicht um den Schutz gutgläubiger Gläubiger, die mit einer werbenden GmbH in Kontakt getreten und Verträge geschlossen hätten, gehe, da die Schuldnerin als nicht unternehmerisch tätige BQG bereits in der Krise des Hauptunternehmens gegründet worden und zu diesem Zeitpunkt allen Beteiligten, namentlich den Arbeitnehmern der Schuldnerin, bekannt und bewusst gewesen sei, dass deren Gründung und ihr Tätigwerden am Markt äußerst problematisch wären; allen Beteiligten sei eine zutreffende Risikoabschätzung möglich gewesen, diese habe sich geradezu aufgedrängt.

Die Beklagten beantragen sinngemäß, unter Abänderung des Urteils des LG Düsseldorf vom 27.9.2005 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und greift hierzu sein erstinstanzliches Vorbringen vertiefend auf.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften beider Rechtszüge und die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Gründen zu B. Bezug genommen.

B. Das zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das LG dem Kläger gegen die Beklagten einen Anspruch auf Begleichung der gegen die Schuldnerin gerichteten Insolvenzforderungen zuerkannt. Diese Durchgriffshaftung folgt daraus, dass die Gesellschafter einer BQG in der Form einer GmbH die Fähigkeit dieser Gesellschaft zur Erbringung der Remanenzkosten sicherzustellen haben und die Beklagten dies versäumten.

1. Bei der Bestimmung der Haftungsgrundlage im Einzelnen kann die nach wie vor ungeklärte Frage auf sich beruhen, inwieweit die von der Rechtsprechung nunmehr entwickelte Durchgriffshaftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs auf die Haftung wegen qualifizierter materieller Unterkapitalisierung zurückwirkt (dazu: Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 18. Aufl. 2006, § 13 Rz. 16 A.E.; Goette ZIP 2005, 1481/1487; Philipp/Weber DB 2006, S. 142 ff.). Denn die Besonderheit einer BQG bewirkt, dass es bei ihr nicht in erster Linie auf die Frage des notwendigen Umfangs haftenden Eigenkapitals - in welcher Form auch immer - ankommt.

Nach den eigenen D...

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