Leitsatz (amtlich)

1. Werden der Anspruch auf Werklohn und auf Leistung einer Sicherheit gem. § 648a BGB (in der seit 1.1.2009 geltenden Fassung) im Wege der Anspruchshäufung (§ 260 ZPO) geltend gemacht, ist ein Teilurteil (§ 301 ZPO) unzulässig, wenn die Entscheidung über den dem Teilurteil zugrunde liegenden Teil des Streitgegenstandes (Anspruch auf Sicherheit) präjudizielle Vorfragen umfasst, die auch Gegenstand des beim LG verbliebenen Teil des Rechtsstreits (Anspruch auf Werklohn) sind.

2. Es ist in diesem Fall zu prüfen, ob es einen einem Sicherheitsverlangen gem. § 648a BGB zugänglichen (Mindest-)Anteil des Werklohns gem. § 631 BGB bzw. der Vergütung gem. § 649 BGB gibt, der sich ohne die Gefahr eines Widerspruchs - auch im Instanzenzug - begründen lässt.

3. Dem prozessual zwingenden Erfordernis einer Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussentscheidung - auch im Instanzenzug - kann der Werkunternehmer nicht mit Erfolg den Schutzzweck des § 648a BGB entgegenhalten.

4. Eine Prozesstrennung hinsichtlich der Ansprüche aus § 648a BGB und § 631 BGB (bzw. § 649 BGB) ist gem. § 148 Abs. 1 ZPO nach Ermessen des Gerichts möglich.

5. Wird ein vor dem 1.1.2009 geschlossener Architektenvertrag über Leistungsphasen 1-4 nach dem 1.1.2009 hinsichtlich der Leistungsphasen 5-8 durch einen "Ergänzungsauftrag" unter Bezugnahme auf die Bedingungen des "Hauptauftrages" erweitert, ist davon auszugehen, dass der Parteiwille nicht dahinging, diese Vertragsänderung/-erweiterung als neuen Vertrag anzusehen und darauf Gesetzesänderungen ab dem 1.1.2009 anwenden zu wollen.

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Urteil vom 11.08.2010; Aktenzeichen 120 KLs 20/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Kleve vom 11.8.2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Kleve zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung von Resthonorar für Architektenleistungen für deren Bauvorhaben in E sowie Stellung einer Sicherheit gem. §§ 648a, 232 BGB. Wegen weiterer Einzelheiten wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat dem Anspruch auf Stellung einer Sicherheit gem. §§ 648a, 232 BGB durch Teilurteil entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Bei diesem Anspruch handele es sich um einen selbständigen, entscheidungsreifen Teil von mehreren mit der Klage geltend gemachten Ansprüchen, so dass ein Teilurteil zulässig sei. § 648a BGB in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung sei gem. Art. 229 § 19 EGBGB auf den am 10.2.2009 geschlossenen Vertrag als neues Schuldverhältnis anzuwenden. Daran ändere nichts, dass es sich nach der Überschrift um einen Ergänzungsvertrag (über Leistungsphasen 5-8) zum Vertrag vom 26.9.2008 (über Leistungsphasen 1-4) handele. Der Anspruch sei in Höhe des vereinbarten Pauschalhonorars begründet, da unstreitige oder rechtskräftig festgestellte Gegenansprüche der Beklagten nicht beständen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, zu deren Begründung sie unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vorträgt:

Das Teilurteil sei unzulässig, da die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bestehe. Die - bislang unsubstantiiert vorgetragenen - Ansprüche des Klägers seien sowohl als Grundlage für das Sicherheitsverlangen als auch für einen etwaigen vom LG noch nicht entschiedenen Zahlungsanspruch entscheidungserheblich.

§ 648a BGB in der seit 1.1.2009 geltenden Fassung sei auf das bereits seit dem 26.9.2008 bestehende Vertragsverhältnis der Parteien nicht anwendbar. Das LG habe bei der Differenzierung nach Leistungsphasen übersehen, dass der Kläger ausweislich seiner Schlussrechnung vom 21.4.2010 (Anlage A 7) Sicherheit auch für Honoraransprüche für die Leistungsphasen 1-4 i.H.v. 111.500,43 EUR zzgl. Mwst. verlange. Der Sachvortrag des Klägers zu dem Sicherheitsverlangen sei zudem unsubstantiiert bzw. widersprüchlich. Das LG sei im Wege unzulässiger Auslegung davon ausgegangen, dass sich das Sicherheitsverlangen auf das ursprünglich vereinbarte Pauschalhonorar gemäß Ergänzungsvertrag vom 10.2.2009 stütze, das dem Kläger indes nach der Kündigung des Architektenvertrages nicht mehr zustehe und von ihm auch nicht mehr geltend gemacht werde. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch i.H.v. 66.671,11 netto für erbrachte und 6.112,97 EUR für nicht erbrachte Leistungen sei bislang als etwaige Grundlage für ein Sicherheitsverlangen nicht nachvollziehbar dargelegt. Jedenfalls sei insoweit das geltend gemachte Sicherheitsverlangen i.H.v. 195.000 EUR um mehr als 100 % und damit unverhältnismäßig überhöht. Da sie - die Beklagte - die Höhe eines angemessenen Sicherheitsverlangens mangels Vorliegens einer prüfbaren Schlussrechnung allenfalls mit unzumutbarem Aufwand hätte ermitteln können, wie auch die diesbezügliche Beauftragung des Sachverstä...

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