Leitsatz (amtlich)

1. Der Wohnvorteil ist bei der Bemessung des Bedarfs des Berechtigten in Höhe einer ersparten Miete anzusetzen, die nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen angemessen ist. Angemessen ist vielfach eine ersparte Miete in Höhe von 1/3 der zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Mittel.

2. Soweit der Verpflichtete die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten und die Annuitäten der vom Berechtigten bewohnten Immobilie trägt, sind sie bei der Berechnung seines Einkommens abzusetzen. Zahlungen des Verpflichteten auf die verbrauchsabhängigen Kosten sind vom geschuldeten Unterhalt abzuziehen.

3. Konsumkredite sind nicht bei der Bedarfsbemessung, sondern nur im Rahmen der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.

4. Die Unterhaltsbemessung darf nicht dazu fuhren, daß der Berechtigte durch Erwerbseinkommen und den zu zahlenden Unterhalt über höhere Einkünfte verfugt, als dem Verpflichteten nach Zahlung anzuerkennender Schulden und des errechneten, Unterhalts verbleiben würden. Dies gilt auch dann, wenn das Einkommen des Berechtigten um den Erwerbstätigenbonus zu kürzen, der Verpflichtete aber über Renteneinkommen verfugt.

 

Normenkette

BGB § 1361

 

Verfahrensgang

AG Mettmann (Urteil vom 28.11.1995; Aktenzeichen 45 F 222/95)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.04.1998; Aktenzeichen XII ZR 161/96)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das Urteil des Amtsgerichts – Familiengerichts – Mettmann vom 28. November 1995 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgende Unterhaltsbeträge zu zahlen:

für September 1994 bis einschließlich Dezember 1994 monatlich 300 DM,

für Januar 1995 bis einschließlich Dezember 1995 monatlich 150 DM,

für Januar bis März 1996 monatlich 28 DM,

ab April 1996 monatlich 655 DM.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 55 %, der Beklagte 45 % der Kosten erster Instanz. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten und des Unterhalts bis März 1996 durch Sicherheitsleistung von 3.800 DM und wegen des Unterhalts ab April 1996 in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können durch selbstschuldnerische Bank- oder Sparkassenbürgschaft erbracht werden.

 

Tatbestand

Die Parteien – beide 59 Jahre alt – sind seit 1957 verheiratet und leben seit Juli 1994 getrennt.

Die Klägerin beansprucht Trennungsunterhalt ab September 1994.

Der Beklagte befindet sich seit 1990 im Vorruhestand und bezieht Versorgungsbezüge. Außerdem erhielt er Geringverdienerbezüge bis Ende 1994. Die Klägerin ist teilzeitbeschäftigt. Sie bewohnt seit der Trennung allein die gemeinschaftliche Eigentumswohnung. Der Beklagte zahlt die laufenden Annuitäten von monatlich 526,04 DM für diese Immobilie. Außerdem zahlte er bis einschließlich März 1996 die nach der Hausgeldabrechnung auf die Wohnung entfallenden Kosten, weiterhin bis einschließlich Dezember 1995 die monatliche Grundsteuer von 34 DM sowie bis Ende 1994 monatlich 92 DM Strom, 23,80 DM Rundfunkgebühren und 56 DM Fahrtkosten für die Klägerin.

Den Parteien gehörte ein Schrebergarten, den der Beklagte am 22. Juli 1994 für 32.000 DM verkaufte (Bl. 22). Mit diesem Geld löste er im August 1994 gemeinschaftliche Schulden der Parteien ab.

Die Klägerin hat ab September 1994 Trennungsunterhalt von monatlich 877,10 DM verlangt, ab Juli 1995 monatlich 697,01 DM, sowie ab Januar 1996 monatlich 1.103,84 DM.

Das Amtsgericht hat bis einschließlich Juni 1995 insgesamt 2.057,64 DM zugesprochen sowie laufenden monatlichen Unterhalt ab Juni 1995 in Höhe von 593,25 DM und ab Januar 1996 in Höhe von 1.103,84 DM.

Das Amtsgericht hat den Unterhaltsbedarf der Klägerin im Wege der Additionsmethode errechnet. Es hat den eheprägenden Gesamtbedarf der Parteien in der Weise ermittelt, daß es die ungekürzten Versorgungsbezüge des Beklagten (sowie bis einschließlich Dezember 1994 zusätzlich 6/7 seines bereinigten Aushilfseinkommens) und 6/7 des Erwerbseinkommens der Klägerin sowie den Wohnvorteil addiert und davon 50 % als Bedarf der Klägerin festgestellt hat. Den Wohnvorteil hat es ermittelt, indem es den objektiven Wohnwert von 1.414 DM um die Annuitäten gekürzt hat. Zur Errechnung des Trennungsunterhalts hat es sodann auf den Unterhaltsbedarf 6/7 der Erwerbseinkünfte der Klägerin angerechnet sowie den Wohnvorteil, den es auf 1/3 des Bedarfs der Klägerin bemessen hat. Von dem verbleibenden Rest hat es bis Ende 1995 Hausgeld und Grundsteuer abgezogen sowie – bis einschließlich Dezember 1994 – die vom Beklagten zusätzlich gezahlten Beträge. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten,

der unter teilweiser Abänderun...

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