Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 4 O 268/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29.03.2018 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg abgeändert und die Klage abgewiesen.

Auf die Widerklage wird festgestellt, dass die Beklagte gemeinsam mit Herrn F ... in Erbengemeinschaft Erbin geworden ist nach dem am 18.09.2014 in E verstorbenen ... H ...

Der Kläger wird verurteilt, der aus der Beklagten und F bestehenden Erbengemeinschaft Auskunft über den Bestand der Erbschaft nach dem am 18.09.2014 in E verstorbenen ... H ... und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände durch Vorlage eines Verzeichnisses zu erteilen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Die Kosten des Streithelfers trägt dieser selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt vorbehalten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

 

Gründe

I. H (im Folgenden: Erblasser) war bis zu seinem Tod verheiratet mit Frau R. H (im Folgenden: Ehefrau). Mit notarieller Urkunde vom 31.10.1972 schlossen der Erblasser und seine Ehefrau einen Erbvertrag, mit dem sie sich "gegenseitig, und zwar der Erstversterbende den Überlebenden von uns, zum alleinigen Erben" einsetzten.

Mit notarieller Urkunde vom 26.10.1999 (Bl. 183 ff. d.A.) schlossen der Erblasser und seine Ehefrau einen weiteren Erbvertrag, in dem es auszugsweise wie folgt heißt:

"I. Vorsorglich widerrufen wir hiermit alle von uns gemeinschaftlich oder allein errichteten Verfügungen von Todes wegen ihrem gesamten Inhalt und Umfang nach, insbesondere den am 31. Oktober 1972 (...) errichteten Erbvertrag.

II. Wir setzen uns hiermit gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden, zum alleinigen, freien und unbeschränkten Erben ein, gleichviel, ob und welche Pflichtteilsberechtigte beim Todes des Erstversterbenden von uns vorhanden sein sollten.

III. Der Längstlebende von uns setzt zu seinen Erben ein, gleichviel, ob und welche Pflichtteilsberechtigte bei seinem Tode vorhanden sein sollten,

S (...)

T (...),

untereinander zu gleichen Teilen (...)

V. (...) Wir nehmen alles Vorstehende gegenseitig an.

Wir sind von dem Notar auf die bindende Wirkung eines Erbvertrages hingewiesen worden. Keiner von uns behält sich das einseitige Recht zum Rücktritt von diesem Vertrag vor.

Alle vorstehenden Regelungen entfallen ersatzlos, wenn unsere Ehe aufgelöst oder geschieden wird oder einer von uns den Antrag auf Scheidung stellt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der andere Ehepartner der Scheidung zustimmt oder nicht. (...)"

Im August 2011 stellte der Erblasser einen Antrag auf Ehescheidung bei dem Familiengericht, den er im Jahr 2012 zurücknahm.

Unter dem 27.12.2012 erteilte der Erblasser der Beklagten eine notarielle "General- und Vorsorgevollmacht" (Bl. 10 ff. d.A.).

Mit notarieller Urkunde vom 18.06.2013 errichtete der Erblasser ein Testament (Bl. 44 ff. d.A.), mit dem er die Beklagte sowie seinen Sohn aus einer früheren Ehe, den Streithelfer F, zu gleichen Teilen als Erben einsetzte und verschiedene Grundstücksvermächtnisse aussetzte. Danach sollte eines seiner Grundstücke, das Objekt M Straße 20 in E, der Beklagten vermacht werden. In dem Testament findet sich eine Bezugnahme auf die Erbverträge aus den Jahren 1972 und 1999 sowie die Erklärung, er - der Erblasser - sei der Auffassung, aufgrund seines zwischenzeitlich zurückgenommenen Scheidungsantrags seien beide Erbverträge unwirksam. Der Notar habe ihn aber darauf hingewiesen, "dass durch die Unwirksamkeit des späteren Erbvertrages auch der darin enthaltenen Widerruf des früheren Erbvertrages unwirksam sein kann, jedoch haben wir seinerzeit diese Erbverträge als Einheit betrachtet und daher gehe ich davon aus, dass ich nunmehr wiederum frei verfügen kann".

Der Erblasser verstarb am 18.09.2014.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.10.2014 (Bl. 14 f. d.A.) erklärte die Ehefrau des Erblassers, die sich als "Alleinerbin" des Erblassers bezeichnete, gegenüber der Beklagten den Widerruf sämtlicher ihr von dem Erblasser erteilten Vollmachten. Die Beklagte wies das unter Hinweis auf das Testament vom 18.06.2013 zurück.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 21.10.2014 verkaufte die Beklagte unter Vorlage der Generalvollmacht des Erblassers das zu dessen Nachlass gehörende Grundstück M Straße 20 in E zu einem Preis von 350.000,00 Euro. Am nächsten Tag beantragte sie die Erteilung eines Erbscheins. Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.10.2014 forderte die Beklagte die Ehefrau des Erblassers unter Fristsetzung bis zum 11.11.2014 auf, das der Ehefrau in dem Testament des Erblassers vom 18.06.2013 zugedachte Vermächtnis (Grundstück I) anzunehmen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.11.2014 (Bl. 52 f. d.A.) erklärte die Ehefrau, das Vermächtnis anzunehmen, und ma...

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