Leitsatz (amtlich)

1. Im Bereich von Bau- bzw. Arbeitsstellen jedweder Art (insbesondere bei der Ausführung von Arbeiten des Bereichs Garten-/Landschaftsbau bzw. -pflege am Rand einer Straße bzw. Brücke) gelten die allgemeinen Regeln der Verkehrssicherungspflichten dahingehend, dass der Werkunternehmer primär verkehrssicherungspflichtig ist. Solange der Werkunternehmer die tatsächliche Herrschaft über das Werkgeschehen und über die Bau- bzw. Arbeitsstelle hat, muss er die Werkarbeiten (d.h. hier die garten-/landschaftspflegerischen Arbeiten) so durchführen und die Bau-bzw. Arbeitsstelle mit zumutbaren Mitteln so sichern, dass objektiv vorhersehbare Gefahren von Dritten ferngehalten werden, so - nur beispielhaft - durch Vorsorge gegen Beschädigungen des Eigentums Dritter durch hohen Staubanfall bzw. sonstige Emissionen, insbesondere auch von Feststoffen.

2. Es ist vom Unternehmer dafür Sorge zu tragen, dass Passanten bzw. Fahrzeuge zu Arbeiten mit einem sog. Freischneider einen Abstand von 15 Metern einhalten und dementsprechend ist ggf. eine zeitweise Sperrung der Straße (ggf. mit entsprechender ordnungsbehördlicher Erlaubnis) zu veranlassen oder - alternativ - für eine ausreichende Abschirmung des die Freischneidearbeiten passierenden Personen- und Fahrzeugverkehrs (z.B. durch eine roll- bzw. verschiebbare Schutzplane etc.) Sorge zu tragen.

3. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Arbeiten mit dem Freischneider nicht um einen statischen, sondern um einen dynamischen Vorgang handelt, bei dem sich sowohl der Bediener als auch das Gerät in ständiger Bewegung befinden, so dass es keine einheitliche "Schussrichtung" für aufgewirbelte Steine geben kann.

4. Bei streitigen Umständen von Steinschlag durch einen motorbetriebenen Freischneider (mit Faden bzw. Messer) können dem Geschädigten zum Anspruchsgrund die Darlegungs-/Beweiserleichterungen des Indizienbeweis und des Anscheinsbeweises zugute kommen.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 16 O 58/16)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 16. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 21.11.2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Dieses Urteil und das erstinstanzliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung

vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatz in Höhe von 6.175,80 EUR (primär Zahlung an sich bzw. hilfsweise an die Leasinggeberin) sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 650,34 EUR - jeweils nebst Zinsen - wegen einer Beschädigung des von ihr geleasten Fahrzeugs (Baujahr 2012, km-Stand ca. 48.000) durch Freischneidearbeiten der Beklagten auf einer Eisenbahnbrücke in D. vom 19.03.2015 geltend. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nach Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin (61 ff. GA), Vernehmung der Zeugin B. (dessen Ehefrau, 63 ff. GA) jeweils im Beisein des Sachverständigen M. sowie mündliches Gutachten des Sachverständigen M. (65 ff. GA) nebst schriftlichen Anlagen (AB), Hinweisen (84/135 ff./138 GA), vergeblichen Vergleichsbemühungen (139 GA), Vernehmung der Zeugen L. (166 ff. GA, der die streitgegenständlichen Freischneidearbeiten ausgeführt hat) und K. (170 ff. GA, Arbeitskollege des Zeugen L.vor Ort) in Höhe von 5.825,80 EUR nebst Zinsen unter Klageabweisung im Übrigen entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin habe gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht der Leasinggeberin einen Anspruch auf Zahlung von 5.825,80 EUR nach § 823 BGB.

Die Beklagte habe durch die von ihr ausgeführten Reinigungsarbeiten im öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahrenquelle für die Nutzer des H.-Weg geschaffen. Sie sei daher als ausführendes Unternehmen auch dafür verantwortlich, ausreichende Sicherheitsmaßnahmen für die vorbeifahrenden PKW einzurichten. Der durch die Pylone vorgegebene Sicherheitsabstand habe offensichtlich nicht genügt, um Beschädigungen zu vermeiden. Denn das Gericht sei aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass das Fahrzeug durch die Arbeiten der Beklagten beschädigt worden sei. Das Gericht stütze sich bei dieser Würdigung auf die Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin sowie die Aussage seiner Ehefrau. Deren Angaben würden durch das Gutachten des Sachverständigen M. gestützt (vgl. zur Beweiswürdigung im Einzelnen Seite 4 ff. des Urteils). Die Überzeugung des Gerichts werde auch nicht durch die Aussagen der Zeugen L. und K. erschüttert (vgl. zur Beweiswürdigung im Einzelnen Seite 7 ff. des Urteils).

Der im Beweisbeschluss vom 27.04.2017 vorgesehenen Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens habe es vor diesem Hintergrund nicht bedurft. Die Beauftragung des Sachverständigen hätte nur dann Sinn gemacht, wenn das Gericht - wie nicht - davon überzeugt wäre, dass die Mitarbeiter der Beklagten den Freischneider durchgehend in einer bestimm...

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