Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweislast des Versicherungsnehmers für die behauptete Ermäßigung der Erstprämie

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beruft sich der Versicherungsnehmer darauf, dass sich die Erstprämie nach § 40 Abs. 2 S. 2 VVG auf eine angemessene Geschäftsgebühr ermäßigt habe, weil die nicht fristgerechte Geltendmachung der Erstprämie als Rücktritt gelte, so muss der Versicherungsnehmer, der sich zur Begründung seiner nicht fristgerechten Zahlung auf deren verspätete Weiterleitung durch den Makler beruft, das Fehlen der vom Versicherer behaupteten Inkassovollmacht des Maklers beweisen.

2. Entgegen § 40 Abs. 2 S. 1 VVG gebührt dem Versicherer die Prämie bis zur Beendigung des Versicherungsjahres, das zum Zeitpunkt seiner Kündigung nach § 39 Abs. 3 VVG läuft, dann nicht, wenn er in dem vorangegangenen Versicherungsjahr unter qualifizierter Mahnung eine Zahlungsfrist gesetzt und danach die fristlose Kündigung rechtsmissbräuchlich bis in das Folgejahr hinausgezögert hat.

 

Normenkette

VVG § 38 Abs. 1 S. 2, §§ 39, 40 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 336/99)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.4.2000 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer – Einzelrichter – des LG Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.861,10 DM nebst 4 % Zinsen aus 10.149,84 DM für die Zeit vom 8.6.1998 bis zum 13.7.1999 und aus 20.861,10 DM seit dem 14.7.1999 sowie 10 DM vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 57 % und die Beklagte zu 43 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien hat ab 1.8.1997 eine – durch die Sch.V. GmbH vermittelte – gewerbliche Transport-, Reise- und Warenlagerversicherung für Juweliere (Valorenversicherung) mit einer Versicherungssumme von 1,5 Mio. DM bestanden (GA 61), für die die Beklagte vierteljährlich eine Versicherungsprämie i.H.v. 6.953.70 DM zu entrichten hatte.

Die Erstprämie zahlte die Beklagte am 6.11.1997 an den Versicherungsmakler, der den Betrag – nach Abzug der vereinbarten Provision – am 11.12.1997 an die Klägerin weiterleitete. Weitere Prämienzahlungen leistete die Beklagte nicht.

Mit Schreiben vom 22.5. (GA 28) und 7.8.1998 (GA 57) mahnte die Klägerin die ausstehenden Prämien nach § 39 Abs. 1 VVG an und setzte der Beklagten jeweils eine Zahlungsfrist von 2 Wochen.

Mit Schreiben vom 23.9.1998 ersuchte die Beklagte die Klägerin, die Versicherungssumme rückwirkend zum 1.8.1997 auf 400.000 DM herabzusetzen, weil ihre Geschäftsentwicklung rückläufig gewesen sei (GA 56). Nach telefonischen Verhandlungen erklärte sich die Klägerin ggü. dem Versicherungsmakler S. mit Schreiben vom 9.10.1998 (GA 55) grundsätzlich damit einverstanden, die Versicherungssumme wunschgemäß – allerdings erst ab dem. 1.8.1998 – zu reduzieren und die Quartalsprämien ab demselben Zeitpunkt auf 1.948,30 DM zu ermäßigen. Zugleich bat sie um den Nachweis eines von der Beklagten erteilten Maklerauftrags. Darauf kamen in der Folgezeit weder die Beklagte noch der Makler S. zurück.

Mit Schreiben vom 13.11.1998 kündigte die Klägerin den Versicherungsvertrag nach § 39 Abs. 3 VVG fristlos (GA 54).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stünden noch die Prämien für den Zeitraum vom 1.11.1997 bis zum 1.8.1999 zu, da der Prämienanspruch vom Ausspruch der fristlosen Kündigung unberührt bleibe und eine Ermäßigung der Versicherungssumme oder der -prämie zu keinem Zeitpunkt wirksam vereinbart worden sei.

Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 48.675,90 DM nebst 7 % Zinsen aus 20.861,10 DM seit dem 4.8.1997 und aus 27.815,40 DM seit dem 4.8.1998 sowie 10 DM vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht: Der Klägerin stehe allenfalls eine – mit der Erstprämie zu verrechnende Geschäftsgebühr nach § 40 Abs. 2 S. 2 VVG zu, weil wegen der verspäteten Weiterleitung der Prämie durch die – von der Klägerin nicht zum Inkasso bevollmächtigte – Sch.V. GmbH die Rücktrittsfunktion des § 38 Abs. 1 S. 2 VVG eingreife. Davon abgesehen habe sie – die Beklagte – schon durch Schreiben vom 16.4.1998, das der Klägerin entgegen deren Behauptung zugegangen sei, um eine Halbierung der Versicherungssumme nachgesucht (GA 29).

Durch Urteil vom 11.4.2000 hat das LG der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte könne sich nicht auf die Rücktrittsfiktion des § 38 Abs. 1 S. 2 VVG berufen, weil das Versicherungsverhältnis einvernehmlich fortgeführt worden sei. Ebenso wenig sei es zu einer Herabsetzung der Versicherungssumme nach § 51 VVG gekommen, da die Beklagte nicht nachgewiesen habe, dass eine Überversicherung bestanden habe.

Dagegen wendet sich die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens mit der Berufung.

Sie beantragt, das angefoch...

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