Leitsatz (amtlich)

Ein Zessionar darf Tatumstände des Schuldverhältnisses, die Gegenstand von Handlungen und Wahrnehmungen des Zedenten waren, regelmäßig nicht mit Nichtwissen bestreiten.

 

Normenkette

BGB § 398; ZPO § 138 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 10 O 430/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das am 9.5.2001 verkündete Schlussurteil der 10. Zivilkammer des LG Duisburg – Einzelrichter – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird unter Abweisung der weiter gehenden Klage verurteilt, an die Klägerin über den durch Teilanerkenntnisurteil desselben Gerichts vom 28.3.2001 zugesprochenen Betrag hinaus weitere 685,03 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 4.959,97 Euro seit dem 9.6.2000 zu zahlen.

Die Kostens des ersten Rechtszuges werden der Klägerin zu 36 % und der Beklagten zu 64 % auferlegt; die Kosten des zweiten Rechtszuges tragen die Klägerin zu 83 % und die Beklagte zu 17 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Das Rechtsmittel der Beklagten, mit welchem sie ihre Verurteilung zur Zahlung weiterer 7.741,26 DM (nebst Zinsen aus 16.102,31 DM) bekämpft, hat überwiegend Erfolg.

Zu den drei im Berufungsrechtszug noch umstrittenen Komplexen hinsichtlich der Vergütung der vermieteten Siebanlage gilt im Einzelnen das Folgende:

I. Versicherungsprämie (705,79 Euro [1.380,40 DM] incl. MwSt)

Im Wesentlichen ohne Erfolg bleibt die Berufung der Beklagten insoweit, als sie sich weigert, neben dem Tagesmietzins die Kasko-Versicherungsprämie (40,60 DM/Tag incl. MwSt) zu zahlen.

1. Für den unumstrittenen Zeitraum von 33 Nutzungstagen ist die Beklagte in Höhe eines Betrages von 1.339,80 DM (685,03 Euro) zu Recht verurteilt worden. Die Zahlungsverpflichtung ergibt sich aus § 535 S. 2 BGB a.F. (also in der bis zum 31.8.2001 geltenden Gesetzesfassung) i.V.m. der Vereinbarung im Mietvertrag vom 25.2.2000.

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, ihr Mitarbeiter K. sei zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen (hier: Unterzeichnung des Mietvertrags) nicht bevollmächtigt gewesen. Dieses Defizit kann zu Gunsten der Beklagten als richtig unterstellt werden, so dass es einer Aufklärung dieser umstrittenen Frage nicht bedarf. Die Beklagte ist nämlich auch dann an die in Rede stehende Vereinbarung über die Versicherungsprämie gebunden, wenn Herr K. bei Vertragsunterzeichnung vollmachtlos gewesen sein sollte. Die Beklagte hat den Vertrag in der hier zu beurteilenden Fassung spätestens am 29.2.2000 genehmigt, so dass der bis dahin (möglicherweise) nur schwebend unwirksame Vertrag voll wirksam geworden ist, § 177 Abs. 1 BGB. Der Beklagten ist nämlich der von K. unterzeichnete Vertrag spätestens am Abend des 25.2.2000, bekannt geworden. In der Folgezeit war es zwischen ihr und der Vertreterin der Vermieterin (Zedentin) zu Verhandlungen über den Maschinenzustand gekommen. Mit Schreiben vom 29.2.2000 hatte die Beklagte sodann einen schriftlichen Bericht dazu gegeben, ohne in diesem Zusammenhang mit einem Wort zu erwähnen, dass die am 25.2.2000 schriftlich festgehaltenen Vertragsbedingungen mangels Vollmacht ihres Mitarbeiters K. nicht akzeptiert werden. Aus der maßgeblichen Sicht ihres Vertragspartners (§§ 133, 157 BGB) hatte sie damit die schriftlichen Vertragsbedingungen akzeptiert.

b) Die Beklagte schuldet aber für den 29.2.2000 aus den gleichen Gründen, aus denen sie keine Miete schuldet, keine Versicherungsprämie. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die nachfolgenden Ausführungen (Nr. II) Bezug genommen.

II. Tagesmiete 29.2.2000 (385,51 Euro [754 DM] incl. MwSt)

Die Beklagte schuldet an diesem Tag keine Miete. Sie ist auf null gemindert, weil die Siebanlage fehlerbedingt nicht betriebsfähig gewesen ist (§ 537 Abs. 1 BGB a.F.). Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten, zu dem sich die Klägerin mit Nichtwissen erklärt hat, ist gem. § 138 Abs. 3, 4 ZPO als zugestanden zu behandeln, weshalb eine weitere Aufklärung nicht erforderlich ist.

Gemäß § 138 Abs. 4 ZPO ist es einer Partei nicht gestattet, sich über Tatsachen mit Nichtwissen zu erklären, die Gegenstand eigener Handlung oder Wahrnehmung gewesen sind. Die höchstrichterliche Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat, legt diese Bestimmung erweiternd dahin aus, dass ein solches prozessuales Verhalten auch dann nicht gestattet ist, wenn es um Tatsachen geht, die Gegenstand von Handlungen und Wahrnehmungen des gesetzlichen Vertreters (BGHR ZPO § 138 Abs. 4 Erkundigungspflicht) oder solcher Personen (auch außerhalb des eigenen Wirkungsbereichs) gewesen sind, die unter der Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung der Partei tätig geworden sind (BGH v. 10.7.1986 – III ZR 19/85, MDR 1987, 125 = NJW 1986, 3199 [3201]; BGHR ZPO § 138 Abs. 4 Erkundigungspflicht 1; v. 15.11.1989 – VIII ZR 46/89, MDR 1990, 333 = BGHZ 109, 205 [208 ff.] = MDR 1990, 333; v. 10.10.1994 – II ZR 95/93, MDR 1995, 275 = NJW 1995, 130 [131] = MDR 1995, 275; v. 7.10.1998 – VIII...

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