Leitsatz (amtlich)

Zur Anwendbarkeit des § 85 SGB IX und des AGG auf den GmbH-Geschäftsführer unter Berücksichtigung der Richtlinie 78/200/EG.

 

Normenkette

SGB IX § 85

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Entscheidung vom 14.02.2012; Aktenzeichen 35 O 121/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14. Februar 2012 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte hat dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung im Anstellungsverhältnis erstreckt.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 145.000,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Februar 2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 35 % und die Beklagte zu 65 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das zwischen ihm und der Beklagten im Jahre 2006 begründete Anstellungsverhältnis durch die seitens der Beklagten unter dem 01. Dezember 2009 ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen des Geschäftsführer-Dienstverhältnisses (Anlage K 13) oder eines etwaigen Arbeitsverhältnisses (Anlage K 14) nicht aufgelöst worden ist, sondern über den 31. März 2010 hinaus fortbesteht, die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses sowie hilfsweise Zahlung der für den Fall der fristgemäßen Kündigung durch die Beklagte vor Ablauf der Vertragslaufzeit vertraglich vereinbarten Abfindung.

Der am 30. Dezember 1962 geborene Kläger ist mit Wirkung zum 01. Januar 2007 zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt worden. Die im Jahre 2005 gegründete Beklagte, die aufgrund des Beschlusses ihrer Gesellschafterversammlung vom 10. Dezember 2010 nunmehr als A-GmbH firmiert (Bd. II, Bl. 425 = Anlage K 27), und ihre alleinige Gesellschafterin, die A-GmbH & Co. KG, gehören zur A-Gruppe. Unternehmensgegenstand der Beklagten, die ca. 1.000 Mitarbeiter beschäftigt, ist der Vertrieb von Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation in Shops bzw. Filialen. Die A-Gruppe vertreibt ihre Produkte und Dienstleistungen darüber hinaus unter Nutzung anderer Vertriebskanäle wie etwa Internet, Fachhandel, Telefonmarketing, Partnershops oder Discounter.

Der Verantwortungsbereich des Klägers umfasste nach § 1.1 des Geschäftsführer-Dienstvertrages vom 01. März 2009 (Anlage K 2), der den ursprünglich geschlossenen Anstellungsvertrag vom 26. April 2006 sowie zwei Ergänzungsvereinbarungen abgelöst hatte, "insbesondere die strategische, organisatorische und operative Ausrichtung der Gesellschaft". Nach § 2.1 dieses Vertrages hatte der Kläger seine Aufgaben als Geschäftsführer "unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns in Übereinstimmung mit dem Gesetz, den Regelungen dieses Vertrages, der Satzung der Gesellschaft sowie den allgemeinen und besonderen Anweisungen und Anordnungen der Gesellschafterversammlung" zu erfüllen.

Gemäß § 6 des Geschäftsführer-Dienstvertrages hatte der Kläger "direkt an den CEO des Gesellschafters oder einen von der Gesellschafterversammlung zu bestimmenden Vertreter der Gesellschafterversammlung" zu berichten.

Zusätzlich zu seinem festen Jahresgehalt in Höhe von € 193.333,34 erhielt der Kläger einen variablen Vergütungsbestandteil, der von der Erreichung bestimmter Ziele abhängig war (Bonus), und in § 7.1 und 7.2 des Vertrages näher definiert worden ist. § 8 des Geschäftsführer-Dienstvertrages sah vor, dass die Beklagte zugunsten des Klägers eine Kranken-, eine Unfall- und eine Lebensversicherung abschließt. Nach § 9.1 des Geschäftsführer-Dienstvertrages konnte der Kläger "zusätzlich zu den Leistungen seiner Unfall- und Krankenversicherung für eine Zeit von sechs Monaten, jedoch nicht länger als für die Dauer dieses Vertrages, eine Summe beanspruchen, die zusammen mit der von Dritten zu beanspruchenden Summe dem letzten Nettobetrag seines festen monatlichen Bruttogrundgehalts entspricht", falls er seine vertraglichen Verpflichtungen aufgrund einer Erkrankung, Arbeitsunfähigkeit oder aus anderen nicht von ihm verschuldeten Gründen nicht erfüllen kann.

Neben Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (§ 9.3) sah der Vertrag unter § 9.2 im Falle des Todes des Klägers eine Weiterzahlung des monatlichen Bruttogehalts an die Ehefrau oder Kinder für die Dauer von drei Monaten, längstens jedoch bis zu dem in § 13.1 vorgesehenen Beendigungszeitpunkt vor.

§ 13 des Geschäftsführer-Dienstvertrages lautet (auszugsweise):

"13.1 Dieser befristete Vertrag tritt mit Unterzeichnung in Kraft und endet am 31. Dezember 2012, ohne dass es einer Kündigung b...

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