Leitsatz (amtlich)

1. Die Verbrauchereigenschaft des Käufers eines Pkw entfällt nicht deswegen, weil sich der Käufer im Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrags unbewusst an einem Schneeballsystem beteiligt hat, dessen Ziel es war, die finanzierende Bank zu überhöhten Darlehenszahlungen zu bewegen.

2. In einer derartigen Fallgestaltung sind weder Kauf- noch der hiermit verbundene Darlehensvertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig.

 

Normenkette

BGB §§ 13, 138, 312d, 355, 495

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen 5 O 68/08)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.10.2008 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Wuppertal wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob der mit der Beklagten geschlossene Fahrzeugfinanzierungsvertrag nach Verbraucherschutzvorschriften rückabzuwickeln ist.

Die Fa. Z.-S., Inhaber J. S., bewarb u.a. im Internet und durch an Fahrzeugen angebrachte Werbeschilder Kfz-Finanzierungen von Neuwagen im Wege des sog. Car-Sponsoring mit folgendem Konzept: Kunden bestellen bei dem Autohandel SC., Inhaber F. Sch., bzw. bei E. O. Cars GmbH ein Neufahrzeug, zahlen einmalig - auf Wunsch finanzierbare - 600 EUR an Z-S., die ihrerseits für 12 bis 15 Monate von den monatlichen Kreditraten der bei einer Bank aufzunehmenden Finanzierung max. 400 EUR dem Kunden erstattet, der im Gegenzug an seinem Fahrzeug Werbung anzubringen hat; nach Ablauf des Sponsoring-Zeitraums wird der Restfinanzierungsbetrag ohne weitere Kosten für den Kunden von Z.-S. bei der jeweiligen finanzierenden Bank durch Verkauf des Fahrzeugs abgelöst.

Der 1966 geborene Kläger, der als Polizeibeamter tätig ist, (vgl. Anl. B 2, Bl. 123 GA), schloss mit Z.-S. im Mai/August 2006 sowohl "einen Vertrag über die Vermittlung eines Pkw-Neuwagens, welcher sich durch kommerzielle Werbung für 12 - 15 Monate selbst trägt" sowie eine Vereinbarung, in welcher sich der Kläger verpflichtete, an Z.-S. eine Vermittlungsprovision von 600 EUR zu zahlen; zugleich bat der Kläger hierin um Finanzierung dieses Betrags (Anlagen K 5 und K 8). Der Kläger bestellte am 20.6.2006 bei SC. einen Neuwagen Typ VW Touran 1,9 TDI zum Kaufpreis von 27.761 EUR (Anl. K 6). In der schriftlichen Bestellung wird darauf hingewiesen, dass das Fahrzeug aus einem EU-Import stammt, eine Kurzzulassung haben kann und es finanziert wird, wobei die Auslieferung nach Zahlung durch die Bank erfolgt. Am 25.06./10.7.2006 schlossen der Kläger und die Beklagte einen von SC. vermittelten Darlehensvertrag zur Finanzierung eines VW Touran 1,9 TDI zum "Kaufpreis (lt. Rechnung)" von 27.761 EUR (vgl. Anl. K 7), der monatliche Ratenzahlungen von 439,11 EUR vorsah. SC. verfügte bei der Beklagten über einen sog. webKIM (Kalkulations- und Informationsmanager), einen Online-Händlerzugang, über welchen SC. Geschäfte mit der Beklagten online abwickeln konnte. Der Nennbetrag des Darlehens betrug 28.511,12 EUR und setzte sich aus dem genannten Kaufpreis und der mitfinanzierten Versicherung zusammen; vor Abschluss des Darlehensvertrages füllte der Kläger eine Selbstauskunft zur Finanzierung aus. Den Kaufpreis zahlte die Beklagte vereinbarungsgemäß an SC.

Der Kläger leistete an die Beklagte 18 Raten von jeweils 439,11 EUR, insgesamt mithin 7.903,98 EUR; sodann stellte er die Zahlungen an die Beklagte ein. Der Kläger seinerseits erhielt von Z.-S. 7 Zahlungen à 400 EUR, insgesamt mithin 2.800 EUR. S. meldete im Mai 2007 für Z.-S. Insolvenz an.

Mit Anwaltsschreiben vom 3.1.2008 (Anl. K 9, Bl. 75 GA) ließ der Kläger gegenüber SC. den Widerruf des Kaufvertrages erklären, den er auch der Beklagten anzeigte, und hilfsweise den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Die von dem Kläger ggü. der Beklagten begehrte Rückabwicklung lehnte diese ab.

Am 18.1.2008 widerrief der Kläger persönlich ggü. der Beklagten die ihr zu-vor erteilte Einzugsermächtigung und gab an, die noch ausstehenden Zahlungen zeitgerecht zu erbringen (Bl. 141 GA).

In seiner der Beklagten am 28.3.2008 zugestellten Klageschrift vom 19.2.2008 ließ der Kläger die Anfechtung des Kreditvertrages nach § 123 BGB, mit Schriftsatz vom 14.5.2008 (Bl. 166 GA) hilfsweise den Widerruf des Darlehensvertrags erklä-ren.

Der Kläger hat vorgetragen, bis zur Übernahme des ihm gelieferten Fahrzeuges habe er weder mit Z.-S. noch SC. noch der Beklagten persönlichen Kontakt gehabt, weswegen es sich um Fernabsatzverträge gehandelt habe.

Die Beklagte hat u.a. hilfsweise mit sich ihrer Ansicht nach aus nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 265b, 284 StGB, § 826 BGB ergebenden Schadensersatzan-sprüchen aufgerechnet und auf Zahlung von 1.317,33 EUR (Raten für Februar bis A...

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