Leitsatz (amtlich)

1. Der Rechtsanwalt ist nicht gehindert, sich durch Aufrechnung mit Honoraransprüchen aus nicht zweckgebundenen Fremdgeldern zu befriedigen.

2. Zur Umrechnung von Reichs- und Goldmarkforderungen in EUR.

3. Der Gegenstandswert der Löschung von nicht mehr valutierten Grundpfandrechten ist mit 20 % des Nominalwerts anzusetzen.

4. Zur ordnungsgemäßen Beratung des Mandanten gehört der Hinweis des Rechtsanwalts auf geringere notarielle Gebühren, wenn er den Mandanten in der "notariellen" Angelegenheit nicht sonst anwaltlich zu vertreten hat.

5. Die Verjährung des anwaltlichen Gebührenanspruchs aus einer Tätigkeit in einem Teilungsversteigerungsverfahren beginnt mit der Hinterlegung des Versteigerungserlöses durch das Versteigerungsgericht.

6. Zur Vergleichsrechnung nach § 13 Abs. 3 BRAGO a.F. (= § 15 Abs. 3 RVG)

 

Normenkette

BGB §§ 675, 667, 387, 280; BRAGO a.F. § 13 Abs. 3 (RVG § 15 Abs. 3)

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 01.08.2008; Aktenzeichen 2 O 235/04)

 

Tenor

Auf die Berufungen beider Parteien wird das am 1.8.2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Duisburg - Einzelrichterin - unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 599,84 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.7.2004 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 66 % und der Beklagte zu 34 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 60 % und der Beklagte zu 40 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten mit der Klage zum einen die weitergehende Auszahlung eines zu ihren Gunsten von dem Beklagten eingezogenen Versteigerungserlöses, den der Beklagte teilweise mit Honoraransprüchen verrechnete, zum anderen die Rückzahlung von gezahltem Anwaltshonorar. Der Beklagte rechnet hilfsweise mit weitergehenden Anwaltshonoraransprüchen auf und verfolgt diese auch mit der Hilfswiderklage.

Die Klägerin, ihre Schwester und die gemeinsame Mutter waren in ungeteilter Erbengemeinschaft nach ihrem Vater bzw. Ehemann Eigentümer zu ½ des Grundstücks Coburger Str. 14 in Gräfenthal. Die Mutter übertrug ihr Alleineigentum an dem anderen ½-Anteil zu Lebzeiten auf die Klägerin; diese wurde nach deren Versterben Alleinerbin. Die Klägerin beauftragte im Jahre 1998 den bis zum 31.12.1999 in der Sozietät des Beklagten tätigen Rechtsanwalt H. mit der Einleitung des Teilungsversteigerungsverfahrens hinsichtlich des ½-Anteils der Erbengemeinschaft und zahlte auf die Vorschussanforderung vom 19.6.1998 am 29.6.1998 1.160 DM = 593,10 EUR. Unter dem 10.11.1999 wurden der Klägerin für die Wahrnehmung von zwei Versteigerungsterminen "gemäß Vereinbarung" 3.549,60 DM = 1.814,88 EUR in Rechnung gestellt, die diese am 26.1.2000 zahlte. Die entsprechende Gebührenvereinbarung vom 26.8.1999 wurde zu einem späteren Zeitpunkt unterzeichnet. Die Klägerin ersteigerte den ½-Anteil der Erbengemeinschaft unter Übernahme zweier nicht mehr valutierender Grundschulden über 4.000 Goldmark und 11.500 Reichsmark zum Bargebot von 32.500 DM. Der Beklagte sollte die Löschungsbewilligungen einholen, wurde insoweit tätig und stellte hierfür unter dem 27.1.2003 Rechtsanwaltshonorar von 820,92 EUR in Rechnung. Diesen Betrag behielt er von dem von ihm eingezogenen Versteigerungserlös ein. Der an die Klägerin und deren Schwester auszukehrende Versteigerungserlös betrug insgesamt 26.671,80 DM = 13.637,08 EUR und stand jedem zu ½ zu.

Im Rahmen der Korrespondenz über die Erbauseinandersetzung machte die Klägerin über ihre Rechtsanwälte verschiedene Ansprüche gegen ihre Schwester geltend, während diese sich auf Pflichtteilsansprüche berief. Die Klägerin und ihre Schwester einigten sich mit Hilfe ihrer Rechtsanwälte darauf, dass die Klägerin vom Versteigerungserlös 8.300 EUR erhielt und ihre Schwester den Restbetrag. Die Hinterlegungsstelle zahlte diese Beträge am 6.3.2003 aus. Auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 13.637,05 EUR wurden der Klägerin von dem Beklagten unter dem 27.1.2003 für die Angelegenheit "Auseinandersetzung Erbengemeinschaft" weitere 2.352,60 EUR in Rechnung gestellt. Auch dieser Betrag wurde vom Versteigerungserlös einbehalten. Der Beklagte hat diese Rechnung durch eine neue Rechnung vom 3.8.2004 über einen Betrag von 5.487,64 EUR ersetzt, die nach Abzug der Forderung von 2.352,60 EUR aus der Rechnung vom 27.1.2003 und weiterer Guthaben mit einer Forderung von noch 2.528,37 EUR schließt. Er behielt einen weiteren Betrag von 303,44 EUR vom Versteigerungserlös ein, der der Klägerin ebenfalls unter dem 27.1.2003 für die Angelegenheit "Beratung Schadensersatz bzgl. überlassener Instandhaltung" in Rechnung gestellt wurde. Eine weitere Rechnung vom 11.3.2003 verhält sich über die Kosten eines in zwei Instanzen geführten Rechtsstreits der Klägerin gegen deren Schwester. Sie schließt nach Abzug von Vorauszahlungen, E...

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