Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer Leistungsverfügung vorliegen

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Leistungsverfügung kommt nur bei einer bestehenden oder zumindest drohenden Notlage des Antragstellers in Betracht. Dieser muss so dringend auf die sofortige Erfüllung seines Anspruchs angewiesen sein oder ihm müssen so erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohen, dass ihm weder ein Zuwarten bei der Durchsetzung seines Anspruchs noch eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zuzumuten ist. Dem Interesse der antragstellenden Partei an einer Gewährung effektiven Rechtsschutzes durch Erlass einer Leistungsverfügung ist dabei das schutzwürdige Interesse der Verfügungsbeklagten gegenüberzustellen, nicht in einem mit nur eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten ausgestatteten summarischen Verfahren zu einer Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs angehalten zu werden. In die erforderliche Abwägung der beiderseitigen Belange sind ferner die Erfolgsaussichten des mit dem Verfügungsantrag zu sichernden Anspruchs in der Hauptsache einzubeziehen.

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Entscheidung vom 26.09.2007)

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

I.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung zu Recht abgelehnt.

1.

Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, dass die Berufungsbegründung vor dem Zugang des in vollständiger Form abgefassten Urteils eingereicht worden ist.

Die Anforderungen an die Berufungsbegründung sind erfüllt, wenn sie für das Berufungsgericht erkennbar werden lässt, auf welche nach § 513 ZPO zulässigen Gründe der Berufungsführer sein Änderungsbegehren, das die Berufungsanträge nach § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO festlegen, stützen will (vgl. Gummer/Heßler in Zöller, ZPO, 26. Auflage, § 520 ZPO Rn. 33). Wie der Berufungsführer in der praktischen Durchführung diesen Anforderungen genügt, insbesondere ob nur eine nach vorheriger Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils abgegebene Berufungsbegründung diesen Anforderungen gerecht wird, regelt das Gesetz nicht. Demnach kann es nicht als unzulässig angesehen werden, wenn die Berufungsbegründung vor der Zustellung des Urteils dennoch in der diesen Anforderungen gerecht werdenden Art. angefertigt werden konnte, weil der Berufungsführer auf andere Weise - etwa durch die Erläuterungen des Gerichtes in der mündlichen Verhandlung - Kenntnis von den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils hatte.

Aus § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO, wonach die Berufungsbegründungsfrist auch ohne vorherige Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung beginnt, kann vielmehr geschlossen werden, dass der Gesetzgeber selbst von der Möglichkeit einer Berufungsbegründung zu einem Zeitpunkt, in dem das in vollständiger Form abgefasste Urteil noch nicht zugestellt worden ist, ausging.

2.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, soweit er in der 2. Instanz noch zur Entscheidung steht, im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen.

Mit dem Verfügungsantrag begehrt die Antragstellerin, die Antragsgegner zu verurteilen, den Betrieb der Antragsgegnerin zu 3) zu unterlassen, soweit dieser im Zusammenhang steht mit bisher von der V.- und V. M. mbH herausgegebenen Anzeigenblättern. Damit begehrt die Antragstellerin den Erlass einer auf Befriedigung gerichteten einstweiligen Verfügung. Das Begehren der Antragstellerin erschöpft sich nicht in einer bloßen Sicherung; es ist vielmehr unmittelbar auf eine - zumindest teilweise -Erfüllung des Hauptsacheanspruchs gerichtet. Die Antragstellerin nimmt für sich in Anspruch, den Antragsgegnern die weitere Herausgabe der nach ihrer (der Antragstellerin) Auffassung noch der V. und V. M. mbH rechtlich zustehenden Titel unter der Antragsgegnerin zu 3) gerichtlich verbieten zu können. Durch die erstrebte Verbotsverfügung wird dieser reklamierte Unterlassungsanspruch nicht nur gesichert, sondern bereits endgültig und unumkehrbar erfüllt (vgl. Senat, Urt. v. 11.01.2006, VI - U (Kart) 24/05; Urt. v. 28.06.2006, VI - U (Kart) 2/06; OLG Frankfurt, MDR 2004, 1020)

a)

Eine solche, die Befriedigung zumindest zeitweise vorwegnehmende Leistungsverfügung ist nur unter ganz eingeschränkten Bedingungen zulässig.

Zwar hat der Gesetzgeber in § 938 Abs. 2 ZPO vorgesehen, dass durch einstweilige Verfügungen eine Handlung geboten oder verboten werden kann. Der historische Gesetzgeber hat hierbei allerdings stets an Maßnahmen gedacht, die sich unterhalb der Ebene des in Frage stehenden Hauptsacheanspruchs bewegen, d.h. ein Minus gegenüber dem Hauptsacheanspruch bilden. Die Einstweiligkeit i. S. d. § 938 ZPO ist grundsätzlich nur gewahrt, wenn die Maßnahme der einstweiligen Verfügung gegenüber dem Hauptsacheverfahren ein Minus bleibt und dem Gläubiger kein Urteil und die daraus folgende Zwangsvollstrekkung ersetzen kann (vgl. Drescher in Münch...

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