Leitsatz (amtlich)

Ist die Datenübermittlung an die Schufa Holding AG (hier: wegen einer nach Kündigung des Leasingvertrages bestrittenen Restforderung von 697 EUR) ohne eine umfassende Interessenabwägung erfolgt, steht dem Leasingnehmer wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Anspruch auf Widerruf und ein Schadensersatzanspruch (hier: auf Erstattung der durch die Schufa-Meldung adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten) zu.

 

Normenkette

BGB §§ 12, 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 305c Abs. 2, §§ 307, 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1; BDSG § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1, § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 27.04.2006; Aktenzeichen 3 O 19/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 27.4.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters des LG Düsseldorf abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, die der Schufa Holding AG, Hagenauer Str. 44, 65203 Wiesbaden bzw. Kormoranweg 5, 65201 Wiesbaden übermittelten Daten des Klägers wegen einer Forderung der Beklagten, die mit 697 EUR am 21.5.2005 mit der Kontonummer 200684147001 fällig gestellt, am 15.6.2005 zum Einzug an ein Inkassoinstitut übergeben und am 5.7.2005 getilgt worden ist, zu widerrufen.

Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger 68,61 EUR zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der - durch Formumwandlung aus der R. Leasing GmbH & Co. OHG hervorgegangenen - Beklagten den Widerruf von an die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherheit Holding AG (nachfolgend: Schufa) übermittelten Daten. Darüber hinaus verlangt er die anteilige Erstattung der ihm zur außergerichtlichen Durchsetzung seines Begehrens entstandenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 68,61 EUR.

Mit dem Kläger am 4.5.2006 zugestellten (Bl. 122 GA) Urt. v. 27.4.2006 (Bl. 107f GA), auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte die Restforderung aus dem Leasingvertrag zu Recht erhoben habe. Demzufolge schulde sie auch keine Erstattung der Rechtsanwaltskosten.

Hiergegen richtet sich die am 12.5.2006 eingelegte (Bl. 124 GA) und am 22.6.2006 (Bl. 127 GA) begründete Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiter verfolgt. Sie wendet sich in erster Linie gegen die Forderungsberechtigung der Beklagten. Zu Unrecht habe das LG die Restforderung für begründet erachtet. Es habe nicht nur an einer ordnungsgemäßen Abrechnung, sondern auch einer inhaltlich richtigen Abrechnung gemangelt. Zudem entbehre die zur Begründung der Forderungsberechtigung herangezogene Bestimmung unter Ziff. XIV. B der Leasingbedingungen der Wirksamkeit, da sie dem Leasingnehmer - entgegen den entsprechend anwendbaren mietrechtlichen Vorschriften - die Sachgefahr auch für den Fall eines unverschuldeten Unterganges des Leasinggutes aufbürde. Überdies handele es sich um eine Überraschungsklausel. Ungeachtet dessen sei die Übermittlung der streitigen Daten an die Schufa schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Beklagte diese ohne jede Interessenabwägung automatisch vorgenommen habe.

Die Beklagte will das Rechtsmittel zurückgewiesen wissen. Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 26.6.2006 (Bl. 141f GA), auf den insoweit verwiesen wird. Ergänzend führt sie an, dass die Haftung des Leasingnehmers bei Verlust des Leasingguts leasingtypisch sei und Ziff. XIV. B der Leasingbedingungen daher keinen Wirksamkeitsbedenken begegne. I.Ü. sei eine Rücksichtnahme auf die Interessen des Vertragspartners nur bei dessen Vertragstreue angezeigt. Hieran fehle es.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte sowohl ein Anspruch auf Widerruf der streitgegenständlichen Daten als auch auf Zahlung der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zu.

1. Dem Kläger kommt gegen die Beklagte ein Anspruch auf Widerruf der an die Schufa übermittelten Daten zu. Entsprechend dem Widerruf der Beklagten wird die Schufa die Daten zu löschen haben. Dem folgend kommt dem Annexantrag, die Beklagte zur Beauftragung der Löschung der entsprechenden Daten durch die Schufa zu verurteilen, keine eigenständige Bedeutung zu.

Dabei kann offen bleiben, ob der Anspruch aus § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Bundesdatenschutzgesetzt (nachfolgend: BDSG) abgeleitet werden kann. Verneinendenfalls wäre ein Widerrufsanspruch jedenfalls in entsprechender Anwendung der §§ 12, 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB als Anspruch auf Beseitigung einer durch eine unzulässige Datenübermittlung entstandenen Störung begründet (vgl. BGH v. 7.7.1983 - III ZR 159/82, MDR 1984, 205 = NJW 1984, 436; OLG Hamm v. 17.3.1989 - 11 W 106/88, CR 1990, 655 = NJW-RR 1989, 1011; OLG Frank...

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