Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer Indoor-Kartbahn

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Indoor-Kartbahn in einer ehemaligen Industriehalle, deren Dach durch eine Vielzahl von Stahlstützen getragen wird, muss der Betreiber wirksame Maßnahmen ergreifen, die es verhindern, dass ein Kartfahrer frontal nahezu ungebremst gegen eine mit Altreifen ummantelte Stütze prallt und dadurch schwerste Verletzungen (hier: Kompressionsbruch des ersten Lendenwirbelkörpers) erleidet.

2. Der Senat hält an seiner Rspr. fest, wonach der Kartsport als Motorsport eine gefährliche Sportart darstellt (Bestätigung von OLG Düsseldorf v. 29.11.1996 – 22 U 114/96, OLGReport Düsseldorf 1997, 62 = NJW-RR 1997, 408). Auf einer Kartbahn, auf der sich die Fahrer typischerweise einander überholen, bedrängen und auch Berührungen mit anderen Fahrern suchen, nehmen deshalb die Nutzer das dem Kartsport eigene Risiko von sich daraus ergebenden Unfällen in Kauf. Ein sich evtl. daraus ergebender Haftungsverzicht erstreckt sich aber nicht auf die Gefahr schwerster Verletzungen aufgrund der nicht erkennbaren Gefahr eines Frontalaufpralls auf eine Hallenstütze.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 31.1.2002 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Duisburg wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen erlittener Verletzungen bei einem Unfall auf der von der Beklagten betriebenen Kart-Bahn.

Die Beklagte betreibt in einer ehemaligen Industriehalle auf der Th. Str. in D. unter der Bezeichnung R.-K.-Center eine Kart-Bahn. Die gesamte Fahrbahn ist durch eine Reihe von Reifenstapeln, jeweils bestehend aus zwei übereinander liegenden und miteinander verschraubten Reifen, begrenzt. Die Reifenstapel sind zum Teil mit Flacheisen am Hallenboden befestigt und untereinander zur Fahrbahn hin mit einem ca. 30 cm hohen und ca. 15–20 mm starken Förderbandgummi versehen, so dass sich eine glatte Fahrbahnbegrenzung ähnlich einer nachgiebigen Leitplanke ergibt. Einzelne Reifenstapel in dieser Kette umschließen Doppel-T-Stahlträger, die das Hallendach tragen. Diese Reifenstapel waren zum Unfallzeitpunkt teilweise aus vier bis sechs Reifen, z.T. aber ebenso wie die übrige Streckenbegrenzung aus zwei Reifen aufgebaut.

Der Kläger hat behauptet, er habe die Kart-Bahn der Beklagten am 21.12.1999 gegen 21.00 Uhr benutzt. Als er einen anderen Kart-Fahrer habe überholen wollen, sei er von diesem abgedrängt worden und mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h in die als Streckenbegrenzung aufgebauten Reifenstapel geraten. Durch den Aufprall hätten sich die Reifen verschoben und einen Pfeiler, der das Hallendach trägt, freigegeben, gegen den der Kläger dann mit nahezu unverminderter Geschwindigkeit geprallt sei. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe die Strecke nur ungenügend gesichert, weil der Reifenstapel so hätte befestigt sein müssen, dass er durch den Aufprall nicht hätte verschoben werden können.

Bei diesem Unfall habe er sich eine Kompressionsfraktur des ersten Lendenwirbels und Prellungen am ganzen Körper zugezogen. Er sei bis zum 31.12.1999 stationär (Bl. 53 ff. G. A.) im St. J.-Hospital in D.-H. und anschließend ambulant bis Ende März 2000 behandelt worden. Er habe ein 3-Punkte-Stützkorsett tragen müssen und sei bis zum 31.3.2000 arbeitsunfähig gewesen. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, aufgrund der erlittenen erheblichen Schmerzen sei ein Schmerzensgeld von mindestens 20.000 DM angemessen.

Als selbständiger Betreiber einer Autovermietung habe er Aushilfskräfte beschäftigen und bezahlen müssen, um den Ausfall seiner Arbeitskraft zu kompensieren. Seine Lohnaufwendungen, die er als Schaden ersetzt verlangt, hat er wie folgt beziffert:

22.12.–31.12.1999 640,00 DM

3.1.–31.1.2000 2.260,00 DM

1.2.–29.2.2000 2.030,00 DM

1.3.–31.3.2000 2.520,00 DM

insgesamt 7.450,00 DM.

Die Beklagte hat behauptet, von einem Unfall des Klägers auf ihrer Bahn habe sie erstmals aus dem Schreiben vom 26.1.2000 (Bl. 21, 22 GA) erfahren, weshalb sie einen Unfall des Klägers mit Nichtwissen bestreite. Der Unfall könne sich auch nicht in der vom Kläger beschriebenen Weise ereignet haben, weil aufgrund der Verbindung der Reifenstapel miteinander – auch durch das Förderbandgummi – ausgeschlossen sei, dass ein Reifenstapel verschoben werde mit der Folge eines Freistehens einer Stütze.

Sie hat die Ansicht vertreten, die Absicherung der Bahn sei ordnungsgemäß. Eine Haftung sei bereits aus dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr ausgeschlossen, denn der Benutzer einer solchen Bahn willige in die Gefahren ein, die typischerweise mit der Benutzung einer solchen Bahn einhergehen. Darauf sei auch durch (unstreitige) deutlich sichtbare Aushänge an mehreren Stellen in der Halle hingewiesen worden („Achtung! Benutzung der Karts auf eigene Gefahr! Es wird keine Haftung übernommen!”). Zudem sei – was ebenfalls unstreitig ist – auf d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge