Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Entscheidung vom 21.10.2010)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 11. Zivilkammer (Einzelrichter) des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Ihm steht der geltend gemachte Anspruch auf Invalditätsleistung aus dem Unfallversicherungsvertrag gegen die Beklagte wegen des angeblichen Unfallereignisses vom 15.11.2006 nicht zu.

Denn es kann nicht festgestellt werden, dass der Bandscheibenvorfall, den er als Verletzungsfolge beklagt, infolge eines Unfalls im Sinne des 1.3 AUB eingetreten ist.

Aus der Schilderung des Klägers ergibt sich bereits nicht, dass das Ereignis vom 15.11.2006, das nach Auffassung des Klägers für den im April 2007 operierten Bandscheibenvorfall ursächlich war, ein Unfall im Sinne des 1.3 AUB war. Voraussetzung eines Unfalls ist zunächst ein Einwirken der Außenwelt auf den Körper des Verletzten. Eigene willensgesteuerte Bewegungen können nur dann zu einem Unfall führen, wenn sie die Verletzung zusammen mit einer äußeren Einwirkung ausgelöst haben. Nicht ausreichend ist danach, dass ausschließlich die gewollte oder unwillkürliche (ungeschickte) Eigenbewegung die Gesundheitsbeschädigung bewirkt. So sind z.B. ein Umknicken ohne weitere äußere Umstände oder eine ungeschickte Bewegung beim Tragen oder Heben von Lasten keine Unfälle (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 178, Rdnr. 4 m.w.Nachw.).

Der Kläger behauptet, den Bandscheibenvorfall habe er bei dem Versuch erlitten, einen von einem Handwagen rutschenden Karton aufzufangen, hierbei habe er das Gleichgewicht verloren und sei gestürzt. Aus dem eigenen Vortrag des Klägers ergibt sich aber nicht, dass eine Einwirkung auf die Wirbelsäule mit der - angeblichen - Folge eines Bandscheibenvorfalls erst durch den Aufprall auf den Boden ausgelöst worden ist - der Kläger behauptet insbesondere nicht, mit dem Rücken auf den Boden aufgeschlagen zu sein - oder bereits bei einer ungeschickten Bewegung im Zusammenhang mit dem Versuch, das Herunterrutschen des Kartons zu verhindern. Wenn er sich hierbei nur "verhoben" hat, weil die Last des Kartons zu schwer war oder er ihn ungeschickt umfasst hat, wäre die gewollte Eigenbewegung und kein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis Ursache des angeblich hierbei erlittenen Gesundheitsschadens. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der ins Rutschen geratene Karton unerwartet auf seinen Rücken geprallt wäre oder wenn der Kläger erst durch den Aufprall bei dem anschließenden Sturz eine Rückenverletzung erlitten hätte. Dies hat der Kläger aber nicht vorgetragen und ergibt sich auch nicht aus den von ihm vorgelegten Arztberichten. Die Schilderung des Hergangs durch den Kläger lässt vielmehr die Möglichkeit offen, dass eine von seinem Willen noch gesteuerte, wenn auch ungeschickte Eigenbewegung Ursache des nach dem Unfall empfundenen Schmerzes im Bereich der Lendenwirbelsäule (Lumboischialgie) war. Für korrespondierende äußere Verletzungen bestehen keine Anhaltspunkte.

Nach den aus Sachverständigengutachten in Unfallversicherungssachen gewonnenen Erkenntnissen des ständig mit Versicherungssachen befassten Senats ist nur ein gravierendes Trauma, das mit erheblicher äußerer Gewalteinwirkung auf die Wirbelsäule verbunden ist, geeignet, einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule zu verursachen, jedenfalls wenn an den Bandscheiben nicht zuvor bereits ganz erhebliche degenerative oder sonstige Vorschäden vorlagen. Ein solches Trauma geht aber in der Regel mit knöchernen Begleitverletzungen der Wirbelkörper oder zumindest Verletzungen der die Wirbelkörper umgebenden Strukturen, etwa der anliegenden Weichteile oder des Bänderapparats einher (vgl. auch OLG Koblenz VersR 2008, 1683-1685).

Dass der Kläger bei dem Sturz ein erhebliches Trauma erlitten hat, das geeignet wäre, einen Bandscheibenvorfall auszulösen, ergibt sich aus seinem Vortrag und den von ihm vorgelegten Arztberichten nicht. Der Bericht der H. Kliniken S. vom 5.12.2006 (GA 35, Anl. K 6) betreffend den stationären Aufenthalt des Klägers vom 15.11.2006 bis 5.12.2006 bietet keinerlei Anhalt dafür, dass der erst im April 2007 in den H. Kliniken S. diagnostizierte und operierte "NPP LWK 5/SWK 1" (Bandscheibenvorfall zwischen 5. Lendenwirbelkörper und Kreuzbein), auf das Ereignis vom 15.11.2006 zurückzuführen ist. Bei dem ersten stationären Aufenthalt des Klägers vom 15.11.2006 bis zum 05.12.2006 wurde ein MRT der Lendenwirbelsäule gefertigt, auf dem ein Bandscheibenvorfall nicht zu erkennen war. Gemäß dem Befundbericht wurde lediglich eine "minimal entrundete Bandscheibe LW K4/LW K5 und LWK 5/SWK 1" festgestellt. In dem Bericht vom 5.12.2006 (GA Bl. 35) heißt es ausdrücklich "kein NPP" (kein Bandscheibenvorfall). Es lag lediglich eine "leichte Bandscheibenprotrusion" (also eine Bandscheibe...

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