Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwertung der Lichtbilder bzw. des Inhalts eines Privatgutachtens durch gerichtlichen Sachverständigen; Erstattungsfähigkeit von vorgerichtlichen Sachverständigenkosten als Schadensersatz; Umfang des mangelbedingten Schadensersatzanspruches; fiktive Kosten für Hotelaufenthalt

 

Leitsatz (amtlich)

  • Es stellt keinen beweisrechtlichen Verfahrensfehler dar, wenn der gerichtliche Sachverständige bei seinen Feststellungen auf Lichtbilddokumentationen eines Privatgutachters zurückgreift, wenn der gerichtliche Sachverständige keine eigenen Feststellungen vor Ort von dem baulichen Zustand der Werkleistung mehr hat treffen können, nachdem der Auftraggeber durch ein Drittunternehmen Mängelbeseitigungsarbeiten hat durchführen lassen. In einer solchen Verwertung eines Privatgutachtens liegt auch kein Verstoß gegen das rechtliche Gehör, wenn der Privatgutachter seine Dokumentationen im Rahmen von Ortsterminen, zu denen der Werkunternehmer nicht geladen worden ist, erstellt hat.
  • Die Kosten für ein Gutachten über Ursache und Ausmaß der eingetretenen und noch zu erwartenden Mangelfolgeschäden sind grundsätzlich vom Bauunternehmer zu erstatten, wenn er für den eigentlichen Mangelschaden einstandspflichtig ist. Die Beauftragung muss im Einzelfall notwendig und erforderlich sein, um dem Auftraggeber über den eingetretenen Mangel ein zuverlässiges Bild zu verschaffen. Der Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten steht nicht entgegen, dass der Auftraggeber ein selbstständiges Beweisverfahren hätte einleiten können.
  • Im Rahmen des mangelbedingten Schadensersatzes hat der Besteller einen Anspruch auf Ersatz der für die Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen. Diese erstreckt sich nicht nur auf die erforderliche Maßnahmen, um die mangelhafte Leistung nachträglich in einen mangelfreien Zustand zu versetzen, sondern alles, was vorbereitend erforderlich ist, um den Mangel an der eigenen Leistung zu beheben. Hinzu kommen die Arbeiten, die notwendig werden, um nach durchgeführter Mängelbeseitigung den davor bestehenden Zustand wieder herzustellen. Dazu gehören auch Kosten für Maßnahmen, die notwendigerweise im Zuge der Mängelbeseitigung vorzunehmen sind, um den ordnungsgemäßen Zustand wieder herzustellen. All diese Kosten können vom Besteller fiktiv geltend gemacht werden. Fiktive Kosten für ein Hotel, in das der Besteller umziehen muss, um die ordnungsgemäße Mängelbeseitigung zu ermöglichen, sind allenfalls dann erstattungsfähig, wenn sie sicher anfallen (Anschluss an OLG Düsseldorf, 5. Zivilsenat, Urteil vom 30.10.2014, I-5 U 84/10, NZBau 2015, 98, 102).
 

Normenkette

BGB § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, 3, § 281 Abs. 1; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 25.08.2014; Aktenzeichen 2 O 308/12)

 

Tenor

Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das am 25.08.2014 verkündete Urteil des LG Duisburg - Az. 2 O 308/12 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A) Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

B) Die von beiden Parteien in zulässiger Weise eingelegten Berufungen haben in der Sache keinen Erfolg. Sie sind unbegründet (§ 513 S. 1 ZPO), da Rechtsfehler des angefochtenen Urteils im Sinne des § 546 ZPO zum Nachteil des jeweiligen Berufungsführers nicht dargetan sind und darüber hinaus die vom Senat gemäß § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung zugrundezulegenden Tatsachen keine vom LG abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu Gunsten eines der beiden Berufungsführer rechtfertigt.

Das LG hat im angefochtenen Urteil die Abdichtungsarbeiten der Beklagten, die diese auf der Grundlage des mit dem Kläger geschlossenen Werkvertrages im Sinne des § 631 Abs. 1 BGB an dem Balkon des im Eigentum des Klägers stehenden Reihenhauses M. Str... in D. erbracht hatte, als mangelhaft bewertet und den Kläger berechtigt gesehen, von der Beklagten einen mangelbedingten Schadensersatz neben und statt der Leistung gemäß dem §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB zu verlangen.

Hinsichtlich der Anspruchshöhe hat das LG insgesamt 6927,06 EUR zugesprochen, wobei sich dieser Betrag zusammensetzt aus:

- 2986,35 EUR:

Mängelbeseitigungskosten für die Erstellung einer mangelfreien Abdichtung gemäß Rechnung der Firma L.

- 420,07 EUR:

Kosten für das Privatgutachten M.

- 1142,40 EUR:

Kosten für das Privatgutachten R.

- 390 EUR:

Kosten für die Wiederherstellung des Natursteinbelag entsprechend Position 4 des Angebots der Beklagten;

- 988,24 EUR:

(Fiktive) Kosten aus dem Kostenvoranschlag des Malerbetriebs G. - anteilig

- 1000 EUR:

(Fiktive) Kosten für die Beseitigung von Parkettschäden entsprechend dem Angebot der Firma S. - anteilig

Die weiter gehende Klage hat das LG als unbegründet erachtet. Weder das Rechtmittel des Klägers, das auf eine zusätzliche Verurteilung der Beklagten um 6220,57 EUR gerichtet ist...

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