Leitsatz (amtlich)

1. Die Auftragnehmerin kann nach der Kündigung eines Werkvertrages Abschlagszahlungen nicht mehr verlangen, sondern muss - im Rahmen ihrer Darlegungs- und Beweislast - zur Ermittlung der vertragsbezogenen, anteiligen Vergütung die bis zur Kündigung erbrachten Werkleistungen im Einzelnen genau bezeichnen, von den kündigungsbedingt nicht (mehr) erbrachten Werkleistungen nachvollziehbar abgrenzen und sodann den Anteil der bis zur Kündigung erbrachten Werkleistungen in einem weiteren, eigenständigen Schritt auf der Grundlage der dem Werkvertrag zugrunde liegenden Kalkulation bewerten.

2. Die Auftragnehmerin muss die bis zur Kündigung bereits erbrachten Einzelleistungen eines Detailpauschalpreisvertrages zum Zwecke der Abrechnung grundsätzlich in die damit - gemäß Leistungsbeschreibung - konkret verbundenen weiteren Einzelleistungen weiter zergliedern und diese jeweils mit - aus ihrer vorzutragenden bzw. vorzulegenden Vertragskalkulation abgeleiteten und für den Auftraggeber nachvollziehbar dargestellten bzw. errechneten - Einzelpreisen "bepreisen" bzw. bewerten; pauschale Bewertungen sind regelmäßig unzulässig.

3. Insbesondere bei Bauträger- und ähnlichen Verträgen ist eine bereits im Vertrag von den Parteien (unabhängig von der insoweit grundsätzlich irrelevanten Aufteilung in Abschlagszahlungen in einem bloßen Zahlungsplan) verbindlich vorgenommene Aufteilung und Bewertung einzelner Teilleistungen auch bei der Abrechnung nach einer Kündigung des Vertrages regelmäßig zu berücksichtigen.

4. Mangels Vorlage einer Schlussrechnung durch die Auftragnehmerin können die Auftraggeber unmittelbar aus der vertraglichen Abrede (nicht aus §§ 812 ff. BGB) auf Rückzahlung der Abschlagszahlungen klagen, sofern sich aus der von ihnen erstellten, ihrem möglichen Kenntnisstand entsprechenden Abrechnung ein Rückzahlungsanspruch (d.h. eine Überzahlung) ergibt.

5. Der Wert der bis zur Kündigung erbrachten Leistungen kann im Einzelfall auch durch Abzug der Fertigstellungskosten vom vereinbarten Werklohn ermittelt werden.

6. Der Unterschied zwischen einem Privatgutachten und einem gerichtlichen Gutachten in einem selbständigen Beweisverfahren ist nicht so erheblich, dass die Parteien eines Werkvertrages grundsätzlich verpflichtet sind, ein selbständiges Beweisverfahren anzustrengen.

7. Eine Klausel in den AGB eines Werkvertrages, wonach sich die Ausführungsfrist bei Nichtbegleichung fälliger Abschlagszahlungen durch den Auftraggeber binnen einer näher bezeichneten Frist entsprechend verlängert, ist gem. § 308 Nr. 1 BGB unwirksam.

 

Verfahrensgang

LG Krefeld (Urteil vom 30.04.2014; Aktenzeichen 5 O 266/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Krefeld vom 30.4.2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Kläger machen gegen die Beklagte aus einem von ihnen außerordentlich gekündigten Vertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses auf einem von diesen bereitgestellten Grundstück in N.-L. die Erstattung von durch sie an die Beklagte geleisteten Abschlagszahlungen in anteiliger Höhe von 57.686,32 EUR nebst Zinsen gemäß folgender Berechnung geltend:

Fertigstellungskosten

92.175,23 EUR

./. ausstehender Restwerklohn vereinbarter Werklohn

254.488,91 EUR

./. Abschlagszahlungen

220.000 EUR

ausstehender Restwerklohn

34.488,91 EUR

Klageforderung ("Überzahlung")

57.686,32 EUR

Außerdem machen die Kläger gegen die Beklagte die Kosten eines Privatgutachtens des Sachverständigen Dr. B. i.H.v. 2.997,50 EUR, einen Mietschaden für den Zeitraum von 6 Monaten in Höhe einer Nettomiete von 1.000 EUR monatlich bzw. insgesamt 6.000 EUR sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 2.308,60 EUR geltend. Wegen weiterer Einzelheiten wird gem. § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat der Klage nach Hinweisen (307 GA), informatorischer Anhörung des Klägers (307 ff. GA), weiteren Hinweisen (374a ff. GA) und Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Dr. B. (374a/436 ff. GA), Verzicht der Beklagten auf die Zeugen S., H. und Z. (440 GA, nicht auch auf den Zeugen Ha.) und weiterer Beweisaufnahme durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen D. (465/490 ff. GA) nebst mündlicher Ergänzung (515/530 ff. GA) teilweise i.H.v. 52.920 EUR (57.686,32 EUR./. 4.766,32 EUR Hilfsaufrechnung) und 11.306,10 EUR (2.997,50 EUR Kosten Privatgutachten Dr. B., 6.000 EUR Mietzinsschaden, 2.308,60 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten), jeweils nebst Zinsen, entsprochen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Kläger hätten gegen die B...

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