Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 1 O 80/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 23.04.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 26.09.2018 in O. verstorbenen H. V. zum Stichtag 26.09.2018 zu erteilen durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses, welches folgende Punkte umfasst:

a. Bargeld,

b. Bankgirokonten, Sparkonten, Festgeldkonten, sonstige Konten,

c. Forderungen aller Art,

d. Wertpapiere, Aktien, auch in Depots,

e. Anteile an Immobilienfonds,

f. Immobilieneigentum,

g. Investmentanteile aller Art,

h. Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen mit gewähltem Kapitalwahlrecht,

i. Nachlassverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden),

j. alle ganz oder teilweise unentgeltlichen Zuwendungen an Dritte, die der Erblasser in der Zeit vom 26.09.2008 bis zum 26.09.2018 getätigt hat, sowie ohne zeitliche Begrenzung alle ganz oder teilweise unentgeltlichen Zuwendungen an Dritte, bei denen der Erblasser sich ein Nießbrauchs- oder Nutzungsrecht an dem zugewandten Gegenstand vorbehalten hat.

Wegen des weitergehenden Auskunftsantrags zu 1. wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Im Übrigen, d.h. wegen der Abweisung der Klageanträge zu 2., 3. und 4., wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht einen Pflichtteilsanspruch nach ihrem am 26.08.2018 verstorbenen Ehemann H. V. geltend.

Am 24.08.1998, 6 Tage vor ihrer Eheschließung, schlossen die am 06.05.1941 geborene Klägerin und der am 05.10.1938 geborene Erblasser einen notariellen Ehe- und Erbvertrag. Sie vereinbarten Gütertrennung, wobei sie nach dem Text der notariellen Urkunde u.a. darüber belehrt wurden, dass "sich die gesetzlichen Erbquoten und die Pflichtteilsquoten ändern". Der Erblasser setzte die Beklagte, seine Tochter aus erster Ehe, zu seiner Alleinerbin ein und vermachte der Klägerin ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht an allen Räumen der in seinem Haus ... straße ... in O. gelegenen Wohnung, das nicht übertragbar sein und im Fall einer Wiederheirat erlöschen sollte. Die Klägerin setzte ihre drei Kinder aus erster Ehe zu ihren Erben ein. Die Verfügungen sollten vertragsmäßige sein.

Mit Anwaltsschreiben ihrer Streithelferin vom 04.02.2019 schlug die Klägerin das Vermächtnis aus und verlangte den Pflichtteil. Sie hat im Wege der Stufenklage Auskunft über den Bestand des Nachlasses und pflichtteilsergänzungsrelevante Zuwendungen, Wertangaben zu allen angegebenen Positionen, die Einholung eines Wertgutachtens hinsichtlich des Grundstücks ... straße ... in O., eidesstattliche Versicherung und Zahlung verlangt.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Klägerin habe konkludent auf ihren Pflichtteil verzichtet.

Das Landgericht hat die Stufenklage vollständig abgewiesen, weil die Klägerin auf den Pflichtteil verzichtet habe. Der Erblasser und die Klägerin hätten durch den Ehe- und Erbvertrag eine völlige Trennung der beiden Vermögensmassen auch für den Todesfall herbeiführen und erreichen wollen, dass ihre Vermögen möglichst ungeschmälert den eigenen Kindern zufielen. Die Vermächtnisanordnung zugunsten der Klägerin spreche dafür, dass der Erblasser und die Klägerin weitere gesetzliche Korrekturen hätten ausschließen wollen.

Die Klägerin und ihre Streithelferin treten dem entgegen. Einem stillschweigenden Pflichtteilsverzicht stehe das Formerfordernis des § 2348 BGB entgegen. Aus der notariellen Urkunde ergäben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Verzichtserklärung, die Klägerin habe auch keinen Verzichtswillen gehabt.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Auskunft über den Bestand des Nachlasses des am 26.09.2018 in O. verstorbenen H. V. zum Stichtag 26.09.2018 zu erteilen durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses, welches folgende Punkte umfasst:

a. Bargeld

b. Bankgirokonten, Sparkonten, Festgeldkonten, sonstige Konten

c. Forderungen aller Art

d. Wertpapiere, Aktien, auch in Depots

e. Anteile an Immobilienfonds

f. Immobilieneigentum

g. Investmentanteile aller Art

h. Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen mit gewähltem Kapitalwahlrecht

i. Nachlassverbindlichkeiten (Erblasser- und Erbfallschulden)

j. alle pflichtteilsergänzungsrelevanten Zuwendungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat - ohne zeitliche Begrenzung auch über einen 10-Jahres-Zeitraum hinweg, sowie den Wert der Immobilie ... straße ... in O. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu ermitteln;

im Übrigen (...

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