Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 3 O 217/18)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 14.06.2019 - 3 0 217/18 - teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, den am 03.05.2018 gelöschten Videobeitrag (Video wie auf der Plattform A... unter B... aufrufbar ohne Vortext) des Klägers wieder freizuschalten:

"Mal etwas zum lachen und unsere Probleme zu Lösen ... Wir brauchen mehr Affen".

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 62 % und die Beklagte zu 38 % zu tragen.

Dieses Urteil und das erstinstanzliche Urteil, soweit die Berufung zurückgewiesen worden ist, sind vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger verfolgt mit der Berufung verschiedene Ansprüche weiter, die sich auf eine am 03.05.2018 vorgenommene vorübergehende Sperrung seines Profils auf C... beziehen. Der Kläger hatte ein - bei A... seit Jahren veröffentlichtes -Video gepostet, das nach den Feststellungen des Landgerichts "eine Gruppe von Soldaten oder Rebellen in Afrika in einem Feldlager zeigt, von denen einer aus Spaß einem Schimpansen ein Sturmgewehr in die Hand drückt. Dieses ist geladen und entsichert. Der Affe beginnt daraufhin - die Männer nachahmend - um sich zu schießen." Die bewaffneten Rebellen suchen das Weite und bringen sich in Sicherheit. Der Affe posiert anschließend in dem Camp mit dem Sturmgewehr über dem Kopf in Siegerpose. Zu dem Video gab der Kläger folgenden Kommentar ab:

"Mal etwas zum Lachen und unsere Probleme zu lösen ... Wir brauchen mehr Affen."

Während der Sperre durch die Beklagte konnte der Kläger auf seinen Account zugreifen, aber nichts posten, nichts kommentieren und den Messenger nicht nutzen. Er befand sich im sog. "Read only-Modus".

Das Landgericht, auf dessen Feststellung gem. § 540 Abs. 1 ZPO auch wegen der konkreten Anträge Bezug genommen wird, hat die Klage insgesamt für zulässig, aber nicht begründet gehalten. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Zwischen den Parteien bestehe ein Vertrag sui generis, auf den deutsches Recht Anwendung finde. Nach den in den Nutzungsbedingungen enthaltenen Gemeinschaftsstandards sei die Beklagte berechtigt, einzelne Beiträge zu löschen und Profile, deren Inhalte gegen die aufgestellten Richtlinien verstoßen, zu sperren. Dies gelte insbesondere für sog. "Hassbotschaften", d.h. Inhalte, die Personen aufgrund ihrer Rasse, Ethnizität, nationale Herkunft usw. direkt angreifen.

Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem Post des Klägers um eine solche Hassbotschaft gehandelt habe. Aus dem Kommentar des Klägers sei zu entnehmen, dass er Gewalt gegen dunkelhäutige Menschen gutheiße und sogar dazu auf- rufe, indem er meine, dass dadurch Probleme gelöst werden. Ihm könne nicht darin gefolgt werden, dass es sich um einen Witz handele. Selbst wenn er meine, man könne nicht ernsthaft glauben, dass er die Bewaffnung von Schimpansen wolle, so würden die Schimpansen nur seine wahre Auffassung verschleiern, nämlich, dass er Gewalt gegen dunkelhäutige Menschen befürworte, weil er darin die Lösung unserer Probleme, gemeint sei "wohl die Flüchtlingsproblematik", sehe. Der Beitrag des Klägers überschreite die Grenzen der zulässigen Meinungsäußerung, weil er eine direkte Diffamierung aller farbigen Menschen darstelle, indem er sie als "Problem" darstelle, das mit Gewalt beseitigt werden müsse. Die Meinungsfreiheit des Klägers sei angesichts der nur zeitlich begrenzten Sperrung trotz der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten nicht unangemessen eingeschränkt, denn es sei ihm nicht verwehrt, seine Meinung in angemessener Form zu äußern.

Die rechtlichen Grundlagen zur Löschung des Posts des Klägers stellten allgemeine Geschäftsbedingungen dar und seien nicht nach § 305 ff. BGB unwirksam. Sie seien wirk- sam einbezogen worden. In den "Gemeinschaftsstandards" sei unter Ziffer 12 klar aus- geführt, welche Inhalte untersagt seien. Auch für einen juristischen Laien sei eindeutig zu erkennen, was er dürfe und was er nicht dürfe. Gerade in Bezug auf die "Hassrede" sei für den Nutzer deutlich erkennbar, was noch erlaubt sei und was sanktioniert werde. Die Bestimmung enthalte auch keine unangemessene Benachteiligung für die Nutzer des sozialen Netzwerks. Auch die Meinungsfreiheit führe im Rahmen einer Abwägung der Inter-essen beider Vertragspartner nicht zur Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung des Klägers. Da die Beklagte zur Sperrung berechtigt gewesen sei, habe der Kläger auch keinen Anspruch darauf, dass der gelöschte Beitrag wieder freigeschaltet werde, keinen Anspruch auf Unterlassung einer erneuten Sperrung des gelöschten Beitrages wie auch keinen Anspruch auf Schadensersatz sowie auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Der Kläger vertritt die Auffassung, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, bei seinem Beitrag seien die G...

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