Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässige Profilsperrung wegen Hassrede auf Internetplattform

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die abstrakte Rechtsfrage der Zulässigkeit der Sperrung enes Profils auf einem sozialen Netzwerk kann nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. (Rn. 28 - 29)

2. Der Kommentar "Täglich Mord, Vergewaltigung und Totschlag von Merkills Fachkräften" würdigt sämtliche Zuwanderer und Asylbewerber herab und setzt sie dem Verdacht schwerer Gewaltverbrechen aus; dies stellt einen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen der betroffenen Inetrnetplattform dar (Verbot der Hassrede). (Rn. 30 - 32)

3. Nach Abwägung der berechtigten Interessen ist es nicht zu beanstanden, dass das Verbot der "Hassrede" in den Gemeinschaftsstandards eines Plattformbetreibers auch Meinungsäußerungen betrifft, die unterhalb der Schwelle der Schmähkritik bleiben; die Löschung eines Kommentars hindert den Nutzer weder eine Meinung zu haben, noch diese zu äußern. Durch den lattformbetreiber wird lediglich die Veröffentlichung auf ihrer Internetplattform abgelehnt. (Rn. 40)

 

Normenkette

BGB § 307; DSGVO Art. 4 Abs. 2, Art. 82 Abs. 2 S. 1; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; ZPO § 522 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Coburg (Urteil vom 31.07.2019; Aktenzeichen 24 O 422/18)

 

Nachgehend

OLG Bamberg (Beschluss vom 16.03.2020; Aktenzeichen 8 U 246/19)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 31.07.2019, Az. 24 O 422/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Der Senat beabsichtigt weiter, dem Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 21.500 Euro festzusetzen.

3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis spätestens 12.03.2020.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Entfernung eines auf der Internetplattform der Beklagten eingestellten Beitrags des Klägers.

Die Beklagte ist ein Unternehmen aus dem Bereich der "Sozialen Netzwerke". Die Beklagte stellt "Profile" und weitere Internetangebote zur Verfügung, auf denen sich Nutzer kommunikativ austauschen können. Der Kläger nutzt seit mehreren Jahren ein privates Nutzerkonto sowie das Internetangebot der Beklagten (www.A.com).

Die Nutzung des Internetangebots der Beklagten wird in den Nutzungsbedingungen und den Gemeinschaftsstandards der Beklagten geregelt. Am 19.04.2018 wurden die Nutzungsbedingungen und die Gemeinschaftsstandards aktualisiert. Hierüber wurden die Nutzer per E-Mail sowie durch ein so genanntes "Popup-Fenster" informiert. Die weitere Nutzung der Angebote der Beklagten war nur nach Erteilung einer Zustimmung zu den vorgenommenen Änderungen der Nutzungsbedingungen und der Gemeinschaftsstandards möglich.

In den Nutzungsbedingungen der Beklagten in der Fassung vom 19.04.2018 (Anlage K1) findet sich unter Ziffer 3 "Deine Verpflichtungen gegenüber A. und unserer Gemeinschaft" unter dem Unterpunkt 2. "Was du auf A. teilen und tun kannst" folgender Inhalt: "Wir möchten, dass Menschen A. nutzen, um sich auszudrücken und Inhalte zu teilen, die ihnen wichtig sind. Dies darf jedoch nicht auf Kosten der Sicherheit und des Wohlergehens anderer oder der Integrität unserer Gemeinschaft erfolgen. Du stimmst deshalb zu, dich nicht an den nachfolgend beschriebenen Verhaltensweisen zu beteiligen (oder andere dabei zu fördern oder zu unterstützen):

1. Du darfst unsere Produkte nicht nutzen, um etwas zu tun oder zu teilen, auf das Folgendes zutrifft:

  • Es verstößt gegen diese Nutzungsbedingungen, unsere Gemeinschaftsstandards und sonstige Bedingungen und Richtlinien, die für deine Nutzung von A. gelten.
  • Es ist rechtswidrig, irreführend, diskriminierend oder betrügerisch.
  • Es verletzt bzw. verstößt gegen die Rechte einer anderen Person.

2. [...]

3. [...] Wir können Inhalte entfernen, die du unter Verstoß gegen diese Bestimmungen geteilt hast, sowie gegebenenfalls aus den nachfolgend beschriebenen Gründen Maßnahmen bezüglich deines Kontos ergreifen. Wir können außerdem dein Konto deaktivieren, wenn du wiederholt die geistigen Eigentumsrechte anderer Personen verletzt.

Soweit möglich werden wir dich davon in Kenntnis setzen, wenn wir deine Inhalte wegen eines Verstoßes gegen unsere Gemeinschaftsstandards entfernen. Gegebenenfalls kann es uns jedoch nicht in allen Fällen möglich sein, darauf hinzuweisen, beispielsweise wenn uns dies rechtlich untersagt ist oder wenn dies unserer Gemeinschaft oder der Integrität unserer Produkte schaden könnte."

Unter Ziffer 1. "Unsere Dienste" findet sich nachfolgende Regelung:

"Wir bekämpfen schädliches Verhalten und schützen und unterstützen unser...

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