Leitsatz (amtlich)

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Öffentliche Auftragsvergabe die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 72 Abs. 1 Buchst. c) der Richtlinie 2014/24/EU dahingehend auszulegen, dass in seinen Anwendungsbereich auch solche öffentlichen Aufträge fallen, die zuvor außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2014/24/EU an eine Inhouse-Einrichtung vergeben worden sind, jedoch die Voraussetzungen der Inhouse-Vergabe im Zeitpunkt der Vertragsänderung nicht mehr vorliegen?

 

Normenkette

EURL 24/2014 Art. 72 Abs. 1 Buchst. c

 

Verfahrensgang

BKartA (Beschluss vom 15.06.2022; Aktenzeichen VK 2 - 54/22)

 

Tenor

Das Beschwerdeverfahren wird zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union ausgesetzt.

Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Öffentliche Auftragsvergabe die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 72 Abs. 1 Buchst, c) der Richtlinie 2014/24/EU dahingehend auszulegen, dass in seinen Anwendungsbereich auch solche öffentlichen Aufträge fallen, die zuvor außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2014/24/EU an eine Inhouse-Einrichtung vergeben worden sind, jedoch die Voraussetzungen der Inhouse-Vergabe im Zeitpunkt der Vertragsänderung nicht mehr vorliegen?

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin ist eine Infrastrukturgesellschaft privaten Rechts, die im unveräußerlichen Eigentum der Bundesrepublik Deutschland steht. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat ihr mit Wirkung zum 1. Januar 2021 die Planung, den Bau, den Betrieb, die Erhaltung, die Finanzierung und die vermögensmäßige Verwaltung der Bundesautobahnen übertragen. Die für die Erbringung ihrer Aufgaben notwendigen Finanzmittel werden ihr von der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung gestellt.

Teil des Autobahnnetzes sind über 400 bewirtschaftete Rastanlagen, an denen Nebenbetriebe in Gestalt von Tankstellen und Raststätten unterhalten werden. Betreiberin der Nebenbetriebe war ursprünglich die 1951 von der Bundesrepublik Deutschland gegründete Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen mbH (GfN). Diese wurde 1994 im Vorgriff auf eine beabsichtigte Privatisierung in die T. & R. AG umfirmiert. An der Eigentümerstruktur änderte sich hierdurch zunächst nichts, einzige Aktionärin war die Bundesrepublik Deutschland. Noch im selben Jahr erwarb die T. & R. AG die O. A.gesellschaft mbH.

In den Jahren 1996 bis 1998 schloss die Bundesrepublik Deutschland ohne vorangegangene Ausschreibung mit der seinerzeit noch bundeseigenen T. & R. AG circa 280 bis heute gültige Konzessionsverträge über den Betrieb von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen auf der Grundlage eines neuen Musterkonzessionsvertrags. Dieser gibt dem Konzessionsnehmer das Recht, einen den Belangen der Verkehrsteilnehmer der Bundesautobahn dienenden Nebenbetrieb auf einem definierten Betriebsgrundstück zu bauen und zu betreiben. Im Gegenzug hat er eine umsatzabhängige Konzessionsabgabe zu zahlen. Teil der Konzessionsverträge ist ein Betriebskonzept, das eine festgelegten Anzahl von Zapfsäulen und Abfertigungsplätzen sowie eine Raststätte und öffentliche Toiletten vorsieht. Der Nebenbetrieb ist täglich 24 Stunden offen zu halten. Die Konzessionsverträge haben eine Laufzeit von bis zu 40 Jahren. Der Musterkonzessionsvertrag ist im Amtlichen Teil des Verkehrsblatts, dem Amtsblatt des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, von 1997 unter Nr. 226, S. 825 ff, veröffentlicht worden.

Beginnend im Jahr 1998 wurde die T. & R. AG über das Bankhaus Sal. O. in Köln im Rahmen eines Investorenauswahlverfahrens im Wege Privatplatzierung privatisiert. Das Investorenauswahlverfahren, an dem sich etwa 50 Interessenten aus dem In- und Ausland beteiligt hatten, führte schließlich zu einer Vereinbarung mit einem Konsortium aus LSG Lufthansa Service Holding AG, Allianz Capital Partners GmbH und drei Investment Fondsgesellschaften. Die dem Konsortium angehörenden Unternehmen meldeten die geplante Übernahme bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an, die am 7. Dezember 1998 nach Art. 6 Abs. 1 Buchst, b der Fusionskontrollverordnung 4064/89/ EWG festgestellt hat, dass hiergegen keine Bedenken bestehen (Fall Nr. IV/M.1361). Durch Umfirmierungen sind aus der T. & R. AG die Beigeladenen als die nunmehrigen Konzessionsinhaberinnen hervorgegangen.

Nach der Privatisierung erfolgten in den Jahren 1999 bis 2019 noch weitere circa 80 Konzessionsvergaben an die Beigeladenen, von denen nach ihrem eigenen Vortrag 19 im Rahmen einer Ausschreibung an sie vergeben worden sind. Die Beigeladenen sind damit Bestandskonzessionäre von etwa 90 Prozent aller Nebenbetriebe.

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