Entscheidungsstichwort (Thema)

Protokollberichtigung, Zulässigkeit der Beschwerde, Beweisgebühr bei nicht förmlicher Zeugenanhörung;

 

Normenkette

ZPO §§ 159, 160 Abs. 2, § Abs. 4 S. 2, § 164; BRAGO § 31 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 6 O 375/00)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Beklagten wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Mönchengladbach – Einzelrichter – vom 18.9. 2001 aufgehoben.

Der Einzelrichter wird angewiesen, den Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten auf Berichtigung des Protokolls der Sitzung vom 31.5.2001 nach Maßgabe der nachstehenden Gründe neu zu bescheiden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Klägerin zur Last. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Beschwerdewert: 1.845,00 DM

 

Tatbestand

Die Parteien haben im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG Mönchengladbach nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Anwesenden einen Vergleich geschlossen. Zu diesem Termin hatte der Einzelrichter die vorbereitende Ladung des Zeugen M. angeordnet.

Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hatte Festsetzung seiner Kosten gem. § 19 BRAGO beantragt und u.a eine Beweisgebühr in Rechnung gestellt. Zur Begründung hatte er geltend gemacht. der Zeuge sei im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage vernommen worden. Er hatte gebeten, hierzu eine richterliche Stellungnahme einzuholen bzw. das Sitzungsprotokoll zu ergänzen und aufzunehmen, dass der Zeuge … als Zeuge vernommen worden sei.

Auf entsprechende Anfrage des Rechtspflegers teilte der Einzelrichter mit, eine Zeugenvernehmung habe nicht stattgefunden.

Daraufhin beantragte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten, das Sitzungsprotokoll dahin zu berichtigen, dass der Zeuge … eingehend zum streitgegenständlichen Sachverhalt angehört und vom Gericht und den Parteivertretern befragt wurde.

Hierauf vermerkte der Einzelrichter, die Ausführungen seien zutreffend, eine förmliche Zeugeneinvernahme habe jedoch nicht stattgefunden. Für eine Protokollberichtigung bestehe keine Veranlassung.

Dies nahm der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zum Anlass eine rechtsmittelfähige Entscheidung zu erbitten, worauf der Einzelrichter mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Berichtigung des Sitzungsprotokolls zurückgewiesen hat.

Der Beschwerde hat er nicht abgeholfen. Es stehe außer Streit, dass der Zeuge in der mündlichen Verhandlung eingehend angehört und befragt worden sei, jedoch nicht im Rahmen einer förmlichen Zeugeneinvernahme. Die Ansicht des Gerichts sei somit hinreichend dokumentiert, ein weitergehendes Interesse an einer Berichtigung des Protokolls diesbezüglich nicht erkennbar.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

 

Entscheidungsgründe

Grundsätzlich ist allerdings eine Beschwerde gegen eine Berichtigung eines Protokolls oder deren Ablehnung unstatthaft, weil das Beschwerdegericht den richtigen Protokollinhalt nicht bestimmen kann, da es an der Sitzung nicht teilgenommen hat (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 164 Rz. 15, 16 m.w.N.). Die Verantwortlichkeit für den richtigen Protokollinhalt ist ausschließlich den in §§ 163, 164 ZPO bestimmten Teilnehmern der maßgebenden Sitzung übertragen (Peters in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 164 Rz. 11).

Ausnahmsweise ist aber eine Beschwerde statthaft, wenn die beantragte Berichtigung als unzulässig abgelehnt wird; denn diese Beschwerde zielt nicht auf den Inhalt des Protokolls (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 164, Rz. 18; Peters in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 164 Rz. 12). So liegen die Dinge hier. Der Einzelrichter hat die Berichtigung des Protokolls dahin, dass der Zeuge angehört worden ist, nicht aus inhaltlich-sachlichen Gründen, sondern nur deshalb abgelehnt, weil die Ansicht des Gerichts hinreichend dokumentiert und ein weitergehendes Interesse an einer Berichtigung nicht erkennbar sei. Er verkennt, dass die Berichtigung des Protokolls nicht im Ermessen des Gerichts steht, sondern eine Pflicht zur Berichtigung besteht, wenn das Protokoll nachweislich unrichtig ist. Es muss auch dann berichtigt werden, wenn die Auswirkung der Berichtigung derzeit unerheblich oder nicht überschaubar ist (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 164, Rz. 4). Die Beschwerde ist auch begründet. Eine Protokollberichtigung findet nicht nur dann statt, wenn das Protokoll unrichtig, sondern auch dann, wenn es unvollständig ist (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 164, Rz. 3; Peters in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 164 Rz. 1). Das ist hier der Fall, weil das Protokoll nicht die Angabe enthält, dass der Zeuge B. – wie auch der zur Berichtigung zuständige Einzelrichter bestätigt hat, allerdings ohne hierfür die Form der Berichtigung zu wählen – im Termin angehört worden ist. Aus dem bloßen Hinweis im Protokoll, die Sach- und Rechtslage sei mit den Anwesenden erörtert worden, ergibt sich dies nicht. Da der Einzelrichter selbst also in der Sache das Berichtigungsbegehren als zutreffend angesehen hat, wäre er gehalten gewesen, das Protokoll antragsgemäß zu ber...

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