OLG Düsseldorf Beschluss vom 29.08.2006 - II-10 WF 12/06

Leitsatz (amtlich)

Die Aufforderung nach § 128 Abs. 2 Satz 1 BRAGO (§ 55 Abs. 6 Satz 1 RVG) muss, da sie eine Frist in Lauf setzt, mit dem vollen Namen des Urkundsbeamten unterzeichnet sein. Eine bloße Abkürzung (Paraphe) genügt nicht mit der Folge, dass die Antragsfrist nicht in Lauf gesetzt wird.

Normenkette

BRAGO § 128 Abs. 2 S. 2; RVG § 55 Abs. 6 S. 2

Verfahrensgang

AG Grevenbroich (Beschluss vom 22.05.2006; Aktenzeichen 8 F 109/02)

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 26.5.2006 wird der Beschluss des AG Grevenbroich - FamG - vom 22.5.2006 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Antrag des Antragstellers auf Festsetzung einer Vergütung für das Verfahren der einstweiligen Anordnung vom 12.1.2006 wird zurückgewiesen.

Die dem Antragsteller aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für das Hauptsacheverfahren wird festgesetzt auf 362,50 EUR.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I. Die am 27.5.2006 eingegangene Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Grevenbroich - FamG - vom 22.5.2006 (Bl. 18 PKH-Heft) ist gem. §§ 61 Abs. 1 Satz 2, 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

1. Die Beschwerde ist unbegründet, soweit der Antrag auf Festsetzung einer Vergütung für das Verfahren der einstweiligen Anordnung zurückgewiesen worden ist. Für dieses Verfahren fehlt ein Prozesskostenhilfe bewilligender Beschluss. Mit Beschluss des AG vom 12.3.2003 ist der Klägerin lediglich in der Hauptsache Prozesskostenhilfe bewilligt und der Antragsteller beigeordnet worden (Bl. 2 PKH-Heft). Für die hier fragliche einstweilige Anordnung nach §§ 644, 621 Abs. 1 Nr. 4, 5 ZPO hätte Prozesskostenhilfe besonders beantragt und bewilligt werden müssen (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rz. 48, 5, m.w.N.).

2. Soweit die Beschwerde sich gegen die Abweisung des Antrags auf Festsetzung einer Vergütung für das Hauptverfahren richtet, hat sie Erfolg. Diesbezüglich hat das AG die als Erinnerung nach §§ 61 Abs. 1 Satz 2, 56 Abs. 1 Satz 1 RVG auszulegende "Beschwerde" des Antragstellers vom 5.4.2006 (Bl. 15 PKH-Heft) zu Unrecht zurückgewiesen.

Der Klägerin des Unterhaltsverfahrens ist mit Beschluss des AG vom 12.3.2003 in der Hauptsache Prozesskostenhilfe bewilligt und der Antragsteller beigeordnet worden. Daher ist auf das Verfahren zur Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung gem. § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG die BRAGO anzuwenden. Die Rechtspflegerin hat den Antragsteller mit Verfügung vom 5.12.2005 - dem Antragsteller zugestellt am 7.12.2005 - aufgefordert, seine Ansprüche gegen die Landeskasse auf Festsetzung der Vergütung binnen eines Monats anzumelden und auf die Folgen des ungenutzten Fristablaufs gem. § 128 Abs. 2 BRAGO hingewiesen (Bl. 3 PKH-Heft). Der Antrag auf Vergütungsfestsetzungg ing jedoch erst am 24.1.2006 (Bl. 5f GA) bei Gericht ein.

Die Nichteinhaltung der gesetzten Monatsfrist hat im vorliegenden Fall nicht gem. § 128 Abs. 2 Satz 2 BRAGO zum Erlöschen der Ansprüche des Antragstellers geführt. Die Aufforderung der Rechtspflegerin vom 5.12.2005 hat die Antragsfrist nicht in Lauf gesetzt. Die Frist wird erst durch die förmliche Zustellung einer beglaubigten Abschrift der ordnungsgemäß unterzeichneten Verfügung des Urkundsbeamten/Rechtspflegers in Lauf gesetzt. Erforderlich ist mithin, dass die Aufforderung mit dem vollen Namen des Urkundsbeamten unterzeichnet ist; eine bloße Abkürzung (Paraphe) genügt nicht. (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.2.1989 - 10 WF 2/89, MDR 1989, 556; OLG Bamberg JurBüro 1993, 89; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., § 55 RVG Rz. 26; für richterliche Verfügungen, die eine Frist in Lauf setzen: BGH v. 17.1.1980 - VII ZR 42/78, MDR 1980, 572; v. 5.3.1990 - II ZR 109/89, MDR 1990, 1095). Im vorliegenden Fall ist die Verfügung vom 5.12.2005 im Original nicht unterschrieben, sondern lediglich paraphiert. Sie konnte mithin die Frist nach § 128 Abs. 2 ZPO nicht in Lauf setzen. Dass die dem Antragsteller zugestellte Abschrift der Verfügung den Namen der Rechtspflegerin vollständig wiedergibt, genügt nicht. Die Wiedergabe des Namens in der Abschrift ersetzt nicht die nötige Unterschrift im Original.

Die mit Antrag vom 12.1.2006 zur Festsetzung beantragte Vergütung ist auf Grundlage der vom AG festgesetzten Streitwerte zutreffend berechnet und in voller Höhe gegen die Staatskasse festzusetzen.

II. Der Kostenausspruch folgt aus § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.

Fundstellen

JurBüro 2007, 42

ZAP 2007, 454

AGS 2007, 96

RENOpraxis 2007, 125

RVGreport 2007, 30

OLGR-Mitte 2007, 293