Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Aufteilung des Unternehmenswertes auf Vorzugs- und Stammaktien ist die unterschiedliche Ausstattung der Aktien zu berücksichtigen. Die in der Satzung enthaltene Regelung zur Gewinnverwendung ist zu beachten. Die Börsenkursrelation zwischen Vorzugs- und Stammaktien kann als Anhaltspunkt für die Aufteilung des Unternehmenswertes dienen.

2. Der Börsenwert eines Unternehmens bildet im Regelfall die Untergrenze des in Spruchverfahren anzusetzenden Unternehmenswertes; er ist im Übrigen nicht Maßstab für den Unternehmenswert. Liegt der Ertragswert des Unternehmens über den Börsenwert, so ist auf den Ertragswert abzustellen.

3. Um die künftige Unternehmensentwicklung für die Berechnung des Unternehmenswertes abzuschätzen, kann es sinnvoll sein, ein optimistisches und ein pessimistisches Szenario zu ermitteln, entsprechend der geschätzten Eintrittswahrscheinlichkeit zu gewichten und dann einen Mittelwert zu bilden.

4. Dem Vertreter der außenstehenden Aktionäre steht auch im Beschwerdeverfahren in Spruchverfahren ein eigenes Beschwerderecht zu.

 

Normenkette

AktG §§ 304-305, 53a; SpruchG § 12

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Beschluss vom 13.12.2006; Aktenzeichen 20 AktE 4/94)

 

Tenor

Die sofortigen Beschwerden und Anschlussbeschwerden gegen den Beschluss der 6. Kammer für Handelssachen des LG Dortmund vom 13.12.2006 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im Beschwerdeverfahren sowie die Vergütung und Auslagen der gemeinsamen Vertreter der außenstehenden Aktionäre des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegnerinnen.

Der Geschäftswert wird für die Beschwerdeinstanz auf 11.738.626 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Antragsgegnerin zu 1. schloss am 16.1.1989 mit der Antragsgegnerin zu 2., die damals noch unter "P" firmierte, mit Wirkung zum 1.4.1989 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Die Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1. stimmten dem Vertrag auf der Hauptversammlung am 7.3.1989 zu. Der Unternehmensvertrag wurde an diesem Tag auch in das Handelsregister des AG X eingetragen.

Der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag war auf unbestimmte Zeit geschlossen worden und sah eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren vor. Den außenstehenden Aktionären der Antragsgegnerin zu 1. wurde je Stammaktie (Nennwert DM) ein Ausgleich gem. § 304 AktG i.H.v. DM (brutto DM) und je Vorzugsaktie von DM (brutto DM) zugesagt. Die Abfindung gem. § 305 AktG wurde auf DM je Stammaktie und DM je Vorzugsaktie festgesetzt. Grundlage des Angebots an die Aktionäre war ein sehr knappes, 15-seitiges, gemeinsames Gutachten der C und der T vom 20.12.1988. Die Gutachter hatten geringfügig geringere Werte berechnet (...).

Die Antragsgegnerin zu 1. geht auf die Bergwerksgesellschaft D zurück, die im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung des X von in- und ausländischen Aktionären gegründet worden war und Bergbau betrieben hatte. Bereits damals erwarb das Bergbauunternehmen umfangreichen Grundbesitz, um für die Bergleute eine lebenswerte Infrastruktur zu schaffen und so die Arbeitskräfte zu halten. stellte das Unternehmen die Bergbautätigkeit ein, änderte den Gesellschaftszweck und wurde in eine Vermögensverwaltungsgesellschaft ("...") umgewandelt.

Gegenstand des Unternehmens der Antragsgegnerin zu 1. ist nach § 2 der Satzung:

1. der Erwerb, die Verwaltung und Verwertung von Beteiligungen an anderen Unternehmen, insbesondere solchen der Glasindustrie,

2. der Erwerb, die Verwaltung und die Verwertung von Grundeigentum sowie von sonstigem Vermögen,

3. die Abwicklung von Aufgaben aus der früheren Bergbautätigkeit.

Das Grundkapital der Antragsgegnerin zu 1. betrug ...

Je Aktie (DM-Nennbetrag) wird - unabhängig von der Aktiengattung - eine Stimme gewährt (§ 21 der Satzung). Gemäß § 4 erhalten Vorzugsaktien eine Vorzugsdividende von 1,5 % des Nennbetrages. Für Jahre, für welche ein ausreichender Bilanzgewinn nicht verteilt wird, wird die rückständige Dividende in den folgenden Jahren vorab gewährt. Der Bilanzgewinn wird gem. § 25 der Satzung wie folgt ausgeschüttet:

1. "Zunächst sind gem. § 4 der Satzung etwaige Rückstände von Gewinnanteilen aus Vorjahren auf die Vorzugsaktien nachzuzahlen, und zwar auf den Gewinnanteilsschein des Jahres, für das eine Ausschüttung beschlossen wird;

2. von dem verbleibenden Bilanzgewinn sind auf die Vorzugsaktien 1,5 % ihres Nennbetrages zu verteilen;

3. sodann entfallen auf die Stammaktien bis zu 1,5 % ihres Nennbetrages;

4. ferner erhält der Aufsichtsrat die ihm nach § 16 der Satzung zustehende Vergütung;

5. der Rest wird, wenn die Hauptversammlung keine andere Verwendung bestimmt, als Gewinnanteil an die Aktionäre in der Weise verteilt, dass die Vorzugsaktien 1/3 und die Stammaktien 2/3 erhalten."

Da das Grundkapital zu 80 % aus Stammaktien und zu 20 % aus Vorzugsaktien besteht, der Gewinn nach § 25 Nr. 5 der Satzung zu 1/3 auf die Vorzugsaktien und zu 2/3 auf die Stammaktien aufzuteilen ist, entfällt damit nach § 25 Nr. 5 der Satzung a...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge